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Ausstellung im Bestattungshaus„Thema Tod aus Tabu-Zone holen“

Lesezeit 4 Minuten

„Mikado des Lebens“: Wolf Hahlbrock (v. l.), Monika Hahlbrock und Marcel Ernst setzten die bunte Rauminstallation zusammen.

Kommern – Kann man in den Räumen eines Bestattungsunternehmens eine Kunstausstellung zum Thema Tod zeigen? Ja, man kann. Das beweisen Bestatter Marcel Ernst und Künstler Wolf Hahlbrock mit der Ausstellung „P.S. Ich liebe dich“, die ab dem 21. Oktober im Kommerner Bestattungshaus Ernst zu sehen ist.

„Wir wissen, dass wir mit dem Projekt polarisieren werden. Wir wollen aber nicht provozieren“, so der 33-jährige Bestatter. Gemeinsames Ziel sei es vielmehr, das Thema „Tod“ aus der Tabuzone herauszuholen. „Viele Menschen scheuen die Auseinandersetzung mit diesem ernsten Thema. In meiner Kunst führe ich den Tod aber ad absurdum und möchte den Menschen so ihre Angst nehmen“, erläutert der Zülpicher Hahlbrock. Er selbst habe ein Nahtod-Erlebnis gehabt. „Das hat mir die Angst vor dem Tod genommen.“ In seinem Kopf habe daher schon länger die Idee einer solchen Ausstellung herumgespukt. Vor drei Monaten habe er Marcel Ernst dann einfach angesprochen, ob er an so einem Projekt interessiert sei. „Wir haben uns zusammengesetzt und vier Stunden über Glauben, Tod und Trauer diskutiert. Dabei entstand dann auch die konkrete Idee zur Ausstellung in unseren Räumlichkeiten“, schildert Ernst.

Die soll aber nicht nur zur Beschäftigung mit dem Thema Tod anregen, sondern auch ermutigen, sich offensiv mit der eigenen Trauer auseinanderzusetzen.

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„Da gibt es kein richtiges und falsches Verhalten. Jeder Mensch muss für sich herausfinden, wie er mit der Trauer um einen geliebten Menschen umgeht. Ich rate nur dazu, die Zeit zwischen dem Todestag und der Bestattung ganz bewusst und intensiv zum Abschiednehmen zu nutzen“, sagt der 33-jährige Bestatter.

Einige Ölgemälde in leuchtenden Farben zieren bereits die Wände im Bestattungshaus Ernst. Immer wieder findet sich auf ihnen die Gestalt eines Kapuzenmanns ohne Gesicht. Der Fährmann ist in Hahlbrocks Werken ein zentrales Element, da er für das eigene Gewissen stehe. Außerdem präsentiert Hahlbrock mehrere große Rauminstallationen – alle zu den Themen „Tod“ und „Glauben“.

„Ich habe mich in meinem Leben mit alle Religionen intensiv auseinandergesetzt und stehe ihnen sehr kritisch gegenüber, was in vielen meiner Werke auch deutlich sichtbar ist. Den Glauben an sich kritisiere ich aber nicht, denn der Mensch braucht einen Glauben als Halt“, so der Künstler. „Wir kritisieren die Institutionen und Verschachtelungen der Kirche“, ergänzt Hahlbrocks Frau Monika, die ebenfalls Künstlerin ist und die Ausstellung im Bestattungshaus Ernst intensiv mit vorbereitet hat.

Auch die Wirtschafts- und Eurokrise hat ihren Niederschlag in Hahlbrocks Kunst gefunden. „Ein Künstler ist dazu verpflichtet, nicht nur die Wohnzimmer zu verschönern, sondern auch die Dinge und die Gegenwart so zu zeigen wie sie sind“, sagt Wolf Hahlbrock. Seine Muse sei dabei die Aktualität. Diese gesellschaftliche Rolle des Künstlers als „Mahner und Historiker der Zukunft“ ist dem Zülpicher Künstler sehr wichtig.

„Mit der Ausstellung stellen wir die Frage nach den wirklich wichtigen Dingen im Leben. Und das sind nicht die weltlichen Güter“, erläutert Ernst. Wichtig sei es vielmehr, jeden Tag zu genießen und bewusst zu erleben. „Die schönen Dinge sollte man sich nicht für später aufheben. Man sollte auch nicht im Streit auseinandergehen, denn man weiß nie, wie viel Zeit man noch hat“, so der junge Bestatter weiter.

Genau aus dieser geistigen Haltung heraus entstand der Name der Ausstellung, der nicht an das gleichnamige Buch und dessen Verfilmung angelehnt ist. „Ich habe meinem Mann an einem Holzkreuz, das wir als Memo-Brett genutzt haben, diese Nachricht hinterlassen. Ich musste noch einmal schnell weg und konnte mich nicht persönlich von ihm verabschieden“, schildert Monika Hahlbrock. Diese kleine Notiz, gepinnt an ein Holzkreuz, habe ein so starkes Bild erzeugt, dass sie das Kreuz so beließen. Dieses zufällig entstandene Kunstwerk ziert jetzt die Vorderseite der Einladung zur Ausstellung.

Daten zur Ausstellung

Die Ausstellung „P.S. Ich liebe dich“

wird am 21. Oktober um 17 Uhr im Kommerner Bestattungshaus Ernst, Wingert 27–29, eröffnet. Bei der Vernissage werden neben dem Künstler Wolf Hahlbrock auch der frühere Leiter des Kommerner Freilichtmuseums, Dr. Dieter Pesch, und Prof. Dr. Dr. Hans Fuhs, anwesend sein und in einer Diskussionsrunde über die außergewöhnliche Ausstellung sprechen. Zur Vernissage ist jeder willkommen. Bereits ab 14 Uhr können die Räumlichkeiten des Bestattungshaus Ernst besucht werden. Wer die anschließende Dauerausstellung besuchen möchte, sollte sich telefonisch anmelden. (0 24 43) 9 99 90.

www.kunstgalerie-ernst.de