Das Bonner Landgericht will den früheren Krankenhaus-Manager auf freien Fuß setzen, doch die Staatsanwaltschaft hat Beschwerde eingelegt.
ProzessEx-Chef des Marien-Hospitals Euskirchen darf auf Ende der Untersuchungshaft hoffen
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In einem Prozess am Landgericht Bonn geht es um Baumaßnahmen der Stiftung Marien-Hospital, die unter anderem das Euskirchener Krankenhaus betreibt.
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Nach fast 14 Monaten in Untersuchungshaft darf der frühere Geschäftsführer der Stiftung Marien-Hospital hoffen, bald auf freien Fuß zu kommen. Die 18. Große Strafkammer des Bonner Landgerichts hat einen Haftverschonungsbeschluss gefasst, wie der Vorsitzende Thomas Poell am Freitag sagte. Es war der 20. Verhandlungstag im Prozess gegen den Ex-Klinikchef und zwei weitere Angeklagte. Sie sollen einen Finanzschaden in Höhe von 6,6 Millionen Euro zulasten der Stiftung verursacht haben.
Die Staatsanwaltschaft hat gegen den Verschonungsbeschluss allerdings Beschwerde eingelegt. Nun muss das Oberlandesgericht (OLG) Köln in der Sache entscheiden.
Zu den Auflagen gehört die Zahlung einer Sicherheitsleistung
Eine mögliche Entlassung aus dem Gefängnis ist an Auflagen gebunden. Unter anderem müsste der 42-Jährige eine Sicherheitsleistung hinterlegen – nach Informationen dieser Zeitung einen Betrag in Höhe von 40.000 Euro – und seinen Reisepass abgeben. Sein Mandant werde versuchen, die Kaution aufzubringen, sodass er aus der U-Haft entlassen werden könne, falls das OLG zu seinen Gunsten entscheide, sagte Verteidiger Dr. Frédéric Schneider.
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Vor Weihnachten hatte die Kammer den Antrag der Verteidigung, den Haftbefehl aufzuheben oder außer Vollzug zu setzen, noch abgelehnt. Sie begründete dies unter anderem mit Fluchtgefahr. Die Lage änderte sich, als der ehemalige Geschäftsführer im Januar sein monatelanges Schweigen brach und ein Teilgeständnis ablegte. Richter Poell erklärte daraufhin, die Kammer werde den Aufhebungsantrag neu bewerten – zum einen wegen des neuen Einlassungsverhaltens, das der 42-Jährige an den Tag legte, zum anderen mit Blick auf die mögliche Dauer des Prozesses, der Ende Oktober begonnen hatte.
Der Prozess dauert voraussichtlich mindestens bis Anfang April
Nach der ursprünglichen Planung sollte er Ende Januar abgeschlossen werden, die Kammer setzte aber schon recht früh im Verfahren weitere Termine fest. Am Freitag sagte der Vorsitzende, nach jetziger Einschätzung könne es gelingen, den Prozess Anfang April abzuschließen. Sicherheitshalber hat das Gericht allerdings 15 weitere Verhandlungstage terminiert, bis 27. Mai.
Poell äußerte sich am Freitag auch zum Zwischenstand des Verfahrens aus Sicht der Kammer. Er betonte, es handele sich um eine vorläufige Einschätzung. Die Beweisaufnahme ist noch längst nicht beendet – sollte sich jedoch nichts an der Einordnung der Kammer ändern, würde dies bedeuten, dass den drei Männern nicht alle Taten aus der Anklageschrift nachgewiesen werden könnten.
Firma stellte Euskirchener Stiftung mehr als fünf Millionen Euro in Rechnung
Unumstritten ist nach entsprechenden Geständnissen der Angeklagten, dass sie beim Bau der Tagesklinik in Mechernich einen Kampfmittelfund fingierten. Für die angeblich daraus resultierende Erdseparierung berechnete die Firma des mitangeklagten Bauunternehmers der Stiftung als Bauherrin mehr als fünf Millionen Euro.
Der damalige Geschäftsführer und der ebenfalls angeklagte frühere technische Leiter des Marien-Hospitals zeichneten Rechnungen über nicht erbrachte Leistungen ab, die Millionen flossen in mehreren Tranchen an das Bauunternehmen. Das so erlangte Geld teilten die drei Angeklagten untereinander auf.
Was ist aus Sicht des Gerichts bewiesen – und was nicht?
Nachgewiesen ist nach jetzigem Stand auch, dass der ehemalige Klinikchef sich Erdarbeiten auf seinem Privatgrundstück von der Stiftung finanzieren ließ. Auch hier soll er die Geldauszahlung freigegeben haben – für die Kammer ein Fall von Untreue in besonders schwerem Fall.
Klar ist offenbar ebenfalls, dass der Ex-Krankenhausmanager den Bauunternehmer für weitere Arbeiten auf seinem Privatgrundstück nicht entlohnte. Das Geld holte sich der Unternehmer, indem er Rechnungen für Arbeiten im Auftrag der Stiftung künstlich aufblähte.
Staatsanwaltschaft und Gericht schätzen Beweislage unterschiedlich ein
Anders als die Staatsanwaltschaft schätzt das Gericht die Beweislage bei weiteren Arbeiten ein, die die Firma überhöht abgerechnet haben soll. Entscheidend sei, so Poell, ob bei Beauftragung, Ausführung oder Abrechnung ein strafbares Verhalten in Form von Untreue oder Bestechung vorliege. In mehreren Fällen verneine die Kammer dies derzeit.
Dies gilt etwa bei einer Schotterfläche für ein temporäres Corona-Testzentrum, die die Firma auf dem Hospitalgelände in Euskirchen herrichtete. Ebenso für eine 34.000 Euro teure Blumenwiese, die der Ex-Geschäftsführer auf Kosten der Stiftung auf einer Fläche gegenüber seinem Privathaus anlegen ließ.
Während die Staatsanwaltschaft davon ausgeht, dass der Angeklagte die Wiese aus privatem Interesse in Auftrag gab, sagte Poell: „Nicht jeder leichtfertige Umgang mit fremdem Vermögen begründet den Vorwurf der Untreue.“