Zülpich – Sven Bung wollte es nicht glauben. Doch das Schreiben des Straßenverkehrsamtes Euskirchen war eindeutig: Weil an seinem VW Amarok noch kein Software-Update vorgenommen worden sei, werde der Wagen nun mit sofortiger Wirkung stillgelegt. Der Dieselabgas-Skandal hatte den Zülpicher nun vollends erwischt.
„Ich konnte drei oder vier Tage nicht mit dem Wagen fahren“, erklärt der Forstingenieur. In seinem Beruf eigentlich undenkbar.
Doch was sollte er tun? Mit dem Schreiben des Kreises sei ja gleichzeitig jeglicher Versicherungsschutz erloschen, sagt er. Bung rief seinen Anwalt von der Kanzlei Dr. Stoll & Sauer in Lahr an.
Fax kam am selben Tag
Wie rund 35.000 Geschädigte des Skandals hatte sich auch der Zülpicher an diese Kanzlei gewandt, als die Abgas-Manipulationen ans Licht kamen und auch das Fabrikat seines Wagens auf den Listen der betroffenen Fahrzeuge auftauchte.
Nach dem Schreiben des Kreises wurde sein Anwalt umgehend aktiv. Er sandte der Kreisverwaltung einen Antrag auf Aussetzung des Vollzugs – und siehe da: Noch am selben Tag erreichte Bung ein Fax des Kreises: Er könne mit dem Auto weiterfahren.
„Damit, dass es so schnell zu einer völligen Aufhebung der gesamten Verfügung gekommen ist, habe ich nicht gerechnet“, staunt Bungs Rechtsanwalt Ralph Sauer im Gespräch mit dieser Zeitung. Er habe lediglich erwartet, dass die sofortige Wirkung der Stilllegung des Wagens zurückgenommen würde, so der Anwalt: „Denn unsere Gründe dafür waren überragend.“
Dass der Kreis die gesamte Ordnungsverfügung zurücknahm, hängt mit einem zivilen Gerichtsverfahren zusammen, das Sven Bung derzeit zum einem mit dem VW-Konzern und zum anderem mit dem Händler (Niederrhein), bei dem er den Wagen im März 2015 gebraucht gekauft hatte, wegen der mutmaßlichen Mängel ausficht.
„Die ganze Sache nervt gewaltig“
„Die ganze Sache nervt gewaltig“, gesteht der Zülpicher. Mit seinem Anwalt habe er sich gegen das von VW vorgeschlagene Software-Update gewehrt: So sei dessen Nutzen höchst umstritten. „Ich habe den Wagen ja auch vor allem wegen des geringen Kraftstoffverbrauchs gekauft“, so Bung. Eine Umrüstung hätte jedoch dazu führen können, dass er bis zu zwei Liter mehr pro 100 Kilometer gebraucht hätte, verweist der 30-Jährige auf entsprechende Hinweise von Experten.
Weil das alles noch nicht geklärt und das Verfahren noch anhängig ist, hatte der Kreis die sofortige Stilllegung des Wagens zurückgezogen, wie die Pressestelle des Kreises am Freitag erklärte: „Das Straßenverkehrsamt des Kreises Euskirchen möchte nicht in einen zivilrechtlichen Prozess eingreifen und somit dem betroffenen Kfz-Halter weiterhin die Möglichkeit einräumen, ein Beweismittel vor Gericht einbringen zu können.“ Nach Prüfung der Begründung des Einspruchs des betroffenen Kfz-Halters bestünden zudem verwaltungsrechtliche Bedenken, die nun weiter vertieft geprüft würden. Sven Bung kann vorerst aufatmen: „Jetzt kann ich wenigstens wieder fahren und meiner Arbeit nachgehen.“
Ein weiteres Fahrzeug wird geprüft
Neben dem Fahrzeug des Zülpichers Sven Bung beschäftigt das Straßenverkehrsamt in Euskirchen noch ein weiteres Fahrzeug im Zusammenhang mit dem Abgasdiesel-Skandal. Das teilte die Pressestelle des Kreises am Freitag dieser Zeitung auf Anfrage mit. „Das Straßenverkehrsamt des Kreises Euskirchen erhält vom Kraftfahrt-Bundesamt lediglich eine Mitteilung, wenn ein KFZ-Halter noch nicht das Software-Update an seinem Wagen durchgeführt hat“, so der Kreis. (mig)