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Ausgleich für bebaute FlächenWie Zülpicher Naturschützer den Artenreichtum erhält

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Für die artenreichen Magerwiesen in der Stadt Zülpich engagiert sich Carl Friedrich Jacobs seit vielen Jahren.

Zülpich-Dürscheven – Carl Friedrich Jacobs blickt wohlgefällig auf die weitläufige Wiese vor ihm. Die Gräser haben sich nach dem Ende der kühlen Tage prächtig entwickelt, überall stehen kleine Inseln von farbenprächtig blühenden Pflanzen. In der Hecke nebenan singt eine Nachtigall. „Um es kurz machen: Eine schöne Wiese“, stellt er zufrieden fest.

Zülpicher Naturschützer hat ein Herz für naturbelassene Wiesen

„Flachlandmähwiesen“ heißt das, was vor dem Zülpicher Naturschützer liegt, im Fachjargon. Der Ahnungslose würde sie vielleicht einfach als naturbelassene, artenreiche Wiese bezeichnen. Doch ganz sich selbst überlassen ist diese Fläche nicht. Mitte Juni soll sie eigentlich im Rahmen des Vertragsnaturschutzes gemäht werden, erläutert Jacobs. „Fast ein wenig früh, viele Arten blühen aufgrund des kalten Frühlings noch nicht einmal“, hat er festgestellt.

Jacobs ist ein erfahrener Fahrensmann in Sachen Naturschutz. Der 81-jährige ist Sprecher des Ortsarbeitskreises Zülpich im Kreisverband Natur und Umweltschutz (KNU) und Naturschutzbeauftragter in Zülpich. 20 Jahre habe er auch im Landschaftsbeirat gesessen, erzählt er. „Im Naturschutz muss man an Flächen kommen, denn der wesentliche Naturschutz spielt sich auf der Fläche ab“, sagt er.

Artenreicher Ausgleich für verlorengegange Flächen durch Bebauung

Und so sei es seine Aufgabe, angemessene Ausgleichsflächen zu finden, wenn durch eine Baumaßnahme eine andere Fläche verloren geht. Dann beauftrage ihn die Stadt, derartige Ausgleichsmaßnahmen durchzuführen. „In diesem Jahr waren es bereits drei Hektar, die ich mit zwei Landwirten umgestaltet und eingesät habe“, berichtet er.

Angefangen hat seine ehrenamtliche Tätigkeit in den 1980er-Jahren. „Da war hier kaum etwas an artenreichen Wiesen“, erinnert er sich. Damals sollte dieses Stück Land, das bei Dürscheven liegt, verkauft werden.

Durch gute Kontakte habe er erreicht, dass das Amt für Agrarordnung den mehr als sieben Hektar großen Acker gekauft und dem Land NRW übertragen habe. „Dann habe ich öffentliche Mittel akquiriert, auch von der HIT-Umweltstiftung, sodass auch die Umgestaltung finanziert werden konnte“, berichtet er.

„Es ist immer wieder eine Überraschung, was alles kommt“, sagt er, als er vorsichtig seinen Fuß zwischen die Gräser schiebt. Löwenzahn und fette Gräser sucht man in diesem Bereich vergeblich, stattdessen gedeihen Knöllchensteinbrech und Klappertopf, Wiesenbocksbart und Kartäusernelke.

Besondere Pflanzenarten auf der Wiese

Auch die Kuckuckslichtnelke, eigentlich als Feuchtgebietsbewohner bekannt, fühlt sich in diesem Bereich wohl. „Wir hatten damals eine Saatmischung, die für Mähwiesen, aber auch Feuchtgebiete vorgesehen war. Da war diese Pflanze drin und sie fühlt sich seitdem hier wohl“, sagt Jacobs und schmunzelt über den ungewöhnlichen Gast.

Es gebe einen großen Artenreichtum in der Börde. „Jede Pflanze hat ihren eigenen Wert, aber wenn man den nicht sieht, wird es schwierig“, konstatiert der Naturschützer.

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Gut seien die Naturwiesen durch die Dürre gekommen, berichtet Jacobs. Sie sich ganz selbst zu überlassen, sei jedoch keine gute Marschrichtung. „Wenn hier nichts geschehen würde, würde sie erst verfilzen und schließlich ein Wald entstehen“, erläutert er. Die ganze Vielfalt ginge verloren, es gäbe bald keine Magerwiesen mehr. Deshalb werde zweimal im Jahr gemäht. Nach der Mahd gebe es eine zweite Blüte, allerdings dann mit anderen Arten.

Rund 70 Hektar Flächen im Naturschutz

60, 70 Hektar, die über das Stadtgebiet verteilt sind, seien mittlerweile im Naturschutz. Doch nicht immer sei es so erfreulich. Viele Erörterungen mit Behörden und Schreibtischarbeit seien notwendig.

„Sie müssen sich immer wieder schlau machen, Rechtsfragen klären und juristisch einwandfrei sein“, sagt der ehemalige Finanzbeamte. Und wenn große Flächen verloren gingen, werde die Versuchung größer, diese ganze Plackerei bleiben zu lassen.

„Sie können Naturschutz nicht vom Kopf her machen, Sie müssen begeistert sein von solchen Wiesen“, stellt Jacobs fest. Wenn man nicht Glück und Freude empfinde, dann würde man die vielfältigen Schwierigkeiten nicht durchstehen. Dann aber sei es das wert: „Wenn man so eine Wiese nach Jahren sieht, dann ist das Glück.“