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Prozess in Bonn21-Jähriger aus Euskirchen soll mit Sprengsatz gedroht und Messer geworfen haben

Lesezeit 3 Minuten
Außenansicht auf das Portal des Landgerichts Bonn. Über dem Eingang steht in Großbuchstaben Landgericht.

Ein 21-jähriger Mann aus Euskirchen muss sich vor dem Landgericht Bonn verantworten.

Wegen mehrerer Vergehen, unter anderem besonders schwerer Widerstandshandlung, muss sich ein Euskirchener vor dem Landgericht verantworten.

Pseudologia phantastica – auf Deutsch zwanghaftes Lügen: Das ist die Diagnose, die ein Sachverständiger vor Gericht einem 21-jährigen Angeklagten attestierte. Der junge Mann hatte am 19. Juli vergangenen Jahres in der Euskirchener Innenstadt für einen Polizeieinsatz gesorgt, der mit der Evakuierung seiner Straße und einem Warnschuss endete.

Nun muss sich der Angeklagte, der wegen einer Intelligenzminderung unter Betreuung steht, vor der 1. Großen Strafkammer am Bonner Landgericht verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm eine besonders schwere Widerstandshandlung gegen Vollstreckungsbeamte, versuchte gefährliche Körperverletzung und Bedrohung vor. Außerdem muss sich der Mann noch wegen des Besitzes jugendpornografischer Dateien verantworten, die auf seinem iPad sichergestellt wurden.

Nach Drohung mit Sprengsatz wurden Haus evakuiert und Straße gesperrt

An jenem Sommerabend soll sich der Angeklagte das ein oder andere Gläschen – ein Promille Blutalkohol wurde schließlich bei ihm gemessen – genehmigt und die Musik aufgedreht haben. Der junge Mann wohnte in einem Mehrfamilienhaus, dessen Wohnungen ausschließlich an unter Betreuung stehende Menschen vergeben werden.

Nach Beschwerden schauten dann gegen 23 Uhr zwei Polizisten bei ihm vorbei, denen er aber nicht öffnete. Stattdessen soll er damit gedroht haben, das ganze Haus in die Luft zu jagen: Er habe einen Sprengsatz in der Wohnung. Die Beamten ließen daraufhin die Straße sperren, evakuierten das Haus und postierten sich mit gezogenen Waffen gegenüber der Wohnungstür.

Nach erneuter Ansprache öffnete der militärisch gekleidete Bewohner schließlich einen Spalt breit die Tür und warf ein Messer in Richtung der Polizei. Einer der Beamten gab daraufhin einen Warnschuss ab, der in der Wand neben der Tür einschlug. Kurze Zeit später ließ sich der Mann dann aber festnehmen, jedoch nicht ohne seine Drohung zu wiederholen, dass seine Wohnung vermint sei. Hinzugezogene Sprengstoffexperten konnten aber nach einiger Zeit Entwarnung geben.

Das Landgericht Bonn hat die Frage der Schuldfähigkeit zu klären

Vor Gericht gaben der Angeklagte und sein Verteidiger Hagen Sven Seipel ein knappes Geständnis ab: Man trete den Vorwürfen nicht entgegen. Zu seinem Leben äußerte sich der junge Mann hingegen freimütiger: Als Sohn einer Alkoholikerin zur Welt gekommen, sei er im Alter von einem Jahr von einer liebevollen Pflegefamilie aufgenommen worden, gab er vor Gericht an.

Er habe eine behütete und glückliche Kindheit erleben dürfen. Auch mehrere von ihm besuchte Förderschulen habe er erfolgreich und mit Abschluss durchlaufen. Dennoch habe er nie eine Ausbildung zu Ende gebracht. „Woran lag das denn?“, wollte die Richterin von dem Angeklagten wissen. „An mir“, erwiderte der junge Mann.

Nun muss das Gericht klären, ob der Angeklagte im Fall eines Schuldspruchs ins Gefängnis kommt oder möglicherweise wegen erheblich verminderter oder sogar aufgehobener Schuldfähigkeit dauerhaft in die Psychiatrie eingewiesen wird. Eine Entscheidung will die Kammer bis Ende dieser Woche verkünden.