Oberberg – Wie viele Kartoffeln braucht man, um ein ganzes Haus mit Strom zu versorgen? Das weiß auch Johannes Hericks nicht. „Aber es müsste ein Riesenberg sein“, sagt der Klimaschutzmanager und lacht. Reibekuchen, Fritten, Salat – das alles kennt man. Doch wer gestern das fünfte Erpelsfest in Nümbrecht besucht hat, der weiß auch: Die Knolle liefert Strom, zumindest ein bisschen. Nur eine Centmünze und einen Ring aus Zink braucht Hericks, damit der Strom fließt und Kinder staunen am Stand der Gemeinde und der Gemeindewerke Nümbrecht.
Gastgeber des Festes auf der neugestalteten Hauptstraße und dem bald sanierten Dorfplatz ist die Nümbrechter Aktionsgemeinschaft, fast 60 Stände säumen diesmal die Knollenmeile. „Unser Fest wächst von Jahr zu Jahr“, sagt Vorsitzender Klaus-Dieter Heinz und freut sich, dass im kommenden Jahr keine Baugrube das Fest noch stören wird. Und auch Fabian Scheske, stellvertretender Bürgermeister, ist stolz auf die Nümbrechter, die trotz der widrigen Umstände in die Mitte der Gemeinde strömen.
Dort anzutreffen sind auch der Schwarze Teufel, die Rote Emmalie, die Vitelotte Noir und der Tannenzapfen – alte, fast vergessene Kartoffelsorten, die Sigrid Fröhling von der Bergischen Gartenarche ausstellt. „Leider ist der Ackersegen verschwunden“, bedauert die Fachfrau. „Das war die für das Oberbergische typische Kartoffelsorte schlechthin.“
Kartoffelduft liegt auch in Reichshof-Denklingen in der Luft
Viel Recherchearbeit hat auch die Frauengruppe „de Nömmerder“ geleistet: „Rezepte sind in der Tat selten, wir mussten viel ausprobieren“, schildert Monika Simon. Jetzt aber backen die Frauen Waffeln aus Kartoffelteig, und die Einnahmen gehen als Spende an die Tafel Oberberg Süd.
Kartoffelduft liegt auch in Reichshof-Denklingen in der Luft, schon von weitem ist zu erschnuppern, dass dort ebenfalls das Erpelsfest, übrigens schon das 23., gefeiert wird. Und dafür kommen jedes Jahr einige Generationen zusammen, um die tolle Knolle in den verschiedensten Variationen zu verputzen. „Wir haben gestern den ganzen Tag Kartoffeln geschält – ganze 20 Zentner. Angefangen haben wir vor 23 Jahren mit weniger als der Hälfte“, berichtet etwa Christel Caspari. Die 79-Jährige legt mit rund 70 Freiwilligen Hand an, wenn im Hof der Denklinger Burg die Kartoffelparty der Freiwilligen Feuerwehr steigt.
„Bei uns gibt es warmen und kalten Kartoffelsalat, Pellkartoffeln, Reibekuchen und oberbergisches Kartoffelbrot – alles handgemacht mit Zutaten aus der Region“, erklärt Andreas Schneider (51), stellvertretender Chef der Löschgruppe, die das Erpelsfest seit jeher ausrichtet. Und die Kartoffel ist dort in aller Munde, selbst der Nachwuchs steht auf den Erdapfel. „Der warme Kartoffelsalat schmeckt so was von lecker“ – da sind Mattes und Moritz einig. Die Elfjährigen dürfen den fertigen Salat diesmal als erste probieren. Eine verdiente Stärkung, schließlich hat Mattes fleißig beim Aufbau mitgeholfen und röstet nun eine Kartoffel über dem offenen Feuer im Indianerzelt.
Für Christel Caspari steht indes fest: „Ich liebe einfach alles, was man aus Kartoffeln machen kann.“ Geboren ist die Seniorin in Castrop-Rauxel. Da habe man mit Kartoffelfesten wenig am Hut. „Ich freue mich immer sehr, dass hier in Denklingen alle so zusammenhalten. In guten und in schlechten Zeiten.“ Na, wenn das keinen Kartoffelschnaps wert ist. (Von Nina Sommer und Jens Höhner)