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Bergische LuftfahrtgeschichteFlugplatz in Marienheide feiert 60-jähriges Bestehen

Lesezeit 5 Minuten

Ausblick vom Towerdach: Die Piste liegt zum großen Teil auf Marienheider Gebiet  – die Grenze zu Meinerzhagen verläuft auf Höhe des Strichs mit der 25.

  1. Vor 60 Jahren hob die erste Maschine vom neuen Flughafen auf der Grenze zwischen Marienheide und Meinerzhagen ab.
  2. Der Fabrikant Werner Battenfeld baute mit dem Flugplatz sein eigenes Liefersystem auf.
  3. Im Jahr 2005 wurde das traditionsreiche Werk geschlossen und 470 Mitarbeiter verloren ihre Arbeit.

Marienheide/Meinerzhagen – Als vor 60 Jahren die ersten Maschinen vom neuen Flugplatz auf der Grenze zwischen Marienheide und Meinerzhagen starteten, waren viele Oberberger überzeugt, dass der Fliegerei die Zukunft gehört. Im selben Jahr gründete sich in Gummersbach die „Deutsche Nah-Luftverkehr-AG“, um die schlechte Verkehrsanbindung des Oberbergischen und anderer Gebiete in der Bundesrepublik zu verbessern.

Zeitgleich wurde in der Kreisstadt an Plänen für einen eigenen Flugplatz gearbeitet, berichtete damals die Zeitung: „Gummersbach kann nicht auf die Anbindung an die Umwelt durch den Luftverkehr verzichten, nachdem die Anbindung durch den Eisenbahnverkehr um Jahrzehnte zu spät erfolgte.“

1200 Meter lange Startbahn

Der erfolgreichste Luftfahrtpionier in der Region aber war der Meinerzhagener Maschinenfabrikant Werner Battenfeld. Ende der 1950er Jahre baute er sich seinen eigenen Flugplatz. Der Großteil des Regionalflugplatzes Marienheide/Meinerzhagen liegt an der Landesstraße 306 auf oberbergischem Gebiet.

Die 1200 Meter lange Start- und Landebahn erstreckt sich über 300 Meter auf Meinerzhagener Seite, wo zudem Tower und Hangar stehen. Nur eine kleine Spitze des weitläufigen Geländes gehört zum ebenfalls märkischen Kierspe.

Der Turm mit Hangar wird derzeit renoviert. 

Battenfeld wollte damals, dass Ersatzteile seiner Spritzgussmaschinen binnen 48 Stunden zu seinen Kunden in ganz Europa gelangen. Weil es zu jener Zeit noch keine Express-Lieferanten gab, baute er mit dem Flugplatz sein eigenes Liefersystem auf.

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Eine einfache Graspiste, wie es sie etwa auf dem Bergneustädter Dümpel gibt, langte für Battenfelds Pläne nicht – die Jets brauchten wegen ihrer Größe und Reichweite eine lange Asphaltpiste. Fünf Geschäftsreisejets und einen Hubschrauber hatte die Firma Battenfeld zu Spitzenzeiten, zudem für Hobbyzwecke zwei Segelflugzeuge.

470 Arbeiter verloren ihre Arbeit

Drei Piloten beschäftigte das Unternehmen. Noch heute zeugt eine künstlerisch gestaltete Fliesenwand im Eingang des Towers von dieser Zeit: Sie zeigt Europa, von Meinerzhagen aus führen Linien in mehrere Nachbarländer.

Werner Battenfeld starb 1972. Im Jahr 2005 ereilte Meinerzhagen die Hiobsbotschaft, dass das traditionsreiche Werk geschlossen wird. Rund 470 Mitarbeiter verloren ihre Arbeit.

Gelandet werden kann in die Himmelsrichtungen 250 und 70 Grad, je nach Windrichtung.

Schon vor dem Aus für das Battenfeld-Werk in Meinerzhagen pachtete ein Geschäftsmann aus Wipperfürth den Flugplatz vom Battenfeld-Nachfolger, dem Düsseldorfer Maschinenbauer SMS. Seit dem Jahr 2016 befindet sich der Flugplatz im Eigentum einer Betreibergesellschaft.

Einen so regen Flugverkehr wie zu Battenfeld-Zeiten gibt es im oberbergisch-märkischen Grenzgebiet nicht mehr. Im vergangenen Jahr wurden zwar rund 1700 Flugbewegungen gezählt. Davon gehen aber viele auf das Konto zweier Flugschulen für Kleinflugzeuge und Tragschrauber, die ihren Stützpunkt auf dem alten Battenfeld-Flugplatz haben.

Doch nach wie vor sind es viele Geschäftsflüge, die auf dem Regionalflugplatz abgewickelt werden. Das Einzugsgebiet des Flugplatzes erstreckt sich von Wuppertal über Hagen, Lüdenscheid und Meinerzhagen bis Gummersbach und Olpe.

