Im Kreis Euskirchen werden viele pflegebedürftige Senioren im eigenen Haus von polnischen Hilfskräften versorgt.
Doch wegen des Coronavirus reisen viele von ihnen in ihre Heimat ab, teilweise über Nacht.
So reagiert der Caritasverband auf die Situation, die viele Familien vor große Probleme stellt.
Kreis Euskirchen – Für viele, die pflegebedürftige Senioren im eigenen Haus versorgen wollen, sind sie ein Segen: polnische Hilfskräfte, die eine 24-Stunden-Betreuung sicherstellen. Doch angesichts der aktuellen Pandemie erweist sich dies nicht immer als krisensicher. Auch im Kreis Euskirchen reisen polnische Frauen überstürzt ab. „Teilweise während der Nacht“, berichtet Ewa Röhl, die für den Caritasverband für die Region Eifel die ausländischen Hilfskräfte betreut. Ihr seien Fälle bekannt, in denen die Familie morgens ihre Helferin gesucht habe, die noch am Abend zuvor da gewesen sei.
„CariFair“ heißt die Organisation, die unter dem Dach der Caritas ausländische Hilfskräfte in Familien vermittelt, die Unterstützung bei der Betreuung pflegebedürftiger Verwandter benötigen. Rund 60 Familien betreut Ewa Röhl mit ihrer Kollegin Elisabeth Weiss – eigentlich nur in der Region Eifel, denn die verschiedenen Caritas-Organisationen, die rechtlich unabhängig sind, haben untereinander Gebietsschutz. Doch Pflegekräfte aus Polen vermitteln nur wenige, und so fährt Ewa Röhl auch nach Heinsberg, Eschweiler, Köln und Bonn, um Familien und Helferinnen zu betreuen.
Kreis Euskirchen: Pflegekräfte haben Angst vor Corona
„In diesen Tagen steht das Telefon nicht still“, sagt sie. Rund zehn Pflegekräfte aus Polen sind abgereist – manche, nachdem sie sich mit den Familien abgesprochen haben, manche auch einfach so. Das Motiv sei die Angst, sich mit Corona anzustecken. „Sie sind alleine ohne ihre Familie. Zuhause sei man sicherer“, beschreibt Röhl die Sorgen.
300.000 bis 500.000 Pflegebedürftige werden laut Sozialverband VdK durch Haushaltshilfen, vorwiegend aus Osteuropa, derzeit zuhause betreut. Genaue statistische Daten lägen dazu nicht vor. „Sollen die berufstätigen Angehörigen einspringen, brauchen sie massive Unterstützung. Dann lassen wir sie nicht im Stich“, so VdK-Präsidentin Verena Bentele.
Die Kurzarbeiterregelung solle auch auf diese Personen ausgedehnt werden. Dann könnten Berufstätige zeitweise aus dem Job aussteigen und wären abgesichert. Ein Vorschlag, den Rolf Schneider von der Caritas für die Region Eifel nicht schlecht findet. „Ich finde es gut, wenn es um die Bewältigung der Krise geht“, sagt er. Viele Menschen befänden sich aktuell in dieser Situation. (sev)
Mit einigen habe sie reden und so die Abreise verhindern können. Für die von ihr betreuten Familien, deren Helferinnen abgereist sind, konnte sie Ersatz beschaffen. „Ich habe viel herumtelefoniert“, erzählt sie. Es gebe Ehemalige, die geblieben seien und jetzt ihre Unterstützung zugesagt hätten. „Wir sind so etwas wie eine kleine Familie, wir haben hier schon Hochzeiten gefeiert“, beschreibt sie den Zusammenhalt.
Schwieriger sei es in der, wie sie es nennt, „schwarzen Zone“: in Familien, die illegal Polinnen beschäftigt haben. „Ich hatte viele Anrufe von diesen Leuten“, erzählt sie. Für sie sei der Notstand ausgebrochen. Sie wüssten nicht, wohin mit ihren Angehörigen, da sie arbeiten müssten. Tagespflegeeinrichtungen hätten geschlossen und böten keine Alternative.
Rolf Schneider: „Ich habe kein Mitleid“
„Ich habe kein Mitleid mit den Leuten“, sagt Rolf Schneider, Geschäftsführer der Caritas Eifel. Die Familien hätten den Staat um Steuern betrogen und riefen nun um Hilfe. Er könne die Familien zwar verstehen, dennoch sei diese Praxis illegal.
Er verweist auf einen weiteren Aspekt: Die Menschen, die hierherkommen, hinterlassen in ihren Heimatländern riesige Lücken. Als polnische Muttersprachlerin könne Röhl dort sorgfältig auswählen, so Schneider. „Wenn man ein Netzwerk aufgebaut hat, geht das“, sagt sie. Kräfte aus Spanien oder Rumänien beispielsweise beschäftige man nicht, da man bei den dortigen Caritasverbänden keine entsprechenden Netzwerke habe.
Wichtig sei für die Hilfskräfte, dass immer ein Ansprechpartner vorhanden sei. „Das spricht sich rum“, so Röhl. Für polnische Bürger sei die Grenze offen. So seien kürzlich drei neue Frauen eingetroffen und sie habe einer Familie helfen können, die sie vor einer Woche aufgenommen habe. „Die mache ich noch glücklich“, sagt Röhl und lacht zufrieden.