Zwei Unternehmen haben den Flugplatz in der Eifel verlassen und erheben Vorwürfe. Zudem schreibt die Dahlemer Binz konstant rote Zahlen.
Flugplatz in der EifelRund um die Dahlemer Binz gibt es massive Kritik an der Gemeinde
Wie lässt sich das strukturelle Defizit beim Betrieb des Verkehrslandeplatzes Dahlemer Binz reduzieren? Der Streit darüber dauert schon Jahre. Jetzt erheben zwei Unternehmer, die auf dem Flugplatz Freizeitangebote und ein Hotel mit Restaurant betrieben hatten, schwere Vorwürfe gegenüber der Gemeinde als alleinige Geschäftsführerin der Flugplatz GmbH.
Die Fallschirmspringer haben pro Jahr mehrere hundert Sprünge absolviert
„Man hat zwei für einen funktionierenden Flugplatz wichtige Unternehmen vom Hof gejagt.“ Wolfgang Klein, bis Februar dieses Jahres Inhaber des Fallschirmsport-Anbieters Sky-Fun GmbH in Köln, findet klare Worte. Einige Jahre war sein Unternehmen auf der Binz mit einer Fallschirmsprungschule vertreten. Mehrere hundert Sprünge wurden pro Jahr absolviert, der „Sky-Fun-Platz“ in der Eifel war in der Szene ein Begriff. Doch dann kam Corona und danach noch mehr Probleme.
Klein bemüht sich um Diplomatie, doch die hält er nicht immer durch. Seine Kritik richtet sich an die Geschäftsführer der Flugplatzgesellschaft, Bürgermeister Jan Lembach und seinen Allgemeinen Vertreter Erwin Bungartz. Sie vertreten die Gemeinde Dahlem, die 1981 die Binz vom Kreis Euskirchen als alleinige Gesellschafterin übernommen hat.
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In mehreren Gesprächen mit Lembach und Bungartz sowie nach Informationen der Redaktion einer nicht-öffentlichen Runde 2023 mit den Fraktionsvertretern im – ebenfalls nur nicht-öffentlich tagenden – Flugplatzausschuss will Klein seine Beschwerden vorgetragen haben. Warum beim Gespräch mit den Kommunalpolitikern ausgerechnet die Mehrheitsfraktion der CDU nicht eingeladen war, ist unklar.
Vorwürfe: Flugbenzin wurde immer teurer, Hallen wurden gekündigt
Klein geht es um folgende Punkte: Zum einen seien die Landegebühren und auch die Kosten für das Flugbenzin – die Binz hat als Verkehrslandeplatz eine eigene Zapfsäule – immer wieder erhöht worden. Das bestätigt Erwin Bungartz für die Geschäftsführung der Flugplatz GmbH: „Das waren meiner Meinung nach Anpassungen, wie sie üblich sind.“
Zudem seien ihm, so Klein, die Unterstellplätze in zwei Hallen aufgekündigt worden, die letzte Kündigung stehe Ende Oktober dieses Jahres an. Auch das bestätigt Bungartz. Zu Kleins Aussage, dass die GmbH Eigenbedarf geltend gemacht habe, stellt Bungartz nur fest, „dass alle Plätze wieder vermietet worden sind.“ Man habe ihm schlicht „das Gefühl gegeben, nicht mehr willkommen zu sein“, so fasst Klein seinen Eindruck vom Umgang der Flugplatz GmbH mit seinem Unternehmen zusammen.
Hotel und Restaurant an der Dahlemer Binz sind geschlossen
Ähnliche Gefühle hat auch der Heimbacher Unternehmer Jochen Weiden. Weiden hat seit gut einem Jahr sein Hotel und Restaurant am Rand des Flugplatzgeländes geschlossen. Seine „Air Academy“, auf die ein großes Werbeplakat an der Fassade hinweist, bietet keine Kurse mehr an. „Es fehlen etwa Parkmöglichkeiten für die Flugzeuge näher am Hotel. Das sind jetzt 500 Meter, die läuft aber keiner mehr nach der Landung“, so Weiden. Man habe ihm zu viele Steine in den Weg gelegt und am Ende seine „Air Academy“ mit laut Weiden an die 3000 Landungen pro Jahr „vergrault“. Zudem seien auch ihm angemietete Hangar-Plätze mittlerweile gekündigt worden.
Für 2000 Euro Pacht pro Monat hat Weiden zwischenzeitlich neue Geschäftspartner für sein Hotel und Restaurant gesucht. Sechs renovierte und komplett neu eingerichtete Zimmer seien vorhanden, heißt es auf einem Gewerbeimmobilienportal. Rund 700.000 Euro steckt er, so Weiden, zudem gerade in den Ausbau von drei Ferienwohnungen im Untergeschoss des Gebäudes. Einen neuen Betreiber für Hotel und Restaurant habe er gefunden.
Grünen-Fraktionschef fordert Aufklärung über die Finanzen
Doch nicht nur von außen stehen die Dahlemer Binz und ihre Betreibergesellschaft in der Kritik. Vor allem die wie alle anderen Gemeinderatsfraktionen im Flugplatzausschuss vertretene Fraktion von Bündnis 90/Grüne ist in der Sache hartnäckig. „Was unser gutes Recht und auch unsere Pflicht als gewählte Gemeinderatsmitglieder ist“, so Ulrich Böttger aus Kronenburg.
