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Klimakrise im KreisKröten und Co. leiden – Diese Lösungsansätze gibt es

Lesezeit 7 Minuten

Kröten und andere Amphibien im Kreis sind durch die Klimakrise besonders betroffen.

  1. In unserer Serie „In Sachen Klima“ betrachten wir die Klima-Krsie bei uns vor der Haustür. Was ist der Status-Quo? Was kann und muss sich vielleicht verändern?
  2. Auch die Biodiversität im Kreis leidet. Die Autoren des Klimawandelanpassungskonzept befürchten, dass nicht alle Arten im Kreis überleben werden.
  3. Wir haben bei Experten nachgefragt, was man tun kann.

Kreis Euskirchen – Trockenere Sommer und steigende Temperaturen – die Folgen der Klimakrise wirken sich auch auf die Artenvielfalt im Kreis aus. „Das sich rasch ändernde Klima stellt eine der größten Herausforderungen für die Biodiversität heute und in Zukunft dar“, heißt es dazu im neuen Klimawandelanpassungskonzept, das derzeit beraten wird. „Eine Bewahrung der Biodiversität wird auch im Kreis Euskirchen künftig nicht in allen Fällen möglich sein.“

Der Rückgang der Artenvielfalt werde von vielen Faktoren beeinflusst, sagen Verena Kochs und Rebekka Vogel. Beide arbeiten bei der Unteren Naturschutzbehörde des Kreises. Die Klimakrise sei nur einer dieser Faktoren und habe auch nicht auf alle Arten im Kreis gravierende Auswirkungen. Aber auf manche schon.

So befürchte sie, dass sich durch die klimatischen Veränderungen neue, im Kreis nicht heimische, wärmeliebende Arten ausbreiten und heimische Arten vertreiben könnten, sagt Vogel. Zudem verleiteten klimatisch bedingte Ernteausfälle und Futterknappheit Landwirte dazu, mehr Dünger einzusetzen und häufiger zu mähen. Beides sei schlecht für die Artenvielfalt.

Vertragsnaturschutz als Lösung in der Landwirtschaft

Helfen könne bei letzterem der Vertragsnaturschutz, so Kochs. Hierbei erhalten Landwirte für die naturschutzgerechte Nutzung ihrer Flächen Ausgleichszahlungen. Im Kreis Euskirchen gebe es bereits mehr als 3000 Hektar solcher Vertragsnaturschutzflächen, berichtet Kochs. Das sind gerade einmal fünf Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Fläche im Kreis. Im NRW-weiten Vergleich liege man damit aber vorne, sagt Kochs. Und die Nachfrage steige.

Neben diesem indirekten Einfluss der Klimakrise auf Arten in Offenlandschaften gebe es im Kreis auch Biotope, auf die die Klimakrise direkt massive Auswirkungen habe, sagt Vogel. „Gerade die ganzen Feuchtgebiete sind vom Klimawandel betroffen.“ Weniger Niederschlag im Sommer und steigende Temperaturen seien Ursache dafür, dass kleinere Fließgewässer und Teiche im Sommer trocken fallen. Sumpfwälder und Moore sind laut Klimawandelanpassungskonzept „in besonderem Maß gefährdet“. Sie habe Sorge, dass ganze Biotope verloren gehen könnten. Und damit auch die dort lebenden Amphibien und Pflanzen, sagt Vogel. Das wiederum habe Folgen für andere Arten, beispielsweise für den Schwarzstorch, der sich von Fischen und Amphibien ernähre.

Kalkarer Moor noch zu retten?

Laut den Autoren des Konzeptes ist diese Situation am Kalkarer Moor in Bad Münstereifel schon eingetreten. Dieses sei „bereits vollständig degradiert“, heißt es. Verena Kochs widerspricht: „Wir haben ein eigenes Gutachten durch einen Moorexperten erstellen lassen, der zum Schluss kommt, dass da trotz erheblicher Degeneration noch Potenzial vorhanden ist und die Renaturierung nicht völlig unrealistisch ist.“ Langfristig wolle der Kreis diese Chance mit gezielten Pflegearbeiten nutzen. Sie und Vogel jedenfalls haben noch Hoffnung für das Moor.

Neben dem Verlust von Feuchtgebieten gibt es noch ein weiteres Problem für die Amphibien, das mit der Klimakrise zusammenhängt. Es heißt: Batrachochytrium salamandrivorans. Ein für Salamander giftiger Pilz, der sich aufgrund der für ihn günstigeren klimatischen Bedingungen nun verstärkt ausbreiten könnte, so die Darstellung im Klimawandelanpassungskonzept.

„Die können wir nicht einfach aussterben lassen“

„Das ist tatsächlich schon ein großes Problem“, sagt Vogel. Bislang sei noch kein Fall bekannt, bei dem ein Tier befallen wurde und es überlebt habe. Zudem sei bisher keine Lösung in Sicht. Denn die Sporen des Pilzes seien sehr langlebig und könnten über feuchte Bodenpartikel beispielsweise an den Schuhen von Wanderern verteilt werden. Deshalb sollte man die Schuhe nachher gut durchtrocknen lassen oder desinfizieren. Chemikalien könne man gegen den Pilz schlecht einsetzen, denn damit würde man dem ganzen Biotop schaden. „Unsere Amphibien haben es tatsächlich zurzeit sehr sehr schwer“, sagt Vogel.

