Mechernich – Am Ende war es eine ganz besondere Lit.Eifel-Veranstaltung – so viel steht fest. Und mit rund 150 Besuchern auch die bislang am besten besuchte Lesung dieser Saison. In der Bewertung des Abends aber gehen die Meinungen weit auseinander.
Lob von Norbert Scheuer
„Ich fand es nicht nur gut, ich fand es großartig, dass die Lit.Eifel das gemacht hat“, sagte der Schriftsteller Norbert Scheuer („Winterbienen“, „Mutabor“) aus Keldenich. Die wegen ihrer Aussagen zu den Ursachen des Ukraine-Krieges umstrittene Autorin Gabriele Krone-Schmalz zu einer Lesung in die Aula des Mechernicher Gymnasiums am Turmhof einzuladen, sei eine „herausragende Aktion“ gewesen, so der Bestseller-Autor: „Es müssen einfach die verschiedenen Sichtweisen, die es bei Konflikten nun einmal gibt, auch öffentlich und in den Medien vorkommen.“
Kritik von Udo Lielischkies
In diesem Punkt stimmt Scheuer mit Udo Lielischkies, einem weiteren ausgewiesenen Russland-Kenner, überein. „Grundsätzlich ist es wichtig, in einer Demokratie beide Seiten zu hören“, sagte Lielischkies, der die Veranstaltung in der Mechernicher Schulaula ebenso wie Scheuer besucht und der im April an gleicher Stelle ebenfalls über den Krieg in der Ukraine referiert hatte.
„Aber Frau Krone-Schmalz bringt leider immer nur das völlig falsche Narrativ über die Schuld des Westens am Krieg in der Ukraine“, so der ehemalige Leiter des ARD-Studios in Moskau. „Wenn man eine so umstrittene Referentin wie Frau Krone-Schmalz einlädt, dann sollte man im Dialog-Teil aber auch jemanden haben, der kompetent dagegen halten kann“, kritisierte der in Kommern aufgewachsene TV-Journalist im Ruhestand („Ich hätte den Gegenpart gerne übernommen!“) unverhohlen die Gesprächsführung von Ursula Weidenfeld.
Dr. Ursula Weidenfeld als Moderatorin verpflichtet
Die Wirtschaftsjournalistin Weidenfeld, die wie Lielischkies ihr Abitur einst am Mechernicher Gymnasium abgelegt hat, war von den Machern des Festivals Lit.Eifel als Moderatorin verpflichtet worden, nachdem es bereits im Vorfeld der Veranstaltung Kritik an der Einladung von Krone-Schmalz gegeben hatte.
Es gelang Weidenfeld aber nur ansatzweise, den von Krone-Schmalz vorgetragenen Thesen Fakten entgegenzusetzen. Auch die Einbindung des Publikums war holprig. „Das war tatsächlich sehr schade, man hätte den Fragen der Besucher mehr Raum einräumen müssen“, fand auch Norbert Scheuer.
Lit.Eifel hielt trotz Kritik an Veranstaltung fest
Es habe massive Versuche von „einigen Professoren und Historikern“ gegeben, Krone-Schmalz mundtot zu machen, berichtete Margareta Ritter, die Vorsitzende des Vereins Lit.Eifel. Alle Unterstützer des Festivals hätten den Verein aber darin bestärkt, im Sinne der Meinungsfreiheit an der Veranstaltung festzuhalten.
Obwohl man nicht wirklich mit größeren Stör-Aktionen gerechnet habe (Ritter: „Es gab keine Drohungen“), seien „als reine Vorsichtsmaßnahme“ zwei Security-Mitarbeiter einer privaten Sicherheitsfirma in Mechernich gewesen. Ob es für sie neu gewesen sei, flankiert von zwei Aufpassern aufzutreten oder im Anschluss an die Veranstaltung Bücher zu signieren? „Nein, seit Beginn des Ukraine-Kriegs ist das eher der Normalfall“, berichtete Krone-Schmalz.
Autorin sieht sich im medialen Abseits
Sie beklagte, dass sie mit ihren Aussagen zur russischen Politik und zu den Ursachen des Ukraine-Krieges zunehmend in ein mediales Abseits gestellt werde. „Man muss Meinungen ja nicht teilen, aber man sollte zulassen, dass es sie gibt“, sagte Krone-Schmalz zu Beginn ihres Vortrags.
Dass es in Mechernich keine herkömmliche Lesung ihres 2017 erschienenen Buchs „Eiszeit – Wie Russland dämonisiert wird und warum das so gefährlich ist“ geben werde, war von vornherein klar. „Wir haben ja schließlich gesehen, wie gefährlich das war. Und ja: Ich habe mich geirrt, als ich vor Kriegsbeginn gesagt habe, dass Putin nicht in die Ukraine einmarschieren werde“, gab die Autorin zu.
Umstrittene Thesen der Autorin
Trotzdem: Für Krone-Schmalz liegen die Ursachen des Krieges in einer Aggressionspolitik der Nato gegenüber Russland und in nicht eingehaltenen Zusagen der Ukraine aus den Minsker Abkommen begründet. Russland habe ein Recht auf seine Sicherheit, und daher sei die Nato-Osterweiterung auch „einer der größten Fehler seit Ende des Zweiten Weltkriegs“, so die Autorin.
Die baltischen Länder und Polen hätten ihre Probleme mit Russland mit in die EU und die Nato gebracht, was dem Verhältnis der westeuropäischen Staaten zu Russland insgesamt geschadet habe.
Und was könnte den Krieg in der Ukraine endlich beenden? „Alle Parteien müssen gesichtswahrend aus der Situation herauskommen“, sagte Krone-Schmalz. Es könne jetzt nur darum gehen, den Krieg so schnell wie möglich zu beenden: „Ich hoffe, dass im Hintergrund die Geheimdiplomatie aktiv ist.“