So beliebt wie noch nieVolle Wanderwege in der Eifel – Doch der Eifelverein schrumpft
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Eifel – Die Eifel war bei Wanderern noch nie so beliebt wie in den vergangenen Corona-Jahren. Seit 2020 ist der Urlaub vor der Haustür zum Boom geworden, und der hält an.
Was die Touristiker glücklich machen sollte, löst beim Eifelverein Nachdenklichkeit aus: Der Boom geht an dem fürs Wandern traditionell zuständigen Verein vorbei. Was ist da los? Einblicke in die „Wanderwelt 2.0“:
Manchmal meint man, die Wanderwelt nicht mehr zu verstehen. Ein gedruckter Wanderführer in der Hand – das war einmal. Unterwegs sein auf dem Eifelsteig am Wochenende oder dem „Wilden Weg“ im Kermeter – davon kann man angesichts des Andrangs nur abraten. Wandern mit dem Eifelverein – das muss nicht zwangsläufig sein.
Alles das sind Zeichen einer Art Zeitenwende, die auf den Wanderwegen der Eifel seit Beginn der coronabedingten Reiseverbote 2020 unübersehbar sind: Die Wege werden immer voller. „Gerade Menschen im Studierendenalter bis Ende 20 sind dort unterwegs“, beobachtet Patrick Schmidder eine Klientel, die noch vor wenigen Jahren als wenig wanderaffin galt.
Was out war, ist derzeit geradezu mega-in, sagt Schmidder, Geschäftsführer der Nordeifel Tourismus (NET) GmbH in Kall. 1,82 Millionen Aufrufe hat das NET-Wanderangebot aus 95 Eifelschleifen und 18 Eifelspuren verzeichnet, seit die Wege vor rund zweieinhalb Jahren auf dem Wanderportal Outdooractive online gestellt wurden.
Beliebte Schleifen und Spuren
Alleine rund 3900 Hashtags „Eifelschleifen“ und rund 1800 für die „Eifelspuren“ wurden zudem auf Instagram gesetzt. „Schleifen“ und „Spuren“ wurden mehr als 1500-mal von Wanderern auf den diversen Online-Kanälen bewertet, „im Durchschnitt mit vier bis fünf Sternen“, hat Schmidder ausgerechnet. „Wanderportale wie Outdooractive sind für uns Gold wert“, freut er sich.
Obwohl Wanderer aus den Ballungsgebieten meistens Tagesurlauber sind, stellt Schmidder eine steigende Nachfrage nach Pauschalangeboten für Wanderer in der Nordeifel fest. Der Eifelsteig und andere Weitwanderwege wie die Hauptwege des Eifelvereins sind ohnehin bei Mehrtagesurlaubern beliebt.
Fast 500 Touren entwickelt
Zwei, die ebenfalls die Eifel entdeckt haben, haben es zu einer Bekanntheit gebracht, die noch vor wenigen Jahren undenkbar war: Das „Mr. Pfade“-Team – Manuel Helgert (36) aus Neukirchen-Vluyn und Michael Bednarek (38) aus Köln – hat nach Angaben Bednareks in den vergangenen Jahren „an die 500“ Wandertouren entwickelt. Davon stehen bisher 40 online in den Wanderportalen wie Komoot oder Outdooractive.
„Mr. Pfade“ bietet nur Touren an, die vorher nirgendwo veröffentlicht worden sind. Das Duo bewertet sie mit 1 bis 10 „Abenteuerpunkten“. Wenn möglich, sind abwechslungsreiche Felsenwege, spannende Pfade entlang von Uferböschungen und Kletterpassagen dabei. Es geht den beiden um Wege, die „zwischen 30 und 50 Zentimeter breit sind, also Pfade“, so Bednarek.
Helgert und Bednarek gehören zu den Wanderbloggern und Wanderbloggerinnen, die selbst zusammengestellte Rundwege aller Schwierigkeitsgrade auf Online-Portalen platzieren und in Facebook-Gruppen wie „Wandern in der Eifel“ oder „Traumschleifen und Premiumwege“ bekannt machen.
