Gummersbach/Engelskirchen – Es war ein dramatischer Bahnunfall, der jetzt vor dem Amtsgericht verhandelt wurde. Wegen der Ereignisse, die sich am 7. August 2019 in Engelskirchen-Albertsthal zugetragen hatten, mussten sich zwei Familienväter wegen gefährlichen Eingriffs in den Schienenverkehr und fahrlässiger Körperverletzung verantworten.
Was war passiert? Die Angeklagten wollten mit ihren kleinen Söhnen an jenem Tag einen Angelausflug unternehmen. Sie glaubten, sich an einen Weg zu erinnern, der neben den Schienen entlang zur Agger führen würde. Den konnten sie aber nicht finden. Sie entschieden sich daraufhin, den Weg über die Gleise zwischen Overath und Engelskirchen zurückzulegen. Die Väter liefen direkt auf dem Gleisbett, die Söhne jeweils links und rechts neben den Gleisen. „Als wir ankamen, war gerade ein Zug durchgefahren. Wir sind davon ausgegangen, dass dann so schnell keiner kommen würde“, erzählte einer der Angeklagten.
Kind wurde vom Sog des vorbeifahrenden Zuges mitgerissen
Ein fataler Irrtum: Der Sohn des anderen Angeklagten sah noch die heranfahrende RB 25 auf sie zu kommen. Sein Vater schrie den anderen beiden zu, sich von den Gleisen zu entfernen. Er selbst schaffte es noch rechtzeitig von den Gleisen zu springen und seinen Sohn, der neben den Gleisen gelaufen war, mit sich zu ziehen. Der andere Angeklagte sprang ebenfalls an die Seite seines damals zweijährigen Sohnes. „Er hat sich aber in Richtung des Zuges gedreht. Der war schon fast an uns vorbei, da muss mein Sohn durch den Sog mitgerissen worden sein und kollidierte mit einem der hinteren Wagen“, schilderte der Vater.
Der Lokführer konnte trotz Notbremsung den Unfall nicht verhindern. Der zweijährige Sohn erlitt lebensgefährliche Verletzungen am Kopf und wurde dank eines Autofahrers zusammen mit seinem Vater in das Krankenhaus Engelskirchen gebracht.
Junge muss bis heute einen Helm tragen, kann aber bald in die Schule
Nach einer Erstversorgung wurde der Junge per Hubschrauber in die Uniklinik Köln transportiert, wo er mehrmals operiert werden musste. Die Diagnose: schweres offenes Schädelhirntrauma. Bei einer späteren OP wurde ihm eine künstliche Schädeldecke eingesetzt, bis heute muss der inzwischen Fünfjährige einen Helm tragen. Er leidet immer noch an starken Konzentrationsschwierigkeiten. Laut einem ärztlichen Gutachten ist seine Entwicklung aber gut vorangeschritten und einer Einschulung stünde im Sommer steht nichts im Wege. „An den Unfall als solches erinnert er sich nicht“, erzählte sein Vater. Auch der zweite Junge habe den Unfall verarbeitet. „Nur bei lauten Geräuschen und wenn er Funken sieht, kommt das Erlebte unterbewusst wieder hoch“, berichtete sein Vater dem Gericht.
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Beide Familienväter hätten indes bis heute physisch und psychisch unter den Folgen zu leiden und seien weiterhin traumatisiert. Deshalb plädierten ihre Verteidiger, das Verfahren einzustellen. Einer der Anwälte: „Hier sitzen zwei Väter, beide nicht vorbestraft, die eine Dummheit mit fatalen Folgen begangen haben. Sie werden immer, wenn sie ihre Söhne sehen, an diesen Fehler erinnert werden. Mein Mandant wird das Geschehen bis zu seinem letzten Atemzug nicht vergessen.“
Für die Staatsanwältin standen aber auch die psychischen Folgen für den Lokführer und die Tatsache im Raum, dass die Passagiere im Zug hätten verletzt werden können. Eine Einstellung des Verfahrens könne deshalb nur unter Auflagen erfolgen, sagte sie. Dazu kam es schließlich auch: Das Strafverfahren gegen die beiden Angeklagten wurde eingestellt, allerdings unter der Bedingung, dass beide jeweils 1000 Euro an das Kinderhospiz in Olpe zahlen.