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Eröffnung Ende 2025In Vogelsang entsteht ein neues Museum zur Luftkriegsgeschichte

Lesezeit 6 Minuten
Historiker Julian Weller steht in dunkler Regenjacke und dunkler Jeans neben einem Modell der neuen Ausstellung in Vogelsang. Hinter ihm sind Fenster und Aufsteller zu sehen.

Die geplante Ausstellung in den verschiedenen Räumen stellte Historiker Julian Weller vor.

Weil den Machern eine kritische Auseinandersetzung wichtig ist, soll in dem neuen Museum nur zerstörte Kriegstechnik ausgestellt werden.

An 20 Stationen soll im Westteil des Malakoff-Gebäudes im Eingangsbereich von Vogelsang ab Ende 2025 die Luftkriegsgeschichte in der Region erzählt werden. „Ziel der Ausstellung ist eine kritische Auseinandersetzung mit dem Thema“, betonte Historiker Julian Weller, der mit Frank Güth, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Luftkriegsgeschichte Rhein/Mosel, das Konzept für die Ausstellung am Donnerstagabend im Schleidener Stadtrat vorstellte. Wenn alles gut läuft, soll das Museum Ende nächsten Jahres eröffnet werden.

Die rund 25 Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft beschäftigen sich schon seit Jahrzehnten ehrenamtlich mit der Luftkriegsgeschichte zwischen 1939 bis 1945, vor allem im Rhein- und Moselland. Die Ehrenamtler arbeiten dabei seit 2003 eng mit der Bodendenkmalpflege des Landschaftsverbands Rheinland zusammen und versuchen, abgestürzte Flugzeuge zu finden und sie aus dem Boden zu holen. „Die Denkmalpflege selbst hat dafür zu wenig Ressourcen“, so Güth.

351 Fundstellen abgestürzter Kriegsflugzeuge im Kreis Euskirchen

Weitere Ziele der Arbeit sind die Aufklärung über immer noch vermisste Kriegsopfer sowie die Darstellung und Vermittlung des Luftkriegs in den beiden Weltkriegen. „Hinweise auf abgestürzte Maschinen erhalten wir aus Augenzeugenberichten oder aus alten Akten. Es gibt aber auch Zufallsfunde, beispielsweise auf Feldern“, berichtete der Sprecher weiter. Zum Untersuchungsgebiet gehören neben dem Kreis Euskirchen die Kreise Düren und Heinsberg sowie die Städteregion Aachen.

Im Kreis Euskirchen gibt es aktuell 351 Fundstellen von Flugzeugen der verschiedenen Kriegsparteien. Bei rund einem Drittel können laut Güth die Hintergründe nicht geklärt werden. Am Anfang des Krieges seien mehr alliierte Flugzeuge abgeschossen worden, am Ende des Krieges mehr deutsche. Pro Jahr werden in der Region ein bis zwei neue Fundstellen entdeckt.

Viele denken bei großflächigen Bombenangriffen ja eher an die großen Städte wie Köln, Berlin und Dresden und nicht an ländliche Gebiete.
Julian Weller, Historiker

Ursprünglich sollte das Museum auf gut 300 Quadratmetern eingerichtet werden. Die Räume waren in den vergangenen Jahren mit Blick auf das Museum bereits hergerichtet worden. „Wir hatten dann aber die Möglichkeit, uns zu vergrößern und eine Fläche von insgesamt etwa 720 Quadratmetern zu kaufen“, sagte Güth. Die Arbeiten im Gebäude seien zu 80 Prozent abgeschlossen: „Nur die Lampen müssen noch angebracht werden.“ Auch das Konzept für die Ausstellung liegt vor. Sie hat den Arbeitstitel „Überreste, Erinnerungen und Erzählungen – Was vom Luftkrieg übrig bleibt“.

Historiker Weller erläuterte im Stadtrat sein Konzept: „Es wird drei Bereiche geben, die sich mit der Situation in der Vorkriegszeit, dem Luftkrieg in der Region und der Erinnerungskultur nach dem Krieg beschäftigen werden.“ Innerhalb der Bereiche werde es verschiedene Themenangebote geben. Dabei soll den Besuchern auch gezeigt werden, wie der Luftkrieg in die Region gekommen ist: „Viele denken bei großflächigen Bombenangriffen ja eher an die großen Städte wie Köln, Berlin und Dresden und nicht an ländliche Gebiete.“

Segelfliegen als stiller Protest gegen Versailler Vertrag

In dem ersten Raum steht die Vorkriegszeit im Mittelpunkt. „Die erste Bombe wurde schon vor dem Ersten Weltkrieg von einem italienischen Piloten über Libyen abgeworfen“, sagte Weller. Ein weiteres Thema sei das auch in der Eifel sehr populäre Segelfliegen: „Das war auch ein stiller Protest dagegen, dass dem Deutschen Reich eine Luftwaffe nach den Bestimmungen des Versailler Vertrages verboten war.“ Dieses Verbot sei später aber erfolgreich umgangen und Piloten auf einem geheimen Flugplatz in der Sowjetunion ausgebildet worden.

