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Falkenhof in ZülpichGroßfalkenmeister päppelt verletzte Greifvögel auf

Lesezeit 3 Minuten

Lässt den linken Flügel leicht hängen: Das Rohrweihe-Männchen wird in der Zülpicher Greifvogelauffangstation gepflegt.

Zülpich – Einen seltenen Gast hat der Zülpicher Greifvogelexperte Hajo Lehser in diesen Tagen in seinem Falkenhof auf dem gut abgesicherten Gelände der Zülpicher Papierfabrik Smurfit Kappa: Lehser pflegt eine verletzte junge Rohrweihe, die offenbar mit einem Auto kollidiert ist und sich dabei einen schmerzhaften Bluterguss am linken Flügel zugezogen hat. Weshalb der Jungvogel derzeit nicht fliegen kann und in freier Wildbahn elend verhungern würde.

Rohrweihen, so Lehser, kommen in Deutschland nicht häufig vor, in ganz Nordrhein-Westfalen werden an die 150 Brutpaare gezählt, die meisten aber im Münsterland oder in der Hellweg-Börde am Südostrand der westfälischen Bucht, sowie in den Flussauen der Lippe. Rund um Zülpich oder Euskirchen gibt es maximal ein oder zwei Paare, schätzt Lehser.

Verletztes Jungtier erst sechs bis sieben Wochen alt

Das verletzte Jungtier war Spaziergängern aufgefallen, die zwischen Hellenthal und Bronsfeld mit offenen Augen durch die Natur spazierten und den Vogel auf dem Boden hüpfend fanden. Lehser hat das Tier dann aufgenommen und pflegt es seit einigen Tagen in seiner Greifvogelauffangstation.

Nach seiner Einschätzung handelt es sich bei dem Jungvogel um ein sechs bis sieben Wochen altes Männchen, das aus einem Spätgelege stammt, einem Gelege, das später als sonst üblich ausgebrütet wurde. „Das kommt bei den bodenbrütenden Greifvögeln hin und wieder vor“, so Lehser. Er nimmt an, dass das erste Gelege der Rohrweihe-Eltern im März oder April von Wanderratten, Steinmardern oder Füchsen aufgestöbert und zerstört worden ist.

Fünf Turmfalken kehren immer wieder zurück zum „Frühstück“

„Dann brüten die Weihen ein zweites Mal, so wie in diesem Fall“, so Lehser. Wenn die Rohrweihe, die knapp 380 Gramm wog, als sie gefunden wurde, wieder gesund sei und fliegen könne, könne er sie auswildern. Dann jage der Greifvogel wieder Ratten, Wühlmäuse und auch mal einen Frosch. Oder er angele sich auch schon mal tote Fische von der Oberfläche von Teichen und langsam fließenden Bachläufen. Lehser hat in diesem Jahr schon 140 verletzte Greifvögel gepflegt und arbeitet intensiv mit der auf Greifvögel spezialisierten Schleidener Tierarztpraxis von Dr. Martin Böttcher zusammen, dem er verletzte Vögel stets zur Diagnose vorstellt, ehe er sie pflegt und dann später wieder auswildert.

Bei fünf Turmfalkeneiern, die in Wachendorf entdeckt wurden, war die „Pflege“ etwas aufwendiger. „Die Eier waren angebrütet, wurden in der Brutmaschine der Tierarztpraxis ausgebrütet. Die fünf jungen Turmfalken habe ich dann aufgezogen, habe ihnen, soweit ich das konnte, das Jagen beigebracht und sie dann in die Freiheit entlassen“, schildert Lehser. Tatsächlich jagen die jungen Turmfalken in der Zülpicher Börde und kehren, wenn sie in der Jagd erfolglos waren und Hunger haben, morgens an den Falkenhof zurück, um sich „ihr Frühstück abzuholen“, wie Lehser sagt. Dann sitzen die Falken auf den Dächern der Volieren und warten darauf, dass ihr „Pfleger“ Lehser sie füttert.

Über die Greifvogelstation

Der Falkenhof von Hajo Lehser besteht schon seit Jahren. Großfalkenmeister Hajo Lehser hat neben Greifvögeln wie Milanen, Bussarden, Habichten, Falken oder Weihen auch schon Reiher oder einen Schwan, ausgebüxte Pfauen sowie den einen oder anderen Vierbeiner wie etwa ein Frettchen aufgenommen und versorgt.

Wer verletzte Greifvögel entdeckt, kann sich jederzeit mit Hajo Lehser telefonisch in Verbindung setzen unter der Mobil-Telefonnummer 01 77 53 99 426.