Mega-Marsch in Nettersheim562 von 1721 Startern schafften die 100-Kilometer-Strecke
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Die Idee zum Mega-Marsch kam Veranstalter Martin Kamischke „aus einer Bierlaune heraus“.
Über tausend Menschen machten sich auf die 100 Kilometer lange Strecke, 562 erreichten das Ziel.
Einige Teilnehmer erzählen uns von ihren Erfahrungen auf dem Weg.
Nettersheim – 100 Kilometer Nordic Walking an einem Stück von Brühl nach Nettersheim? In 24 Stunden? 1721 Wanderer fanden das eine gute Idee. Sie starteten beim vierten Megamarsch am Heider Bergsee bei Brühl: Vom Tag in den Abend, durch die Nacht und bis zum Nachmittag ans Ziel in Nettersheim. Immerhin 562 kamen an.
„Als ich unsere Kirche oben auf dem Hügel sah, wäre ich fast abgebogen…“ Guido Hansen aus Weyer hatte es ein bisschen auch seinen Kumpels zu verdanken, dass er am Sonntag um kurz nach 8 Uhr auf dem Römerkanalwanderweg unterhalb von Urfey nicht vom richtigen Weg abkam, sondern weiter ging. In den Wald hinein, wo an einem Baum an einer Weggabelung Ermunterndes zu lesen war: „Faul sein war gestern. Schon 77 Kilometer geschafft!“ Das spornte ihn an und er schaffte es, an einem Stück von Brühl nach Nettersheim zu gehen. Im Ziel war er einfach erleichtert – und um eine nette Bekanntschaft reicher. Stefanie Engels aus Frankfurt und er schlossen Wanderfreundschaft.
Mega-Marsch entstand „aus Bierlaune heraus“
Solche Annäherungen können unter den Wildentschlossenen passieren. „Man ist unterwegs ja eigentlich nie alleine. Zum Glück auch nicht in der Nacht. Irgendwo leuchten immer Stirnlampen vor oder hinter einem. Das motiviert,“ so Alexandra Leitner-Fischenich aus Flamersheim. Sie kam kurz vor der Weyer-Frankfurt-Connection ins Ziel und holte sich die verdiente Medaille und die Teilnehmerurkunde ab. Wie schnell sie war, weiß sie nicht. „Das spielt auch keine große Rolle. Zwischen den Ersten und den Letzten liegen erfahrungsgemäß um die neun Stunden“, so Marco Kamischke aus Mönchengladbach. Er hatte 2016 „aus einer Bierlaune heraus“ mit Kumpels die Idee zum Megamarsch. Doch dann wollten Hunderte mitmachen.
Kamischke war es auch, der den motivierenden Spruch im Wald bei Urfey auf einen Zettel am Baum gepinnt hat, oder den warnenden Spruch auf den Asphalt in Eiserfey, unmittelbar vor dem steilen Pfad zur halben Höhe über den Ort. Der Pfad hat viel Geröll, die Rutschgefahr ist groß, deshalb sind den ganzen Anstieg entlang am Rand dicke Seile zum Halt gespannt. „Das wird hart!“, wurden die Läufer mit weißer Kreide gewarnt. Nicht umsonst: „Wer das geschafft hat, der braucht eigentlich oben erst mal ein Sauerstoffzelt“, bestätigte Leitner-Fischenich. Am Ziel war sie einfach stolz, auch diese Strapaze hinter sich gebracht zu haben.
Jeder hat Punkt, an dem es scheinbar nicht weitergeht
Zunächst war es leicht: flache Bördelandschaft, dann leicht wellig mit dem Eifelanstieg. Ab Mechernich ging es nach Meinung vieler Starter endlich zur Sache. „In der Eifel gibt es immer mal wieder Pfade, die auch stark abwärts führen. Das geht in die Knie. Da muss man aufpassen“, sagte Josef Weber aus Linz am Rhein. Er muss es wissen: Er hat 2013 bei den Nordic-Walking-Weltmeisterschaften in Roding mit der Staffel den zweiten Platz gemacht und ist von Beruf auch Trainer im Freizeitsport. 100-Kilometer-Distanzen läuft er öfter im Jahr. Für Sabine Börder, ebenfalls aus Linz, machte er beim vierten Megamarsch in die Eifel die Pace – so hatte er es nach den gemeinsamen Trainingseinheiten vor ihrer 24-Stunden-Premiere versprochen.
Trotzdem hatte auch sie – wie die allermeisten – unterwegs den Punkt, an dem es scheinbar nicht weiterging: Ob nach 30, 40, 60 Kilometern, ob nachts oder im Morgengrauen. Wer trainiert schon 24-Stunden-Märsche?
Der kritischste Punkt war offenbar für viele bei Kilometer 77, am vierten und letzten Versorgungspunkt an der Römischen Brunnenstube vor Kallmuth. Dort trennte sich endgültig die Spreu vom Weizen. Bei manchen Wanderfreunden, die bis hierhin durchgehalten hatten, waren die Kräfte erschöpft. Das Team um Thomas Meyer, Nettersheimer Ortsbeauftragter der Malteser, musste auch an der Brunnenstube Blasen an den Füßen oder abgestorbene Zehennägel versorgen und geschwollene Unterschenkel kühlen. „Die Beine, die manche hatten, wollen Sie nicht haben“, so Meyer. Doch zu schweren Verletzungen kam es offenbar nicht.
Dass es auch im September 2020 wieder den Megamarsch in die Eifel geben wird, steht fest. Im Vergleich zum Vorjahr ist die Teilnehmerzahl schließlich erneut um mehr als 100 gestiegen. Bei der fünften Auflage ist dann vielleicht auch die frisch gekürte erste „Lokale Legende“ wieder dabei: Einer der Teilnehmer hat es in diesem Jahr schon zum vierten Mal geschafft, das ist den Ehrentitel nach Meinung der Veranstalter wert. In Urfey hatte Kamischke offenbar nicht umsonst mit weißer Kreide auf den Asphalt gepinselt: „Aufgeben könnt Ihr ein Paket bei der Post. Wir gehen weiter!“