Planung mit Satellitenbildern
Beide sind in der Automobilindustrie beschäftigt und eher Spätberufene, was typisch für viele Wanderblogger und neue Eifelwanderer ist. „Das fing erst vor ein paar Jahren an, als wir auf Premiumwegen feststellten, dass es viele, schon getretene urwüchsige Pfade links und rechts gibt, die nur nicht markiert und noch unbekannt sind.“ Das hat die beiden gereizt. Sie machten sich auf Basis guter topografischer Karten und frei verfügbarer Satellitenbilder an die Wegeplanung.
Und immer geht es um einen „König der Welt“-Blick. Bednarek posiert zu diesem Zweck auf Felsvorsprüngen – mit dem Rücken zur Smartphone-Kamera, vor sich den möglichst weiten und tiefen Blick. Bednarek will so den Nutzern „ein Gefühl für die Strecke vermitteln“.
Tipps von „Mr. Pfade“
Etwa bei den Eifel-Highlights, die das Duo vorschlägt: zwei Routen bei Monschau, eine bei Heimbach und Nideggen sowie eine „Wandertrilogie“ durchs Hohe Venn. 6500 Follower haben Helgert und Bednarek auf Instagram, 9000 auf dem Wanderportal Komoot.
Und was hat das alles mit denen zu tun, die eigentlich die geistigen wie – dank der ehrenamtlichen Markierungsarbeit der Wegepaten – tatsächlichen Väter und Mütter des Eifelwanderns sind? Wie steht es um die Aktiven in den 138 Ortsgruppen des Eifelvereins? 23 000 Mitglieder hat der Verein, die Zahl sank allein in den vergangenen fünf Jahren jeweils um 500. Das Durchschnittsalter beträgt 68 Jahre.
Eifelverein profitiert am wenigsten
Vom Wanderboom, das muss Hauptgeschäftsführer Manfred Rippinger zugeben, profitiert ausgerechnet der Verein der ehrenamtlichen Eifelwanderwegverantwortlichen am wenigsten. Und das, obwohl es in allen Ortsgruppen seit Jahrzehnten eigene Wanderpläne für das ganze Jahr gibt. Sie sind allerdings oft nur den Mitgliedern bekannt.
Rippinger sieht nicht nur den Eifelverein gerade in der Defensive: In nahezu allen Wandervereinen unter dem Dach des Deutschen Wanderverbandes sei trotz des Wander-Booms keine Beitrittswelle zu verzeichnen. Gründe dafür seien auch der anhaltende gesellschaftliche Trend zur Vereinzelung und die abnehmende Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen, kurz: „Die Wandervereine stehen vor großen Herausforderungen“, so Rippinger.
Digitaloffensive geplant
Man will deshalb die Vereinsarbeit „offener, flexibler und digitaler“ gestalten. Jugendarbeit ist nötig, ein Jugendvorstand im Hauptverein soll sich darum kümmern. Zudem soll die Online-Präsenz des Eifelvereins ausgebaut werden. Wege, die auf Online-Wanderportalen und dem eifelvereinseigenen „EifelPfadFinder“ hinterlegt sind, will man bekannter machen.
Mit Aktionen wie dem kostenlosen „MITeinander in der Eifel wandern“ soll den Wanderfreunden über geführte Halbtageswanderungen die Arbeit der Wegepaten nahegebracht und für eine Mitgliedschaft in einer Ortsgruppe geworben werden.
Ende März jedoch hatten im Internet unter www.eifelverein.de erst fünf Ortsgruppen eine Tour fürs „MITwandern“ angemeldet. Etwas mehr Angebote umfasst das Programm der „Geführten Eifelwanderungen“ in der Nordeifel mit den Ortsgruppen, das auch die NET offensiv bewirbt.