Euskirchen – Seit dem ersten Arbeitstag von Dr. Uwe Friedl im Rathaus hat sich in Euskirchen vieles geändert. Kein Wunder: Der CDU-Mann amtiert schon rund 21 Jahre als Bürgermeister – ein ungewöhnlich langer Zeitraum. Nun neigt sich die Ära Friedl dem Ende entgegen. Um seine Nachfolge bewerben sich fünf Frauen und Männer, auch Ratswahlen stehen auf dem Programm.
Die neue Stadtvertretung wird an vielen Stellen fortsetzen, was die jetzigen Fraktionen in Gang gesetzt haben. Man denke etwa an das Integrierte Stadtentwicklungskonzept, mit dem das an einigen Punkten in die Jahre gekommene Euskirchener Zentrum attraktiver und lebenswerter werden soll. Gleichzeitig will man so den Handel stützen und den Leerstand bekämpfen.
Problemfall Alstadtquartier
Bei der Umsetzung müssen die Politikerinnen und Politiker darauf achten, dass es besser läuft als bei zwei anderen groß angelegten Projekten der jüngeren Vergangenheit. Das Konzept für die Aufwertung des Viehplätzchen-Viertels hat trotz großer Bemühungen nicht die gewünschte Wirkung erzielt – das Altstadtquartier ist immer noch ein Problemfall.
Und auch die vielen guten Ideen für den Ortsteil Kuchenheim harren der Realisierung; das mit hohem Aufwand erstellte Handlungskonzept ist in der Schublade gelandet. Die geplante Neuauflage muss besser vorbereitet werden, damit den seit Jahrzehnten vom Durchgangsverkehr geplagten Dorfbewohnern endlich geholfen wird.
Auswirkung des Palmenparadies noch unklar
Kuchenheim ist freilich ein treffendes Beispiel für jene Fälle, in denen die Stadt auf das Zutun anderer Beteiligter angewiesen ist, hier auf höher angesiedelte Straßenbaubehörden. Auch bei der Entwicklung der „Prime Site Rhine Region“, der großen NRW-Industriesonderfläche am Silberberg, kommt Euskirchen allein nicht voran. Hier sind ein Investor und das Land die entscheidenden Akteure.
In Uwe Friedls Amtszeit hat Euskirchen zwei Magneten hinzugewonnen, die Tag für Tag auch etliche Auswärtige anlocken: die weit über die Landesgrenzen hinaus bekannte Therme der Wund-Stiftung am Stadtrand und das Veybach-Center im Zentrum. Beide Bauvorhaben hat der Bürgermeister hartnäckig vorangetrieben. In welcher Weise die Stadt – abgesehen vom gestiegenen Bekanntheitsgrad – von dem 2015 eröffneten Palmenparadies profitiert, ist noch nicht zu erkennen. Ziel war es ja, dass auch Handel und Gastronomie im Zentrum partizipieren sollen.
Mammutprojekt Baustelle Westdeutsche Steinzeugwerke
Spektakuläre Neuerungen wie die Therme gibt es nicht alle Tage. An großen Plänen, deren Realisierung der nächste Rat mit wachsamem Auge begleiten muss, mangelt es aber nicht. Als Erstes sei das neue Rathaus genannt, das an der Ecke Roitzheimer Straße/An der Vogelrute entstehen soll. Es wird zum einen der städtische Repräsentativbau schlechthin sein, zum anderen ein Leuchtturmprojekt für die Entwicklung der City-Süd hinter dem Bahnhof, mit der die Stadt seit Jahrzehnten nicht vorankommt. Auch ein Wohnmobilhafen lässt schon lange auf sich warten. Die Branche boomt, doch an Euskirchen rollen die Urlauberwagen vorbei.
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Ein regelrechtes Mammutprojekt ist das geplante Wohngebiet auf dem früheren Gelände der Westdeutschen Steinzeugwerke. Es soll Platz bieten für bis zu 3000 Menschen, ein Nahversorgungszentrum, womöglich für eine weitere Grundschule. Die Planungen werden Politik und Verwaltung viel Detailarbeit abverlangen. Das Gleiche gilt, wenn auch in einer kleineren Dimension, für den Sportpark an der Kirschenallee. Sehr wichtig für die Kernstadt und eine Reihe von Ortsteilen ist auch der Ausbau des Kita-Angebots. Nach dem Stand von Ende 2019 braucht Euskirchen in den kommenden Jahren 27 zusätzliche Kindergartengruppen – eine echte Herausforderung.
Der hohe Bedarf ist unter anderem auf die neuen Wohnbauflächen zurückzuführen, die die Stadt in den zurückliegenden Jahren ausgewiesen hat. Egal, ob beispielsweise in der Kernstadt, in Stotzheim oder Kuchenheim – die Grundstücke waren in der Regel schnell vergriffen. Die Nachfrage zeigt, dass Euskirchen als Wohnstandort attraktiv ist. Für den künftigen Rat ergibt sich daraus die Verpflichtung, die Entwicklung der Stadt mit Vernunft, Mut und Kreativität zu steuern – und am besten ohne überflüssiges Gezänk.