Der sich anschließende, kleinere Raum soll laut dem Historiker für eine Einführung in den historischen Kontext und den Nationalsozialismus genutzt werden: „Diese Informationen sind wichtig, um die komplette Ausstellung zu verstehen.“

Wir haben uns bewusst dafür entschieden, nur zerstörtes Kriegsgerät zu präsentieren, um zu demonstrieren, was der Krieg daraus gemacht hat.
Julian Weller, Historiker

Im Mittelteil geht es dann um den Luftkrieg in der Region. Dort sollen auch viele Exponate aus der Eifel gezeigt werden. „Wir haben uns bewusst dafür entschieden, nur zerstörtes Kriegsgerät zu präsentieren, um zu demonstrieren, was der Krieg daraus gemacht hat“, betonte Weller. Es gehe darum, sich kritisch mit dem Luftkrieg auseinanderzusetzen. Ein schön restauriertes Flugzeug zum Beispiel löse dagegen immer Technikbegeisterung aus.

Anhand von Exponaten wie einem BMW Sternmotor für ein Focke Wulf Jagdflugzeug sollen verschiedene Aspekte beleuchtet werden, je nachdem, von welcher Seite man sich nähert. „Nach Recherchen des Vereins wurde die Maschine von Peter Crump aus Birgel bei Jünkerath gesteuert, der später von den Nazis als Fliegerass gefeiert wurde.“ Der Fliegerkult sei auch nach Kriegsende fortgesetzt worden. Auf der anderen Seite seien die BMW-Motoren in Rüstungsbetrieben in der Nähe von München von Zwangsarbeitern hergestellt worden. Auch dieses Thema werde behandelt. Zu sehen ist auch ein Abwurfbehälter aus Stahlblech für Kleinstbomben sowie eine Brandbombe.

Auch Blindgänger-Explosion in Euskirchen wird thematisiert

„Zu Vogelsang gehört auch der Flugplatz Walberhof“, so Güth. Die rund einen Kilometer lange Piste samt Versorgungsgebäuden war in den Jahren 1938 und 1939 gebaut worden. Mit Beginn des Zweiten Weltkriegs am 1. September 1939 wurde der Flugplatz der Luftwaffe übergeben und bei dem deutschen Überfall auf die Beneluxstaaten und dem Angriff auf Frankreich im Mai/Juni 1940 genutzt. „Einige der Lehrgangsteilnehmer in Vogelsang waren Piloten“, berichtete Weller.

Aktuelle Entwicklungen wie der Explosion eines Blindgängers 2014 in Euskirchen werden ebenfalls aufgegriffen. Die Luftmine tötete damals den Baggerfahrer und verletzte elf weitere Menschen. Bis heute ist die Kampfmittelräumung ein wichtiger Punkt bei Bauvorhaben, über den in der Ausstellung auch informiert wird.

Im letzten Raum steht die Erinnerungskultur im Mittelpunkt. „Dabei wird aufgezeigt, dass sich die Kultur regional und über die Zeiten hinweg verändert hat und auch stark von den gesellschaftlichen und sozialen Entwicklungen abhängt“, so der Historiker.

Neue Ausstellung in Vogelsang wird multimedial gestaltet

Die Ausstellung soll multimedial gestaltet werden. „Neben Zeugnissen von früher, Plakaten, Fotos und anderen Informationen soll es auch Codes zum Scannen geben, mit denen Filme abgerufen werden können“, erklärte Güth im Stadtrat. Geführte Rundgänge seien ebenso geplant wie Kooperationen mit Schulen. „Wir würden gerne noch mehr Schulen einbinden“, sagte Jörg Dietsche von der Arbeitsgemeinschaft.

Bei der Konzeption der Ausstellung wird die Arbeitsgemeinschaft von Vogelsang IP, dem Institut für Landeskunde und Regionalgeschichte des Landschaftsverbands Rheinland wissenschaftlich beraten und begleitet. Unterstützung gibt es ferner von mehreren Hochschulen und Historikern, dem Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge und den vergleichbaren Organisationen in anderen Ländern.

„Seit der ersten Stunde arbeiten wir zudem eng mit dem Militärhistorischen Museum in Dresden und Berlin-Gatow zusammen“, berichtete Güth. Ihr Projekt hatten Weller und er jüngst bei einer Tagung in Dresden vorgestellt und viele positive Rückmeldungen erhalten.

Das Museum soll von März bis November sieben Tage die Woche von 10 bis 17 Uhr geöffnet sein. „In den anderen Zeiten können Führungen angeboten werden“, sagte Dietsche. Der Umbau der Räume und die Konzeption der Ausstellung kosten laut Güth rund 350.000 Euro und werden vor allem mit Förderungen des Landes NRW, der NRW-Stiftung und dem Landschaftsverband finanziert. Kleinere Beträge wurden von der Bürgerstiftung Schleiden und ortsansässigen Banken und Unternehmen beigesteuert.


Auf dem Dachboden eingelagert

Für ihr gesammeltes Material hat die Arbeitsgemeinschaft jetzt auch eine Unterstellmöglichkeit gefunden. Es wurde auf dem Dachboden des Gebäudes eingelagert. Vorher waren die Materialien in einem Lager im Schleidener Tal untergebracht gewesen.