Bergisch Gladbach – Gegen einen 39-jährigen Mann aus Bergisch Gladbach ist Strafanzeige erstattet worden, weil er Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Samstagabend vor dem Bergischen Löwen beleidigt haben soll. Das teilte die Kreispolizei am Montagmittag auf Nachfrage mit. Wie berichtet war der Minister zur Unterstützung des Gladbacher CDU-Bürgermeisterkandidaten Christian Buchen nach Gladbach gekommen und dort neben seinen Parteifreunden auch von einer aufgebrachten Menge von Demonstranten empfangen worden, die ihn auspfiffen und „Hau ab“ skandierten. Den wenigen inhaltlichen Äußerungen zufolge wendeten sie sich gegen die Corona-Schutzmaßnahmen der Bundesregierung.
„Lieber Herr Spahn, ich bin so sauer. Ich habe mir extra ein Plakat geschrieben!“, stand auf einem Pappbogen, den ein junger Mann in Händen hielt. Was der Grund für seine Wut war? Auf die Frage eines Journalisten schreit der Mann nur.
Die Polizei rechnete die Demonstranten ersten Einschätzungen vor Ort zufolge radikalen Gegnern der Corona-Schutzmaßnahmen zu, denen es vor allem um Provokation ging – und um deren Dokumentation. Darauf deuten auch die zahlreichen Demonstranten hin, die auf Fotos zu sehen sind, wie sie die Szenerie mit ihren Handys filmen. Nach Spahns Stippvisite in Gladbach tauchten mehrere Videos auf Plattformen im Internet auf und führten vor allem zu Hasskommentaren gegen Spahn. „Eigentlich bräuchte der mal ganz dringend was in die Fresse“ und „arroganter Lackaffe“ sind da noch die harmloseren Formulierungen.
An viele Orte gefolgt
Wie aus Sicherheitskreisen vor Ort zu erfahren war, war ein erheblicher Teil der Menschen dem Minister an diesem Tag bereits zu anderen Auftritten im Aachener Raum, im Rhein-Erft-Kreis sowie in Köln gefolgt. Nach offizieller Schätzung der Polizei handelte es sich bei den in Gladbach Demonstrierenden um gut 50 Personen, Auswertungen von Bildmaterial dieser Zeitung ergaben eine – ebenfalls überschaubarere – Gruppe von knapp 90 Erwachsenen und Kindern, die vor dem Bergischen Löwen vor allem durch lautes Schreien auffielen. Durch eine Kette von Polizeibeamten und die Personenschützer des Ministers wurden sie bei der Ankunft auf Abstand gehalten.
Als Spahn nach seinem Besuch der kurzfristig aus Sicherheitsgründen ins Bürgerhaus Bergischer Löwe verlegten CDU-Veranstaltung wieder aus dem Gebäude kam und ein Gespräch mit den schreienden Demonstranten suchte, wurde die Stimmung noch einmal aufgebrachter. Von „Schlampe“ über „Schande“ und „Marionette“ bis hin zu homophoben Ausdrücken reichten die Beschimpfungen.
Beschimpfungen von Bergisch Gladbacher
Der 39-jährige Bergisch Gladbacher soll dabei „Hau ab, du Wixer, du schwule Sau“ geschrien haben – unmittelbar neben zwei Polizeibeamten, die seine Personalien aufnahmen und eine Anzeige schrieben. Rhein-Bergs Polizeisprecher Richard Barz wertet das Brüllen der Demonstranten als „mittleren Standard“. Auch beim Besuch von Angela Merkel vor drei Jahren habe es eine Gruppe lautstarker Demonstranten gegeben. Bundesgesundheitsminister Spahn stehe aktuell im Fokus von Demonstrationen gegen die Corona-Schutzmaßnahmen.
„Ja, sie waren laut – aber friedlich“, betont der Polizeisprecher. Eine tumultartige Auseinandersetzung habe es nicht gegeben. Auch lägen derzeit „keine Erkenntnisse vor, dass Herr Spahn bespuckt worden ist“, reagierte Barz auf entsprechende Meldungen anderer Medien. Unterdessen berichtete die Polizei am Montag von einer weiteren Personengruppe von etwa zehn Personen, die sich nach Beginn von Spahns Vortrag im Bergischen Löwen auf dem Platz davor mit Lautsprecherdurchsagen gegen die Gegner der Corona-Politik gewandt hätten. „Zur Verhinderung einer Eskalation wurden die beiden Personengruppen räumlich getrennt“, so Barz.
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„Von uns waren die nicht, unsere Leute waren alle im Saal“, sagt CDU-Bürgermeisterkandidat Christian Buchen auf Nachfrage und äußert sich erschrocken über das, was sich am Rande seines Treffens mit dem Bundesgesundheitsministers abgespielt habe, in dem es darum gegangen sei, auch über Kommunalpolitik und beispielsweise die medizinische Versorgung in Gladbach zu sprechen, wie Buchen betont. „Draußen aber war es dann erschreckend, in die Augen der Menschen zu sehen, die dort geschrien haben: Voller Hass, und dabei hatten sie kleine Kinder auf dem Arm.“