Luchs- und Wolfsberater Markus Wunsch wünscht sich eine Art Eingreiftrupp, Schäfer Georg Bungart ist für Abschüsse ohne Schonzeit.
Noch kein RudelBefürworter und Gegner fordern Vorbereitung auf Wolf im Kreis Euskirchen
Unversöhnlich stehen sich nach wie vor die Lager der Befürworter und Gegner der Rückkehr des Wolfes gegenüber. Die Argumente sind ausgetauscht, das Misstrauen ist groß. Berichten der jeweils anderen Seite wird nahezu grundsätzlich unterstellt, fehlerhaft zu sein.
Doch bisher ging der Kern dieser Debatte am Kreis Euskirchen vorbei: Noch gibt es, anders als in den benachbarten Regionen, keine Belege für eine dauerhafte Anwesenheit des Wolfes.
Im belgischen Grenzgebiet leben drei Wolfsrudel
Ist er tatsächlich nicht da oder vielleicht doch schon? Da der Wolf keine Meldezettel ausfüllt, besteht da eine Unsicherheit. Luchs- und Wolfsberater Markus Wunsch ist überzeugt, dass die Frage nicht lautet, ob der Wolf in den Kreis Euskirchen einzieht, sondern nur noch wann. Denn weit hat er es nicht mehr.
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„Wir waren überrascht, bei einem Termin mit den belgischen Kollegen zu hören, dass mittlerweile drei Wolfsrudel im Grenzgebiet auf der belgischen Seite leben“, sagt er. Alle drei Rudel haben sich demnach rund um den Truppenübungsplatz Elsenborn angesiedelt. In der Regel seien das Tiere, die einmal auf der deutschen Seite der Grenze gewesen, dann aber wieder zurückgekehrt seien. Die Experten gehen deshalb davon aus, dass auch auf deutscher Seite eine Rudelbildung bevorsteht. „Ich rechne mit maximal drei Jahren“, so Wunsch.
Auch in der Eifel wurden schon Nutztiere von Wölfen gerissen
Schon seit die ersten Wölfe durch die Eifel zogen und das Lanuv das Wolfsgebiet Eifel-Hohes Venn mit einer Größe von 505 Quadratkilometern deklarierte, gibt es Diskussion zwischen Naturschützern und Tierhaltern. Letztere machen sich Sorgen um ihre Tiere. Denn immer wieder werden, auch in der Eifel, Risse von Nutztieren bekannt.
Georg Bungart ist Schäfer in Bad Münstereifel-Wald und ein entschiedener Wolfsgegner. „Der Wolf gehört hier nicht hin“, beharrt er. Die Leute hätten sich überlegt, der Wolf solle hier sein und das Wild regulieren. Doch der Gedanke sei nicht zu Ende gedacht. Und: „Alle Wölfe hier sind aus der Kiste, die sind ausgesetzt“, sagt er – einen Beleg dafür führt er jedoch nicht an.
Wunsch widerspricht dieser Behauptung entschieden. „Die Wölfe sind alle genetisch erfasst und kommen nachweislich entweder aus den Alpen oder Polen.“ Der Wolf betreibe schlicht und einfach Landgewinn. In Südtirol sei tatsächlich vor Jahren versucht worden, Gehegewölfe freizulassen. Doch der Versuch sei gescheitert, da die Wölfe Menschen gewohnt gewesen seien und keine Angst vor den Menschen gehabt hätten. Diese Tiere hätten alle getötet werden müssen.
Schäfer aus der Eifel ist für den Abschuss des Wolfes
Doch Bungert legt nach in seiner Kritik. Für die Schäfer sei der Wolf die Katastrophe. „Bei uns leben zwei Familien davon, wir haben 1000 Schafe“, berichtet er. Sein Sohn sei ebenfalls Schäfer und arbeite mit ihm zusammen. „Es geht dabei nicht um drei kaputte Schafe“, sagt er. Aber die Tiere seien dann nicht mehr im Zaum, könnten nicht mehr getrieben werden.
Dabei betreibe gerade er seit Jahren Naturschutz. Zwei alte, vom Aussterben bedrohte Schafrassen – Coburger Füchse und Rhönschafe – züchte er. „Davon gibt es weniger als Wölfe“, betont er. Mit seinen Tieren gehe er vor allem in Naturschutzgebiete und halte dort die Landschaft frei. „So geht die Artenvielfalt vor die Hunde“, sagt Bungart. Erst werde er von den Naturschützern gefeiert, weil er mit seinen Schafen Naturschutz betreibe und dann komme der Wolf. Und was passiere, wenn der einen Menschen töte? Schließlich handele es sich immer noch um ein Raubtier. „Wir werden nicht mehr Herr darüber. Der Wolf sollte ohne Schonzeit geschossen werden“, fordert er unmissverständlich.
