Oberbergischer Kreis – Eigentlich steht am 13. September die Neuwahl von Landrat und Bürgermeistern, von Kreistag, Stadt- und Gemeinderäten an. Doch ein normaler Wahlkampf ist unter den Umständen des Corona-Lockdowns unmöglich. Ist der Wahltermin zu halten? Die oberbergischen Parteien sind uneins.
Die SPD Oberberg spricht sich in einer Mitteilung deutlich dagegen aus. In dieser noch nie da gewesenen Situation sei eine Verschiebung geboten. „Die kommunale Demokratie funktioniert auch, wenn die gewählten Vertreter noch einige Monate länger im Amt sind“, erklären Kreisvorstand und Ortsvereinsvorsitzende nach einer Telefonkonferenz.
SPD hält Wahlkampf für unmöglich
Kreisvorsitzender Thorsten Konzelmann berichtet, dass die Aufstellung für ndidaturen von Ende März auf Anfang Juni verschoben wurde. Die Versammlung sei „aber – wenn überhaupt – nur unter sehr erschwerten Bedingungen durchzuführen“.
Noch schwerer wiege die „Befürchtung, dass ein effektiver Wahlkampf in Zeiten der Corona-Epidemie nicht möglich sein wird“. So seien Großveranstaltungen noch bis mindestens 31. August verboten, wobei immer noch unklar sei, was überhaupt als Großveranstaltung gelte.
NRW lässt juristisch prüfen
Im NRW-Innenministerium würden derzeit alle Optionen zur Durchführung der Kommunalwahl intensiv juristisch überprüft, teilt die Pressestelle auf Anfrage mit. Dabei stehe der Innenminister im engen Austausch mit dem Städte- und Gemeindetag.
Das Kommunalwahlgesetz erlaube es dem Minister, einen neuen Termin festzusetzen – allerdings nur bis Ende Oktober. Ein noch späterer Termin würde ein neues Gesetz erfordern. (tie)
„Wahlkampf bedeutet den lebhaften, durchaus zugespitzten, aber fairen Wettstreit zwischen Personen und Ideen“, betont der SPD-Kreisvorsitzende. „Dies bedingt natürlich einen engen Kontakt mit der Bevölkerung, der aber schon wegen des noch länger andauernden Kontaktverbotes faktisch gar nicht möglich sein wird.“
Sonderrechte der Parteien für einen Wahlkampf seien unangemessen, wenn die gesamte Bevölkerung zugleich in ihrem Alltag einzigartigen Herausforderungen ausgesetzt ist und auf für sie wichtige Veranstaltungen verzichten muss.
CDU verweist auf extrem lange Wahlperiode
Der CDU-Kreisvorsitzende Carsten Brodesser ist anderer Auffassung: „Keiner kann sagen, wie lange es noch dauert. Und je länger man wartet, desto weniger sind die Räte legitimiert.“ Ohnehin werden im September schon mehr als sechs Jahre seit der vorherigen Wahl vergangen sein, obwohl der normale Zyklus fünf Jahre vorsieht.
Abstands- und Hygieneregeln, die in öffentlichen Verkehrsmitteln oder im Einzelhandel gelten, sollten sich auch im Wahllokal durchsetzen lassen, glaubt Brodesser. Eine reine Briefwahl wie in Bayern sei nicht erforderlich. „Die Bevölkerung hat inzwischen gelernt.“ Die im Vorfeld erforderlichen Parteiversammlungen lassen sich in entsprechend großen Sälen durchführen.
„Der Wahlkampf“, sagt der CDU-Chef, „wird nicht der Idealvorstellung entsprechen, in der man unterm Sonnenschirm vor dem Supermarkt wartet, um Kugelschreiber zu verteilen“. Das sei aber auch nicht so schlimm. „Die politische Aufmerksamkeit der Wähler ist selten so groß gewesen wie jetzt. Die Bürger wissen genau, wie sich die Parteien positionieren.“
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Spielen in dieser Frage die Meinungsumfragen eine Rolle, die derzeit der CDU in Land und Bund steigende Zustimmung prognostizieren? Carsten Brodesser glaubt, dass die Corona-Krise auch der SPD als weiterer Regierungspartei nützen müsste.
Und wie das Stimmungsbild aber im September aussieht, könne niemand sagen. „Vielleicht sind die Leute dann wegen der Corona-Beschränkungen mürbe geworden. Ich würde da lieber nicht spekulieren.“