Jetzt könnte man sagen: So ist der Lauf der Dinge. Dann trockenen die Feuchtgebiete eben aus und es gibt weniger Amphibien. Doch mit einer solchen Einstellung können Kochs und Vogel nicht viel anfangen. Zum einen sei die Biodiversität eben ein sehr komplexes System. Fallen die einen Arten weg, habe das Konsequenzen für andere – und schlussendlich auch für uns Menschen. Zum anderen habe der Kreis Verantwortung für bestimmte Arten, die unter die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der EU fallen. „Die können wir nicht einfach aussterben lassen“, sagt Vogel. Was also tun? Feuchtgebiete künstlich bewässern? Eventuell auch das, sagt Vogel. Grundsätzlich gebe es für diese Problematik aber noch keine Modelllösung. In der Zülpicher Börde sei ein Projekt geplant, mit Hilfe dessen die Wasserreserven untersucht werden sollen. Es gehe zunächst darum, das Ausmaß des Problems zu erfassen, um dann über mögliche Lösungen nachzudenken.

Biotope vernetzen

Des Weiteren gebe es das Projekt Amphibienfreundlicher Betrieb der Biologischen Station, das Abgrabungsunternehmen und Amphibienschutz zusammenbringe (Siehe Interview nächste Seite). Das Klimawandelanpassungskonzept nennt noch Biotop-Vernetzung als eine wichtige Maßnahme, um auf die Klimakrise zu reagieren. Vogel sieht das ähnlich. So könne man verschiedene Feuchtgebiete beispielsweise über kleinere Tümpel miteinander verbinden. Zum einen gebe das den Amphibien mehr Ausweichmöglichkeiten, falls ein Gebiet zu trocken wird, zum anderen beuge es Inzucht vor.

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Zudem sollen laut Vogel alle Leiteinrichtungen im Kreis für die Krötenwanderung überprüft werden. Künftig wolle man diese so umgestalten, dass man nicht mehr auf freiwillige Helfer angewiesen sei, die die Kröten über die Straße tragen. Die Tiere sollen stattdessen durch Tunnel geleitet werden.

Eine weitere wichtige Maßnahme ist laut Klimawandelanpassungskonzept, eine belastbare Datengrundlage zu schaffen. Noch gebe es zu wenig Daten zur Biodiversität im Kreis. Auch Kochs und Vogel halten das für wichtig. Allerdings gebe es hier viele verschiedene geschützte Arten. Alle Entwicklungen zu verfolgen, wäre mit hohem personellen und zeitlichen Aufwand verbunden. Daher sei man in der Hinsicht auf Forschungsprojekte von Universitäten oder Instituten angewiesen.

Tipps zum Artenschutz im eigenen Garten

Jeder kann etwas für Artenvielfalt tun. Rebekka Vogel und Verena Kochs geben Tipps, was man im eigenen Garten leicht umsetzen kann:

1. Wilde Ecken belassen. Insekten freuten sich über Wildblumenwiesen, die man nur selten mäht und mit regionalem Saatgut bepflanzt.

2. Auf heimische Arten achten. Wer seinen Garten bepflanze, sollte auf Regionalität und auch auf das Klima achten. Also tendenziell Arten wählen, die mit trockenerem und milderem Wetter zurechtkommen, wie beispielsweise die Kornelkirsche.

Nisthilfen im Garten fördern den Artenschutz.

3. Nisthilfen für Fledermäuse, Vögel und Insekten anbringen. Das trage auch zur Schädlingsbekämpfung bei. Eine Zwergfledermaus beispielsweise könne in einer Nacht bis zu 2000 Mücken fressen.

4. Totholz liegen lassen. Nach dem Heckenschnitt solle man die Äste in einer Gartenecke liegen lassen. Darüber freuten sich Wildbienen und Reptilien.

5. Keine Beleuchtung. Wer dennoch nicht auf ein bisschen Licht im Garten verzichten wolle, solle unbedingt LED-Lampen nehmen und darauf achten, dass sie nach unten leuchten.

Wie Tagebau zum Retter für Amphibien wird

Beate Böckels ist Umweltwissenschaftlerin und arbeitet für den Tagebau Vernich in Weilerswist. Dieser gehört zu den Amphibienfreundlichen Betrieben im Kreis Euskirchen.

Beate Böckels

Was machen Sie für den Artenschutz?

Beate Böckels: Ganz allgemein stellen wir gefährdeten Amphibien einen Lebensraum zur Verfügung, den sie in der freien Landschaft so nicht mehr vorfinden.

Was bedeutet das konkret?

So wie unser Tagebau üblicherweise aussieht, ist das ein Lebensraum der Amphibien gut gefällt. Wir legen nun an Stellen, die im Tagebau gerade nicht gebraucht werden, extra Strukturen an, die sie besonders mögen. Vor allem geht es dabei um die Kreuz- und Wechselkröte. Diese haben gerne seichte Gewässer, die sich im Sommer gut aufwärmen und in denen keine Fische leben. Wir legen deshalb auf dem Tagebaugelände kleine Tümpel an, die so viel Waser führen, dass sie drei bis vier Wochen halten. Das reicht den Kröten. Außerdem sorgen wir für Versteckmöglichkeiten, indem wir Steine und Holz auslegen. Die Bereitstellung dieser Strukturen ist nicht aufwendig, denn die Geräte, um die Tümpel zu graben, sind sowieso schon vor Ort.

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Welche Auswirkungen hat das?

Es hilft den gefährdeten Amphibien. Die Arten werden in Kooperation mit der Biologischen Station kartiert. Danach enthalten wir eine entsprechende Bewertung von Stufe A bis C. Am Anfang waren wir Stufe C, jetzt sind wir schon seit einigen Jahren Stufe A. Es ist also wissenschaftlich verbrieft, das es funktioniert, was wir da tun. Und uns bringt es den Vorteil, dass wir an anderen Stellen im Tagebau ungestört arbeiten können. Dort haben wir Pfützen und Löcher entfernt, so dass wir die Kröten mit unseren schweren Geräten nicht gefährden können.