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Ereignisse nach KriegsendeGeschichten über erlebte Geschichte

Lesezeit 4 Minuten

des Zülpicher Geschichtsvereins ist der Wiederaufbau des Weiertors nach dem Zweiten Weltkrieg zu sehen.

Zülpich – „Wat ich jekämpf han – wie ne Löw han ich jekämpf, evver jetz is et esu wigg“, zeigte sich Hermann-Josef Klinkhammer, Sprecher und Motor des Arbeitskreises „Zeitzeugen“ im Zülpicher Geschichtsverein erfreut und erleichtert zugleich, als praktisch zeitgleich mit dem Verkauf des letzten Exemplars von „Zülpich vor 60 Jahren“, der ersten Publikation des Arbeitskreises, die Arbeit am zweiten Band „Kriegsjahre und das Leben nach 1945 in Zülpich und im Zülpicher Land“, zu Ende gebracht war.

Nicht ganz so begeistert war Klinkhammers Ehefrau Hildegard: „Ich kann das Wort Buch nicht mehr hören.“

Viele Zeitzeugen meldeten sich

Der Autor Franz Josef Gierse berichtet in seinem Kapitel über die Währungsreform am 20. Juni 1948 folgende Begebenheit:

Alles zum Thema Zülpicher Straße (Köln)

Am Vormittag jenes denkwürdigen Montags schellte es an der Haustür und die Haushälterin Maritz, die zu diesem Zeitpunkt alleine im Haus war, öffnete dem schon lange erwarteten Klempner die Tür. „Isch komm für dat Bäcke zu repariere“, lautete seine Begrüßung.

Maritz war hin und her gerissen: Einerseits war das defekte Abflussrohr am Becken ein großes Ärgernis. Andererseits wunderte sie sich, dass der Klempner ohne einen neuerlichen Anruf plötzlich vor der Tür stand.

Schließlich ließ sie ihn rein und er reparierte den Abfluss. Nach Beendigung seiner Arbeit präsentierte er Maritz die Rechnung über 60 DM und bat um sofortige Bezahlung, da er ja – wie alle – sonst kein gültiges Geld mehr habe.

Maritz gab ihm das Geld – wenn auch mit großen Bedenken. Gierses Eltern zeigte sie nach deren Heimkehr mit zweifelndem Stolz das abgedichtete Küchenbecken.

Es müssen danach wohl Worte von großer Klarheit über Zeitpunkt und Höhe ihrer ersten Transaktion mit dem neuen Geld gesprochen worden sein. Als wir abends vom Nachmittagsunterricht nach Hause kamen, war die Stimmung in der Familie ziemlich eisig. (ces)

Für ihr großes Verständnis erhielt sie jetzt während der Vorstellung des neuen Buchs von Margit Adams-Scheuer und Ralf Engels als Vorsitzende des Zülpicher Geschichtsvereins einen großen Blumenstrauß.

Engels und Adams-Scheuer betonten ausdrücklich, wie stolz sie sind, einem Verein vorstehen zu dürfen, der so viel Engagement an den Tag legt. „Immerhin hat der Arbeitskreis im Abstand von nur wenigen Jahren gleich zwei Publikationen herausgebracht“, so Engels.

Da das 2006 erschienene Buch „Zülpich vor 60 Jahren“, das sich vor allem mit den Geschehnissen während des Zweiten Weltkriegs befasst, mit einer Auflage von 1000 Stück bereits vergriffen ist, wurde die zweite Publikation in einer Auflage von 1500 Stück gedruckt. „Wir waren so frech, in den Einband 1. Auflage zu drucken“, so Engels schmunzelnd. Er selbst habe erfahren, dass Schüler den Krieg und seine Folgen nur aus dem Fernsehen oder von Videospielen her kennen: „Deshalb ist es wichtig, dass Zeitzeugen ihnen diese Zeit näher bringen, wie zum Beispiel mit diesem Buch.“

Für Zülpichs Bürgermeister Albert Bergmann, der zur Vorstellung der neuen Publikation in die Geschichtswerkstatt der Landesburg gekommen war, hat das Buch zwei Aspekte: „Zum einen für junge Leute, die hier nachlesen können, wie die Menschen im und nach dem Krieg gelebt haben. Ältere Leute hingegen können hier nachblättern und sich an ihre eigenen Erlebnisse erinnern.“

Hermann-Josef Klinkhammer berichtete, dass sich nach der Veröffentlichung von „Zülpich vor 60 Jahren“, das ebenfalls auf Berichten von Zeitzeugen basiert, viele weitere Zeitzeugen mit Bildmaterial an ihn gewandt hätten. „Unter anderem haben wir diese Berichte für unser zweites Buch verwandt.“

So wie den von Kathinka Kleinert, die die sogenannte Reichspogromnacht als Sechsjährige in ihrem Heimatdorf Sinzenich erlebte. Ihr Vater wurde als „Judenfreund“ 1938 von der SA verhaftet und ins KZ Sachsenhausen gebracht. 1939 wurde er unter der „Amnestie zu Führers Geburtstag“ wieder freigelassen. „Ich habe ihn nicht mehr erkannt, als er nach Hause kam“, berichtet Kathinka Kleinert.

Über den Luftschutzstollen unter dem Zülpicher Marktplatz berichten Anna Gemmeker und Hermann-Josef Klinkhammer. Er war 1944 gebaut worden und ab September desselben Jahres für die Bevölkerung geöffnet. „Die ersten Besucher des Stollens waren vermutlich wir Schulkinder der Volksschule vom Münsterberg“, so Klinkhammer. Anna Gemmeker verbrachte vor dem Kriegsende viele Tage in dem Luftschutzstollen.

Das Buch „Kriegsjahre und das Leben nach 1945 in Zülpich und im Zülpicher Land“ ist zum Preis von 12,50 Euro im Buchhandel, im Bademuseum und im I-Punkt in der Landesburg zu erwerben. ISBN 978-3-00-043751-9