Die alte Fliesenwand im Towereingang stammt noch aus Battenfeld-Zeiten: Der Industrielle versorgte vom Flugplatz aus Kunden in ganz Europa. 

Gegenüber dem Airport-Giganten Köln/Bonn hat der Regionalflugplatz Vorteile: Hier ist das Landen und Starten günstiger, auch dauern die Kontrollen nicht so lang. Tatsächlich haben Flugreisende auf dem früheren Battenfeld-Flugplatz die Möglichkeit, eine Zoll-Prüfung oder einen Check der Bundespolizei zu durchlaufen. Zwar gibt es dort keine Zöllner und Bundespolizisten, doch kann das Bodenpersonal diese hoheitlichen Aufgaben übernehmen.

Unbemerkt von der Öffentlichkeit sind auf dem Flugplatz bereits einige Promis gelandet, wie die Geissens, Familie Schumacher, Tatort-Kommissar Klaus J. Behrendt und Stefan Raab. Lukas Podolski wurde über Marienheide-Meinerzhagen zu seinem Promi-Fußballturnier in der Gummersbacher Arena eingeflogen. Bald schon soll Magier Farid hier landen.

Sanierung für eine halbe Million

Derzeit wird der 24 Meter hohe Tower grundlegend saniert. Handwerker sind damit beschäftigt, neue Fenster, neuen Putz und eine neue Verkabelung zu installieren. Auch der angrenzende Hangar mit seinen beiden je 22 Meter langen und zehn Tonnen schweren Toren wird instandgesetzt. Die Investitionskosten sollen sich auf eine halbe Million Euro belaufen.

Geschäftsleute haben in der Halle ihre Maschinen untergestellt. 

Der Flugbetrieb geht weiter, das Tower-Equipment wurde provisorisch in einem anderen Raum untergebracht. Die technischen Anlagen sind in Funktion: Der Flugplatz verfügt über eine Wetterstation und ein Drehlicht mit zwei großen Scheinwerfern auf dem Dach des Towers. Die strahlen bis zu 50 Kilometer weit in die Luft. Abgebaut sind derzeit die Landelichter der Fahrbahn, weil sie in der Vergangenheit bei Autorennen, die regelmäßig auf dem Gelände stattfinden, beschädigt wurden.

Neueste Überlegungen sehen vor, den Flugplatz interkommunal zu einem Gewerbegebiet zu entwickeln (wir berichteten). Ob es so kommt, steht noch in den Sternen. Der Flugplatzbetreiber steht den Plänen offen gegenüber. Doch auch wenn Gewerbe auf das Gelände zieht, soll der Flugplatz zumindest als Helikopter-Port erhalten bleiben.

Interview

Dieter Lusebrink (76) aus Börlinghausen half 1961 nach einem Absturz.

Im dichten Schneetreiben stürzte zwei Jahre nach Eröffnung des Flugplatzes eine Maschine ab, die drei Insassen starben. Wie haben Sie das Unglück erlebt?

Damals war ich 18 Jahre, arbeitete bei der Firma Fuchs. Ich weiß noch, dass es der 6. Januar 1961 war, kurz vor 18 Uhr. Es war stockdunkel und schneite stark. Ich war mit dem Zug von der Arbeit gekommen, bin in Holzwipper ausgestiegen und nach Hause nach Börlinghausen gelaufen. Als ich mir an der Haustür die Schuhe auszog, hörte ich zuerst ein Flugzeug starten, dann einen Knall. Ich sah einen Feuerball am Himmel, dann fiel im ganzen Dorf der Strom aus. Nur 400 Meter entfernt lag das Flugzeug in Trümmern auf der Wiese.

Wie haben Sie reagiert?

Ich habe wieder Schuhe und Jacke angezogen und bin zur Unglücksstelle gerannt. Fünf andere kamen fast zeitgleich an. Dann ging alles rasend schnell. Wir haben die Türen der brennenden Maschine aufgerissen und konnten den Co-Pilot und den Passagier hinten noch rausziehen. Aber der Pilot war hinter dem Armaturenbrett eingeklemmt. Dem konnten wir nicht mehr helfen, er verbrannte. Der Co-Pilot starb auf der Wiese. Der Passagier wurde ins Krankenhaus gebracht, aber erlag dort seinen Verletzungen.

Wissen Sie, wie es zu dem

Unglück kam?

Die Untersuchungen ergaben, dass die Maschine beim Start mit dem Bugrad auf der Piste in eine Schneewehe gerast war. Es riss ab. Das Flugzeug war nicht mehr steuerbar, driftete nach links Richtung Börlinghausen ab und raste in eine Hochspannungsleitung.

Denken Sie noch oft an den Absturz?

Die Bilder haben sich mir eingeprägt. So etwas nimmt einen mit. Die Geschichte erzählt man sich bis heute im Ort.