Durch ein ballistisches Gutachten soll nun vor Gericht geklärt werden, aus welcher Waffe der Schuss abgefeuert wurde.
Nach einer DrückjagdWer hat in Mechernich-Eiserfey ein Loch ins Auto geschossen?
An einem Wintermorgen findet in Eiserfey eine Drückjagd statt. In einem Talkessel unweit des Orts haben sich dazu am 9. Dezember 2023 etwa 15 bis 20 Jäger versammelt, zudem Treiber und Stöberhunde. Gegen Mittag sieht ein Jäger einen Fuchs aus der Deckung flitzen, er legt an, schießt – und verfehlt den Fuchs. Der Jäger lädt seine Repetierbüchse der Marke Sauer nach, zielt erneut – dieses Mal trifft er. Später erlegt der Jäger noch ein Reh.
Aber kaum ist das Wild aufgebrochen, bekommt der Jäger es mit der Justiz zu tun: Denn eine Kugel landete während der Jagd in einem am Dorfrand geparkten Auto. Das laut Protokoll „ins Taumeln geratene Projektil“ verursachte ein Loch und blieb im Fußraum unterhalb des Beifahrersitzes stecken. Der Besitzer des Wagens verlangt nun per Klage vor dem Bonner Landgericht von dem Jäger Schadensersatz für die voraussichtlichen Reparaturkosten von rund 5300 Euro plus 800 Euro an Gebühren für den Kfz-Sachverständigen. Der Beklagte jedoch beteuert, er habe den Schuss nicht abgegeben, und weigert sich deshalb zu zahlen.
Polizei in Euskirchen konnte keinen Schützen ermitteln
Die Kreispolizei Euskirchen, die wegen der Schussabgabe gegen unbekannt ermittelte und das Geschoss im Autoblech mit einem Endoskop sichtete, konnte keine Hinweise auf den Verursacher finden und fertigte am 5. Januar 2024 einen entsprechenden Schlussvermerk für die Akte. Die Haftpflichtversicherung des Autobesitzers sprach von einer „unkontrollierbaren Geschossabgabe“. Das sei höhere Gewalt, und dafür zahle sie nicht. Also zog der Besitzer vors Gericht.
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Im Prozess vor der 1. Zivilkammer des Bonner Landgerichts geht es unter anderem darum, wo die Schützen sich postiert hatten. „150 bis 170 Meter“ seien sie von dem Haus entfernt gewesen, neben dem das Auto geparkt war, erinnert sich der Beklagte. Doch Constantin Kirschbaum, der Anwalt des Klägers, hat nachgemessen: „66 Meter“, sagt er und weist auf eine entsprechende App mit Geodaten in seinem Handy.
Beide Parteien lehnen Vorschlag des Richters am Landgericht ab
Der Jäger berichtet, er habe bei dem Fehlschuss in den seinem Standplatz gegenüberliegenden Hang geschossen, der so als Kugelfang gewirkt habe. Mithin könne das Projektil also gar nicht aus seiner Waffe stammen. Ein Jagdkamerad aus Swisttal, der als Zeuge geladen ist, demonstriert vor Gericht, wie der neben ihm stehende Kollege sich verhalten habe.
Der habe den Fuchs gesehen, das Gewehr hoch genommen – der Zeuge hebt beide Arme in Schulterhöhe und tut so, als visiere er ein Wild an –, abgedrückt, nicht getroffen. Dann habe er nachgeladen, dabei immer das rennende Tier im Blick gehabt, die Sauer im Schwung herumgezogen – der Zeuge schwenkt die Arme nach links – und getroffen.
Insgesamt seien sieben Schüsse abgegeben worden, sagt der Swisttaler. Doch als die Jagd schon abgeblasen worden sei, sei ein achter Schuss zu hören gewesen. „Der Fall entwickelt sich“, sagt daraufhin der Vorsitzende Richter Stefan Bellin. Doch seine Freude ist offenbar verfrüht. Denn wer die letzte Kugel abgefeuert hat, lässt sich nicht aufklären.
Bellins Vergleichsvorschlag, dass der Beklagte dem Kläger 2000 Euro zahlen soll, wird von beiden Parteien abgelehnt. Nun soll ein ballistischer Sachverständiger die Streitfrage lösen. Dabei wird ihm vielleicht das Projektil zunutze sein, das immer noch im Auto steckt. Dessen Besitzer muss für die Gutachterkosten in Vorleistung treten.