Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Nachfolgerin steht festLandarzt Dr. Bödecker in Oberwiehl geht in den Ruhestand

Lesezeit 3 Minuten

Seine Nachfolgerin hat sich schon eingearbeitet: Zum Jahreswechsel übernimmt Maren Friedemann die Patienten ihres Vorgängers Prof. Dr. August-Wilhelm Bödecker.

Oberwiehl – Wer sich an den nordischen Zungenschlag und die hanseatische Zurückhaltung von Prof. Dr. August-Wilhelm Bödecker (66) gewöhnt hat, kann sich freuen: Der Kieler wird von einer Hamburgerin abgelöst. Zum Jahreswechsel übernimmt Maren Friedemann (47) Bödeckers Schreibtisch in der Oberwiehler Gemeinschaftspraxis mit Stefan Posanski.

Ansonsten unterscheiden sich die beiden in mancherlei Hinsicht. Friedemann ist eine ausgebildete Krankenschwester und studierte Neurochirurgin, die sich erst relativ spät dazu entschloss, Landärztin zu werden. Bödecker wollte dagegen nie etwas anderes werden als Hausarzt und blickt auf eine nun 37 Jahre währende Tätigkeit als niedergelassener Allgemeinmediziner zurück. Am 1. Januar 1982 nahm er in Oberwiehl seine Arbeit auf, nun geht er in den Ruhestand. Er will keiner sein, „der an seinem Stuhl klebt, bis man ihn wegtragen muss“. Bödecker hat erkannt, dass die „Entscheidungsdichte“, die den beruflichen Alltag in der Praxis zunehmend prägt, und der Zwang zur steten Weiterbildung für ihn zu strapaziös geworden sind. Das sei in seinem Alter auch eine Frage der Konzentrationsfähigkeit. Nun will er sich öfter mit Wohnmobil und Motorboot auf den Weg machen.

Ursachen für Landärztemangel im Blick

Seine Arbeit als Leiter der Abteilung „Schwerpunkt Allgemeinmedizin“ der Universität Köln möchte der Honorarprofessor aber weiterführen. In dieser Funktion, aber auch früher als stellvertretender Vorsitzender des nordrheinischen Hartmannbunds und Vorsitzender der oberbergischen Kassenärztlichen Vereinigung hat sich Bödecker intensiv mit den Ursachen des fortschreitenden Nachwuchsmangels für die Landarztpraxen beschäftigt. August-Wilhelm Bödecker glaubt, dass ein verzerrtes Berufsbild dazu geführt hat, dass zu wenige junge Mediziner aufs Land wollen. Die negativen Begleitumstände – vermeintlich lange Arbeitszeit und mangelnde Entlohnung – seien überbetont worden.

Alles zum Thema Universität zu Köln

Bei diesem Thema kann Bödecker für seine Verhältnisse geradezu energisch werden: „Das ewige Gejammer hat eine ganze Generation von Medizinern vertrieben.“ Wer als Landarzt Arbeitszeiten von 70 Stunden und mehr beklage, sei schlecht organisiert oder unehrlich. Finanziell habe man ein „sehr bürgerliches Auskommen“.

„Zehnkampf“ des Allgemeinmediziners

Wichtiger als ein paar Euro mehr seien Vertrauen und Anerkennung, wie sie nur ein Hausarzt von seinen Patienten bekomme. Der Monotonie des fachärztlichen Alltags stellt er den abwechslungsreichen „Zehnkampf“ des Allgemeinmediziners gegenüber. Bödecker schätzt zudem die Freiheit, die mit der Arbeit eines selbstständig tätigen Arztes verbunden ist – auch wenn sie nicht von einer besonderen Verantwortung zu trennen ist. Deshalb sieht er die Leistungsfähigkeit von Medizinischen Versorgungszentren , in denen die Ärzte nur Angestellte sind, eher skeptisch.

Wenig hält er auch von der neuesten Initiative von NRW-Sozialminister Karl-Josef Laumann, der die Studenten mit sanftem Zwang in den Hausarztjob treiben möchte: „Das ruft nur Abwehrreaktionen hervor.“ August-Wilhelm Bödecker würde es stattdessen gern sehen, „dass diese wunderbare Region mehr Werbung für ihre großartigen Lebensverhältnisse macht“.

Zugleich müsste die ärztliche Selbstverwaltung medizinischen Quereinsteigern den Weg erleichtern. Seine Nachfolgerin Maren Friedemann wohnte bereits in Bielstein, als sie sich entschloss, sich im Bereich der Ärztekammer Westfalen-Lippe zur Hausärztin umschulen zu lassen. Denn dort geht das viel schneller als im Rheinland. Grund sei ein Problemdruck, der im strukturschwachen Westfalen früher eingesetzt habe, meint Professor Bödecker. Die langwierige Umschulung werde mit der Qualitätssicherung begründet, ärgert sich Friedemann: „Wenn es bald gar keine Ärzte mehr gibt, fehlt es erst recht an Qualität.“