Mechernich-Obergartzem – 30 Grad, die Sonne knallt – Max Bieger läuft entlang eines 900 Quadratmeter großen Folientunnels. Immer wieder bückt er sich und zupft etwas ab. Der Schweiß steht ihm auf der Stirn. „Ich gehe jeden zweiten Tag hier durch“, sagt er. Auf den ersten Blick ist kaum zu erkennen, welche Pflanzen er da pflegt. Von außen sieht es aus wie ein Tunnel voller Unkraut. Erst bei genauerem Hinsehen entdeckt man hier und da orangene Flecken.
Der 22-Jährige züchtet Kürbisse, genauer gesagt Riesenkürbisse. Atlantic Giant heißt die Sorte. „Quasi Riesen und die kamen über den Atlantik“, erklärt Bieger den Namen. Er schiebt an einer Stelle das Unkraut zur Seite. Nun kann man die Dimension der Riesenkürbisse schon deutlich besser erkennen. 100 bis 200 Kilo bringen seine Kürbisse aktuell auf die Waage, berichtet Bieger. Der Weltrekord liegt bei mehreren Tonnen. Für manche sei die Zucht ein richtiger Sport, sagt Bieger.
Er hat die Kürbisse aus einem anderen Grund angepflanzt. Seit einigen Jahren findet im Rahmen der Kürbisschau auf dem Krewelshof Eifel von Biegers Familie eine Kürbis-Regatta statt. Die Teilnehmer setzen sich in Riesenkürbisse und paddeln über den kleinen See auf dem Gelände des Hofs. Bislang haben sie die Kürbisse von einem Züchter eingekauft, doch der habe die Zucht aufgegeben, berichtet Bieger.
Nicht jeder Riesenkürbis eignet sich als Regatta-Boot
Jetzt einfach einen neuen Züchter zu nehmen, sei schwierig. Denn diese züchteten möglichst große, runde und schwere Kürbisse. „Aber ich brauche Boote“, sagt Bieger. Der ideale Bootskürbis sei eher oval und vor allem nicht zu schwer. 280 Kilo reichten. Das gebe es kaum bei anderen Züchtern. „Das ist für die ein Misserfolg.“
Deshalb nun die eigene Zucht. Dank der elterlichen Landwirtschaft sei die nötige Infrastruktur wie Folientunnel und Bewässerungsanlage schon vorhanden gewesen. Kerne für seine Zucht habe er aus alten Bootskürbissen genommen und von befreundeten Züchtern bekommen. Angefangen habe er im Winter. 100 Kerne mussten mit der Nagelfeile geschliffen und anschließend in kleinen Töpfchen vorgezogen werden. Von den 100 Pflänzchen habe er dann 60 ausgepflanzt. Eigentlich viel zu viel. Die Weltmeisterkürbisse brauchten oft 90 Quadratmeter pro Pflanze, so Bieger. Aber er habe lieber ein paar mehr angepflanzt, zur Sicherheit. Schließlich ist es sein erstes Jahr als Giganten-Züchter. Zweimal habe ihm ein befreundeter Züchter Tipps gegeben. Den Rest habe er alleine gemacht.
Kürbisse von Hand bestäubt
Von den 60 gepflanzten sind inzwischen noch 25 Kürbisse übrig. Bieger hat sie alle von Hand bestäubt. Dazu nahm er eine männliche Blüte von einer Pflanze und hielt sie in die weibliche Blüte einer anderen. Nur aus den bestäubten weiblichen Blüten wachsen Kürbisse. Für das Bestäuben musste Bieger die Pflanzen gut beobachten: Die weiblichen Blüten öffneten sich nur einen Tag lang, erklärt er. Sobald sie bestäubt sind, schließen sie sich wieder.
Kürbisschau am Krewelshof Eifel
Knapp 40 Tage können die Riesenkürbisse noch an Gewicht zulegen, dann werden sie zu Wasser gelassen. Am Sonntag, 18. September, startet die Kürbis-Regatta, Teilnahme ab 16 Jahren. Die Kürbisschau beginnt schon am Donnerstag, 1. September. Thema in diesem Jahr: Wundersame Waldwesen.www.krewelshof.de/kuerbisschau/
In der freien Natur erledigten das Bestäuben der Wind oder Insekten. „Hummeln haben meinen Tunnel geliebt“, sagt Bieger. Da bleibt es auch nicht aus, dass noch weitere Kürbisse an einer Pflanze wachsen. Bieger entfernt alle. „Jedes Kilo, das ich da habe, fehlt mir doppelt an meinem“, erklärt er. Der junge Züchter geht davon aus, dass er bis zur Regatta im September knapp 15 Kürbisse mit 200 bis 400 Kilo Gewicht herangezüchtet hat. „Die wachsen immer nachts und pro Nacht fünf Kilo.“ Mindestens sechs davon seien sehr gut für die Regatta geeignet.
Doch bis dahin kann auch noch einiges schiefgehen: „Zu viel Wind, zu viel Regen, zu viel Sonne“, zählt der junge Züchter mögliche Komplikationen auf. Deshalb schaut er beinahe jeden Tag nach seinen Kürbissen. „Die sind fast wie ein Haustier“, sagt er und lacht. Viel zusätzliche Arbeit. Denn eigentlich schreibt Bieger gerade seine Bachelorarbeit, und auch sonst gibt es im elterlichen Betrieb mehr als genug zu tun. Hinzu kommt, dass er mit seinen Riesenkürbissen kein Geld verdient. Die seien allenfalls für die Suppe gut und werden nicht verkauft. „Mir macht das einfach Spaß“, sagt Bieger.
Und auch Vater Theo ist begeistert: „Ich bin sehr überrascht, dass er einen grünen Daumen hat“, berichtet er und lacht. Für den Hof sei es zudem eine schöne Werbung, die Regatta mit selbstgezüchteten Kürbissen zu veranstalten.