Kleintiere kann man laut Experte mit Zaun vor Wolf schützen
Alle Wiesen und Weiden in Niedersachsen wolfssicher einzuzäunen, würde zwei Milliarden Euro kosten, sagt er mit Bezug auf einen Zeitschriftenartikel. Für ihn selbst sei es kaum möglich, seine Schafsherden komplett mit einem Zaun zu schützen. Mehrere Gruppen sind es, mit denen er und sein Sohn in verschiedenen Gebieten unterwegs sind. Darüber hinaus liege seine Schäferei nicht im Wolfsgebiet, weshalb er keine Unterstützung für Einzäunungen bekomme. „Ein Kollege von mir hat gesagt, wenn bei ihm ein Wolfsriss sei, dann höre er auf“, sagt Bungart.
Luchs- und Wolfsberater Wunsch sieht zumindest bei kleineren Nutztieren die Chancen, diese durch einen Zaun zu schützen. „In der Eifel sind seit 100 Jahren keine vernünftigen Zäune gebaut worden“, sagt er. Um seine eigenen Schafe habe er keine Angst, da gebe es einen stabilen Zaun. Anders sei das natürlich bei Wanderschäfern und auch bei Großvieh, bei denen die sichere Umzäunung kaum zu leisten sei.
Der Wolfsmanagementplan des Landes habe ein Loch, darauf weisen vor allem Großtierhalter immer wieder hin. Rinder und Pferde sind von der Förderung wolfssicherer Zäune ausgenommen – auch in den ausgewiesenen Wolfsgebieten. Der Wolf sehe derart große Tiere nicht als potenzielle Beute an, so die Begründung. Doch für viele Großviehhalter ist es finanziell und vom Aufwand her unmöglich, mehrere Hektar Weideland wolfssicher einzuzäunen.
Experte fordert bessere Vorbereitung auf den Wolf
Wunsch hat eine differenzierte Sicht auf die Rückkehr des Wolfes. „Solange wir hier Einzeltiere haben, ist es machbar“, sagt er. Anders sei es dagegen, wenn ein Tier territorial werde oder sich sogar ein Rudel ansiedele. Bisher seien hier keine Großtiere gerissen worden, doch nicht nur das könne sich nach Wunschs Einschätzung bei der Anwesenheit eines Rudels anders werden. Dann könnten sich die Tiere bei der Jagd gegenseitig anstacheln.
„Jüngere Wölfe testen sich aus, da kann es auch zu Unfällen kommen“, warnt er. Es seien Wildtiere, die auch aggressiv werden können. „Das ist für die Wölfe ein normales Verhalten, deshalb ist wichtig, dass sie lernen, dass der Mensch gefährlich und tabu ist“, fordert er. Bei Anwesenheit eines Rudels sei eine angepasste Förderrichtlinie erforderlich und ein anderer Managementplan, in dem auch „Vergrämungsmaßnahmen“ vorgesehen seien.
Letztere sind gemäß der NRW-Wolfsverordnung zulässig, wenn ein Wolf sich mehrfach Menschen auf weniger als 30 Meter nähert und sich nicht verscheuchen lässt. Eingesetzt werden dürfen beispielsweise Gummigeschosse, Warn- und Schreckschüsse oder Blendvorrichtungen. Mit Ausnahme kleiner Hautwunden und Hämatome dürfen die Wölfe aber nicht verletzt werden.
„Man muss auch die Großviehbesitzer mitnehmen“, betont er. Wenn gewollt sei, dass der Wolf hierbleibe, müssten ihm seine Räume zugewiesen werden. „Dem Wolf muss klargemacht werden, dass er Menschen und Tiere in Ruhe zu lassen hat“, fordert er. Seiner Meinung nach sollte es eine Art Eingreiftruppe in Sachen Wolf auf Kreisebene geben, etwa, um Erkenntnisse und Ereignisse zu sammeln. „Wir müssen uns jetzt vorbereiten, bevor es ein Rudel bei uns gibt“, drängt er zur Eile.
Wolfs-Sichtungen im Kreis Euskirchen
Für das Monitoringjahr 2022/23 sind, Stand Oktober 2023, laut Bundesamt für den Naturschutz (BFN) und der Dokumentations- und Beratungsstelle des Bundes zum Thema Wolf (DBBW) in Deutschland 184 Wolfsrudel, 47 Paare und 22 sesshafte Einzelwölfe bestätigt.
1339 Wolfsindividuen verschiedenen Alters seien nachgewiesen worden, 159 tot gefunden worden. Der Deutsche Bauernverband (DBV) rechnete aus diesen Zahlen und Nabu-Angaben für 2023 eine Zahl von rund 1500 bis 2700 Wölfen in Deutschland hoch. Die Anzahl getöteter oder verwundeter Nutztiere gibt der DBV für 2022 mit 225 an.
Durch eine Genanalyse des Senckenberg-Instituts wurde der bislang letzte einem konkreten Tier zuzuordnende Nutztierriss in der Eifel am 25. Juli im Stadtgebiet Monschau verzeichnet. Ein Schaf war tot und eins verletzt, es musste später eingeschläfert werden. Gerissen hatte sie ein Wolfs-Weibchen aus dem Hohen Venn. Im August wurden von einem Rüde aus dem gleichen Rudel zwei Wildtierrisse bestätigt.
Im Kreis Euskirchen sind die jüngsten Nachweise zwei bestätigte Sichtungen in Schleiden Anfang Mai 2023 und eine Aufnahme aus einer Wildtierkamera bei Weilerswist im April dieses Jahres.