Mit einem aufwendigen Artenschutzprojekt soll das Aussterben der Flussperlmuschel verhindert werden. Es gibt auch Kunst zu dem Thema.
Ausstellung in VogelsangDie Flussperlmuschel soll nicht aussterben
Wie setzt sich die Kunst mit einer Muschel auseinander? Wie verarbeitet sie die Inspiration des drohenden Verschwindens einer Art, ihre Lebenssituation im Wasser und ihre faszinierende Ästhetik? Die mit dieser Vorgabe entstandenen Kunstwerke können zur Zeit im Naturschutz-Bildungshaus Eifel-Ardennen-Region in Vogelsang betrachtet werden. Noch bis Mitte August ist die Ausstellung „Kunst trifft Flussperlmuschel“ dort auf ihrer einzigen Station in Nordrhein-Westfalen zu besichtigen.
Sie ist eine der vielen Bewohnerinnen unserer Region, die kurz davor stehen, für immer zu verschwinden: die Flussperlmuschel. Früher war sie in den Eifeler Bächen und Flüssen weit verbreitet – so sehr, dass sie zum Beispiel dem Perlenbach seinen Namen gab. Seit der Kreidezeit, seit rund 100 Millionen Jahren, bevölkert sie unseren Planeten, aber rund zwei Jahrhunderte intensive Ausbeutung durch den Menschen reichten aus, um sie an den Rand des Aussterbens zu bringen. Doch die intensiven Bemühungen zeigen erste Erfolge.
Die Öffentlichkeit soll für das Projekt gewonnen werden
„Die Muschel ist in NRW auf dem aufsteigenden Ast“, sagte stolz Heidi Selheim, Projektleiterin des „Artenschutzprojekt Flussperlmuschel“ in der Margaritifera Restoration Alliance (MARA), in der die bundesweiten Maßnahmen zum Schutz der Flussperlmuschel koordiniert werden. Seit vier Jahren reproduziere sich die Population, so die Mitarbeiterin der Biologischen Station der Städteregion Aachen – ein Erfolg des Naturschutzprojekts.
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Denn die letzten freilebenden Muscheln im Perlenbach, der letzten Population in NRW, sind im Jahr 2010 gestorben. Doch kurz zuvor konnten etliche Exemplare im Rahmen des seit 2003 laufenden Projekts geborgen und in einem geschützten Umfeld aufgezogen werden. Und diese Muscheln haben nun die ersten Larven gebracht und könnten so den entscheidenden Schritt für den Erhalt der kleinen Muschelkolonie in der Eifel gemacht haben.
Doch noch ist viel Aufmerksamkeit angebracht, da die Fortpflanzung der Weichtiere kompliziert ist. Denn die Larven setzen sich über zehn Monate in die Kiemen von Bachforellen und wachsen dort heran, bevor sie sich im Bachbett ansiedeln und zu großen Muscheln heranwachsen. Ein Prozess, der immer noch mühsam im Zuchtbecken nachgestellt werden muss.
So werden die Larven, die die trächtigen Muscheln abgeben, aufgefangen und Forellen damit geimpft, so dass die Larven dort überwintern können. Wenn das Wasser wärmer wird, lassen die Larven sich fallen. Sie werden nun aufgefangen, im Labor gefüttert, bevor sie in sicheren Kästen in den Bach gebracht werden, um sich dort an die natürlichen Verhältnisse zu gewöhnen.
60 Künstler beteiligen sich an der Ausstellung in Vogelsang
Natürlich spielen sich diese Eingriffe im Verborgenen ab, um den kostbaren Bestand nicht zu gefährden. Doch die Öffentlichkeit soll für das Projekt gewonnen werden, und so wurde „Kunst trifft Flussperlmuschel“ entwickelt. Nach einem Start im Jahr 2019 machte sich die Wanderausstellung auf den Weg durch Bayern und Sachsen, wo ebenfalls noch Populationen existieren und unter strengem Schutz gepflegt werden.
Bei diesen Stationen wurde die Ausstellung erweitert: Mehr als 60 Künstler setzten sich mit dem drohenden Aussterben der Muschel und ihrem Schutz auseinander. Objekte, Installationen, Videos, Fotos, Gemälde und Skulpturen – in vielen Disziplinen der Bildenden Kunst haben sich die Kunstschaffenden dem Thema gewidmet.
Wie auch Sabine Jacobs aus Monschau. Mit filigranen Drahtgeflecht hat sie blätterartige Strukturen geschaffen, die das Element Wasser symbolisieren sollen, den Lebensraum der Muschel. „Jede Bewegung stößt eine andere an, eine Bewegung folgt der nächsten“, beschrieb sie den Grundgedanken ihres Objekts.
Mit einem Theaterstück brachte die Berliner Schauspielerin Barbara Geiger als ihre Bühnenfigur „Fräulein Brehm“ den rund 30 Besuchern Leben und Werden der Flussperlmuschel nahe. Fachliche Informationen teilte Heidi Selheim den Besuchern in einem Vortrag mit. Dabei hatten sie auch die Möglichkeit, unter dem Mikroskop winzige Muschellarven im Original zu sehen.
Ausstellung ist bis August zu sehen
Die Ausstellung „Kunst trifft Flussperlmuschel“ ist noch bis Dienstag, 6. August, im Naturschutz-Bildungshaus, Osteingang, Vogelsang 90, zu besichtigen. Der Eintritt ist frei. Die Öffnungszeiten sind jeden Samstag und Sonntag von 11 bis 17 Uhr. Am Samstag, 15. Juni, 14 Uhr, findet eine Informationsveranstaltung über die Flussperlmuschel und ihren bundesweiten Schutz statt.
Mit dabei ist Heidi Selheim, Leiterin des Projektes an der Biologischen Station der Städteregion Aachen, und voraussichtlich ein Gastreferent aus Belgien oder Luxemburg, der über die Schutzmaßnahmen im Nachbarland informieren soll.