Zülpich – Der letzte Schultag der Abiturienten des Zülpicher Franken-Gymnasiums ist am Freitagmorgen völlig aus dem Ruder gelaufen. Nach einem „Abi-Scherz“ erlitten 78 Schüler des Gymnasiums und der benachbarten Karl-von-Lutzenberger-Realschule Verletzungen.
Ein Großteil der Schüler klagte über Atemnot und Augenreizungen. Neun Schüler mussten nach der Erstversorgung auf dem Realschulhof mit Rettungswagen vorsorglich in umliegende Krankenhäuser gebracht werden.
Nach Angaben der Euskirchener Polizei hatte ein 19-jähriger Abiturient gegen 8.15 Uhr auf dem Campusbereich an der Blayer Straße zwischen den beiden Schulen einen ABC-Pulverlöscher entleert.
Zu diesem Zeitpunkt waren viele Schüler auf dem Weg zum Unterricht. Sie gingen nach Angaben der Polizei durch die Pulverwolke und atmeten das Pulver ein oder kamen in anderer Form mit dem Inhalt des Feuerlöschers in Kontakt.
Übelkeit, Reizhusten und tränende Augen
Als dann nach etwa einer Stunde immer mehr Realschüler im Unterricht über Übelkeit, Reizhusten und tränende Augen klagten, alarmierte Realschulleiter Klaus Keyser den Rettungsdienst. Um 9.10 Uhr löste die Rettungsleitstelle des Kreis Euskirchen einen „Massenanfall von Verletzten“ aus.
Zahlreiche Schüler husteten, als sie von Rettungskräften versorgt und Polizisten zum Tathergang befragt wurden. Ältere Schüler und Lehrer holten in der Realschule Wasserflaschen und Becher, damit die Verletzten etwas zu trinken hatten.
„Das Pulver ist nicht gesundheitsgefährdend und absolut nicht giftig. Es können sich aber Reizzustände in den Augen und Atemwegen einstellen“, erklärte der Leitende Notarzt Thomas Hergarten.
Ein Lehrer der Karl-von-Lutzenberger-Realschule sagte, dass er kurz vor Unterrichtsbeginn eine große Rauchwolke im Bereich der Zülpicher Mehrzweckhalle „Forum“ gesehen habe: „Ich dachte schon, dass es irgendwo brennt.“
„Das war ein saudoofer Streich eines Einzelnen“
Gegen 10 Uhr trafen Zülpichs Bürgermeister Ulf Hürtgen, Ordnungsamtschef Werner Lorse und Dezernent Paul Karle auf dem Schulhof ein. „Das war ein saudoofer Streich eines Einzelnen, für den jetzt ein ganzer Jahrgang leiden muss“, schimpfte der Zülpicher Verwaltungschef. Acht Rettungswagen, drei Notärzte und die Zülpicher Feuerwehr eilten zur Realschule.
Zu diesem Zeitpunkt befanden sich die verletzten Realschüler der Jahrgangsstufen 5 bis 10 bereits auf dem Schulhof. Auch drei Schüler des Franken-Gymnasiums sagten der kommissarischen Schulleiterin Gabrielle Thumann-Langva, dass sie sich unwohl fühlten.
Sie schickte sie sofort zu den Rettungskräften. Thumann-Langva zeigte sich von den Vorkommnissen schockiert: „Die Aktion geht gar nicht. So darf ein Abi-Scherz nicht ablaufen, zumal wir im Vorfeld klare Regeln aufgestellt haben.“ Unmittelbar nach Bekanntwerden des Vorfalls untersagte die Schulleiterin alle weiteren Abi-Scherze an ihrer Schule.
Der Abi-Ball werde aber wie geplant am Samstagabend stattfinden. Allerdings könne es sein, dass nicht alle Abiturienten daran teilnehmen werden.„Wir werden im Kollegenkreis beraten, welche Maßnahmen wir anordnen. Wir neigen dazu, dass das Verhalten Konsequenzen haben wird“, kündigte Thumann-Langva an.
Wie die Schulleiterin dieser Zeitung sagte, ist der Schüler zuvor noch nie negativ aufgefallen: „Auch Mitschüler sind entsetzt über das Verhalten ihres Jahrgangsstufen-Kameraden gewesen.“ Nach Informationen dieser Zeitung ist der 19-Jährige Mitglied der Feuerwehr.
Er habe den Vorfall noch auf dem Schulhof zugegeben, so ein Polizist vor Ort. Euskirchens Polizeisprecher Norbert Hardt sagte, dass die Staatsanwaltschaft Bonn die Ermittlungen übernommen habe. Sie entscheide, ob gegen den Schüler ein Verfahren wegen Körperverletzung eingeleitet werde.