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Besonderer Flohmarkt-FundAquarell nach 83 Jahren an jüdische Eigentümerfamilie zurückgegeben

Lesezeit 3 Minuten
Übergabe der „Sonnenblumen“: Kunsthistoriker Bernd David (links) und Ralf Goldschmidt, Sohn des Malers Helmut Goldschmidt.

Bernd David und Helmut Goldschmidt

Kunsthistoriker Bernd David hat das Aquarell auf einem Flohmarkt entdeckt. Nun überreichte er es der Familie des Malers, der von den Nazis verfolgt worden war.

Dass sich ein Flohmarkt-Fund als Kostbarkeit entpuppt, davon träumen wohl viele Schnäppchenjäger und Trödel-Fans. Bei Bernd David war es aber nur bedingter Zufall. Immerhin ist der Kölner als Kunsthistoriker, Restaurator und akademischer Maler ausgebildet. Sein Blick also geschult. Als er auf dem Flohmarkt auf dem Nippeser Wilhelmplatz aus dem Augenwinkel ein Bild mit Sonnenblumen entdeckte, dachte er sich: „Eine überzeugende Malerei, aus kunsthistorischer Sicht eine gute Komposition.“ Er kaufte es.

Zu Hause besah sich Bernd David das Flohmarkt-Fundstück genauer und entdeckte die Datierung von 1942. Er begann zu recherchieren, unter anderem bei der Synagogen-Gemeinde Köln. Dank einer Postkarte des jüdischen Architekten Helmut Goldschmidt, die sich im Besitz des NS-Dokumentationszentrums befindet, konnte er die Signatur vergleichen. Sie passte. So ermittelte er die Erben und stellte den Kontakt her. Helmuts Sohn Ralf Goldschmidt freute sich riesig, als ihn die Nachricht erreichte. „Es ist einfach sensationell, dass die Sonnenblumen nach 83 Jahren in unsere Familie zurückgekehrt sind“, freut sich der 69-Jährige, der in Bonn lebt. Auch sein zwei Jahre älterer Bruder Ernst sei begeistert. Das Bild war ihnen bis dahin nicht bekannt. Aber die ehemalige Haushälterin habe auf Nachfrage hin bestätigt: Sonnenblumen waren Helmut Goldschmidts Lieblingsblumen.

Goldschmidt baute Kölner Synagoge in den 1950er-Jahren wieder auf

Der 1918 geborene Helmut Goldschmidt lebte während der NS-Zeit in Köln. Er war jüdischer Abstammung und überlebte trotz seiner Deportation nach Auschwitz und Buchenwald den Holocaust. In seiner Freizeit war er jazzbegeisterter Pianist und Komponist, arbeitete aber als Architekt erst in der Eifel und ab 1948 auch in Köln. Er errichtete in den Nachkriegsjahren mehrere Synagogen und jüdische Gemeindezentren in deutschen Städten. Auf Initiative von Konrad Adenauer rekonstruierte Helmut Goldschmidt von 1957 bis 1959 die Kölner Synagoge in der Roonstraße. 1998 erhielt er das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse für sein architektonisches Schaffen und seine Initiativen im jüdisch-christlichen Dialog. 2005 verstarb er in der Domstadt.

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Das Aquarell mit den Sonnenblumen ist eines seiner wenigen erhaltenen Kunstwerke. „Die Sonnenblumen wirken fast ausgeblüht“, sagt Bernd David. „Er wird das Bild vermutlich kurz vor seiner Verhaftung durch die Gestapo gemalt haben.“ Dann verblieb es wahrscheinlich in seiner Kölner Wohnung. Welche Wege das Bild aber von da an nahm, lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Am Ende landete es bekanntermaßen bei einem Trödler und fand seinen Weg über Bernd David zurück zur Eigentümerfamilie.

Einen Platz für das Bild muss Familie Goldschmidt allerdings noch finden. „Vielleicht bekommen es auch direkt meine Kinder“, sagt Ralf Goldschmidt. Die Erinnerung in der nächsten Generation wachzuhalten, sei ja in diesen Zeiten besonders wichtig.