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Nur Fell und Knochen übrigSchleidener Kalb könnte von Wolf gerissen worden sein

Lesezeit 4 Minuten

Die Schottischen Hochlandrinder von Simon Breuer sind sehr zutraulich.

Schleiden-Schöneseiffen – Simon Breuer aus Schöneseiffen ist stinksauer. Er fühlt sich vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (Lanuv) nicht ernst genommen. Breuer hält Schottische Hochlandrinder und hatte dem Lanuv Anfang März gemeldet, dass eines seiner Kälber auf einer Weide kaum 100 Meter von seinem Haus getötet worden war.

Doch während für den Nebenerwerbslandwirt und Jäger klar war, dass mehrere Wölfe für den Riss verantwortlich waren, ist für das Landesamt die Todesursache unklar. Dass das Lanuv dazu noch schreibt, der Todeszeitpunkt des Kalbs liege wohl schon länger zurück, bringt Breuer erst recht auf die Palme: „Das liest sich ja so, als wenn wir keinen Überblick über unsere Tiere hätten und nicht merken würden, wenn eins tot auf der Weide liegt. Wir schauen täglich nach unseren Tieren, wenn Kälber erwartet werden sogar mehrfach am Tag.“

16 Hochlandrinder am Ortsrand Schöneseiffen

Breuer arbeitet als Wirtschaftsingenieur und hat nach eigenen Angaben 2014 mit seinem Bruder Alexander den Betrieb der Eltern übernommen, der am Ortsrand von Schöneseiffen in Richtung Monschau liegt. „Früher hatten wir um die 100 Kühe. Da der Hof nun im Nebenerwerb bewirtschaftet wird, sind es jetzt nur noch 16 Hochlandrinder und einige Kälber“, erklärt der Schöneseiffener.

Kurz nach der Geburt des Kalbs hatte Simon Breuer ein Foto von dem Tier gemacht.

Schon vor 20 Jahren sei der Betrieb auf Bio umgestellt worden. „Die Tiere sind mein Hobby, ich kenne sie alle mit Namen. Sie sind sehr gutmütig“, sagt der Landwirt. Mehrere langgezogene Pfiffe von Breuer und die Aufforderung „Komm“ reichen denn auch aus, um die Tiere von der Weide in den Stall zu holen. „Wenn im März und April die Kälber kommen, ist die ganze Familie aufgeregt“, erzählt der Vater von drei Töchtern.

Einige Wolfsrisse in der Region

Das Kalb, dass er am 10. März tot auf seiner Weide gefunden hatte, sei erst einen Tag alt gewesen. „Nur das Fell und die Knochen sind übrig geblieben“, sagt Breuer und zeigt Fotos von dem Fund. Sein Vater, der auch Jäger ist, und er sind sich sicher, dass zwei Wölfe das Kalb gerissen haben.

Das habe ihm auch der Revierförster und Wolfsberater Markus Wunsch bestätigt. Wunsch erklärte gestern auf Anfrage dieser Zeitung: „Es ist vorstellbar, dass es ein Wolf war, aber das Lanuv kommt zu einem anderen Ergebnis.“ In der Region habe es in jüngster Zeit einige Wolfsrisse gegeben.

Nur Fell und Knochen blieben von dem Kalb übrig.

„Bis jetzt hatten wir aber noch kein gerissenes Kalb, weil Großvieh normalerweise keine Probleme mit dem Wolf hat.“ Breuer verweist darauf, dass ihm die Dürener Kreisstelle der Landwirtschaftskammer bestätigt habe, dass Wölfe auch Kälber reißen würden. In der Nähe von Simmerath habe es jüngst einen ähnlichen Fall gegeben.

Todesursache laut Launv unklar

„Nach dem Zustand des Kadavers zu urteilen, liegt der Todeszeitpunkt schon länger zurück, und die Todesursache bleibt somit unklar“, teilt dagegen das Lanuv mit und rät bei unklaren Todesfällen zu einer tierpathologischen Untersuchung der Körper im Chemischen und Veterinäruntersuchungsamt in Krefeld.

Gleich hinter dem Haus liegen die Wiesen für die Rinder.

Außerdem wird auf die Herdenschutzberatung der Landwirtschaftskammern hingewiesen. Dazu Breuer: „Zum Herdenschutz hatte ich bereits Informationen eingeholt. Für Rindviehhalter gibt es nach Auskunft der Landwirtschaftskammer keinerlei Fördermöglichkeiten.“ Er bekomme also im Gegensatz zu Haltern von Schafen oder Ponys keine Entschädigung und auch keine Förderungen für Schutzmaßnahmen.

Verwundert ist Breuer, dass das Lanuv mit keinem Wort die Proben erwähnt, die Wunsch genommen hatte. Das Amt wolle die Probleme wohl unter den Tisch kehren.

Angefressenes Hirschkalb im Nationalpark

Das getötete Kalb sei erst einen Tag zuvor auf die Welt gekommen. Er habe Fotos von dem Tier und könne auch eine Zeugin benennen: „Der Todeszeitpunkt kann also gar nicht länger zurückliegen.“ Seit Ende vergangenen Jahres habe es zwei weitere Vorfälle gegeben, für die wohl zwei Wölfe verantwortlich seien. „Im Nationalpark wurde Ende 2021 ein angefressenes Hirschkalb gefunden. Im April wurde ein Reh an den Windrädern in Schöneseiffen attackiert“, berichtet Breuer. Die Spurenlage bei dem Fall sei eindeutig: „Das waren zwei Wölfe.“

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Sorgen bereitet Breuer auch, dass sein Kalb nur rund 100 Meter von seinem Haus entfernt getötet wurde: „Da muss man sich schon überlegen, ob man es verantworten kann, dass Kinder im Sommer auf einer Wiese in der Nähe des Hauses zelten dürfen.“