Die Fraktion hatte im Oktober 2021 eine Flugplatz-Sitzung des Gemeinderates veranlasst, um sich über die Geschäftsführung der GmbH informieren zu lassen. Kernfrage: Wie lässt sich das Defizit von mittlerweile stabilen 100.000 Euro pro Jahr, die aus dem – aktuell ebenfalls defizitären – Gemeindehaushalt für den Betrieb der Binz zu zahlen sind, verringern?
Eine befriedigende Antwort erhielt die Fraktion nach Einschätzung Böttgers damals ebenso wenig wie heute. Daher stimme die Fraktion, aus ihrer Sicht konsequent, dem Gemeindehaushalt seit Jahren nicht zu.
Ulrich Böttger hält sich eine Klage auf vollständige Auskunft offen
Am 30. September dieses Jahres hatte die Fraktion erneut einen solchen Auskunftsantrag gestellt, der erneut mit den Stimmen der CDU und Enthaltungen anderer Fraktionen abgelehnt wurde. Zwei Wochen später, am 17. Oktober, ging Böttger einen Schritt weiter. Nun fordert seine Fraktion, das Geschäftsgebaren der Flugplatz GmbH zwecks möglicher Kostenreduzierungen von einem externen Gutachter prüfen zu lassen, da die Gemeindeverwaltung die nötigen Informationen nicht zur Verfügung stelle. Dem widerspricht Lembach zwar auf Anfrage – doch Böttger ist skeptisch und hält sich eine Klage auf vollständige Auskunft offen. Die stehe ihm als Gemeinderatsmitglied aufgrund der NRW-Gemeindeordnung zu.
Zwei werden in diesem Zusammenhang keine besten Freunde mehr: Ulrich Böttger und CDU-Fraktionschef Werner Lorse. Auch diesen Antrag werde seine Mehrheitsfraktion ablehnen, so der Christdemokrat vorsorglich. Der Antrag sei seit der Sondersitzung von 2021 unnötig. Ein strukturelles Defizit wie die Dahlemer GmbH hätten schließlich auch vergleichbare Betreiber kleiner Verkehrslandeplätze.
Solange man keinen großen Akteur wie einen Rettungshubschrauber oder größere Flugzeuge mit häufigen Starts und Landungen finde, sei das Defizit auch nicht relevant zu reduzieren. Andererseits erwähnt er Gewerbesteuereinnahmen von Betrieben am Flugplatz mit insgesamt um die 30 Arbeitsplätzen und Einnahmen aus Pachtgebühren. Doch wie hoch diese sind, darf Gemeindekämmerer Frank Hütter mit Blick auf den Datenschutz nicht sagen.
Gibt es möglicherweise Alternativen für den Flugplatz in der Eifel?
Warum muss die Binz ein Verkehrslandeplatz mit den zahlreichen Anforderungen sein, die die Aufsichtsbehörde – in diesem Fall die Bezirksregierung Düsseldorf – überwacht? Warum kann nicht aus dem Verkehrslandeplatz ein Sonderlandeplatz werden, wie es rund 270 in Deutschland gibt und für dessen Betrieb die Betriebsauflagen wohl geringer wären? Diese Fragen stellt Grünen-Chef Ulrich Böttger in einer Anfrage für die nächste Gemeinderatssitzung. Man könnte ergänzen: Muss die Gemeinde über eine GmbH Betreiberin der Binz bleiben? Kann sie das Gelände nicht verkaufen oder verpachten?
Ob dagegen spricht, dass die Fördermittel für den Flugplatzbetrieb eine Zweckbindung von acht bis 25 Jahren haben, wie Bürgermeister Lembach angibt, müsste ebenso geprüft werden wie die Frage, ob eine solche Herabstufung zwangsläufig rechtliche Probleme mit Hangar-Mietern nach sich ziehen würde.
Eins scheint über alle unterschiedlichen Meinungen hinweg jedoch klar zu sein: Eine Schließung der Binz oder eine Umwidmung gar für eine große und so auch für die Gemeinde ertragreiche Agri-PV-Anlage schließen der Bürgermeister und Werner Lorse von der CDU kategorisch aus. „Die Dahlemer Binz ist ja der schönste Flugplatz weit und breit“, schwärmt auch Wolfgang Klein von Sky Fun, der das Gelände oft aus der Vogelperspektive gesehen hat.
Die Bilanz der Dahlemer Binz
Negativ ist die Bilanz der Dahlemer Binz tatsächlich, so Bürgermeister Jan Lembach auf Anfrage. Demnach beliefen sich die Ausgaben 2023 auf rund 630.000 Euro, davon waren alleine rund 180.000 Euro Personalkosten für das Team im und um den Tower. Zudem seien in den vergangenen vier Jahren alleine rund 1,23 Millionen Euro in Flughafentechnik und -ausstattung investiert worden, die mit bis zu 80 Prozent öffentlich gefördert wurden. Doch ein Eigenanteil in sechsstelliger Höhe bleibt.
Dem stehen Einnahmen von rund 435.000 Euro für 2023 gegenüber, die Lembach auch 2024 erwartet. Wachstumschancen sind da jedoch kaum in Sicht: Seit 2021 geht die Zahl der Starts und Landungen auf der Binz zurück oder sie stagniert. Das Vor-Corona-Niveau von 2019 mit um die 34.000 Flugbewegungen wurde nicht mehr erreicht. Auffällig: Den größten Anteil hatten die Ultraleichtflieger.