Corona-Soundtrack„Dieses Lied verbindet die Leute wie kein zweites“
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Leverkusen – In Zeiten der Corona-Krise bleiben die Menschen daheim. Der Alltag ändert sich. Das Leben ändert sich. Und nicht wenige hören häufiger als sonst Musik. Und sie hören vielleicht andere Musik als sonst: Die nämlich, die irgendwie zur Lage passt.
Wir befragen Leverkusener nach den Platten, die derzeit bei ihnen daheim am häufigsten gespielt werden und lassen sie erklären, warum das so ist. Denn gerade in traurigen und dramatischen Zeiten kann Musik trösten. Heute ist Höhner-Frontmann Henning Krautmacher an der Reihe.
Blick ins Höhner-Repertoire
Henning Krautmacher ist gebürtiger Schlebuscher – und macht aus der derzeitigen Corona-Not eine Tugend. Auch musikalisch. „Ich versuche gemeinsam mit den anderen Bandkollegen das irgendwie nachzuholen, was unsere Profession ist und uns derzeit genommen wurde: das Unterhalten der Menschen“, sagt er. Dazu habe er in den ersten Wochen der Corona-Krise daheim das gesamte Repertoire der Höhner durchforstet und nach Songs gesucht, die derzeit irgendwie mit der Situation kompatibel seien und Mut spenden könnten. „Manchmal habe ich die Texte ein wenig geändert und angepasst.“ Und nun gibt es im Internet jede Woche mindestens einen neuen Song der Höhner zur Lage der Nation zu hören.
Was Henning Krautmacher in der Heim-Zeit bislang ausgrub, war etwa „Alles weed joot“. In dessen erster Zeile wird beschrieben, wie jemand am Fenster steht und sehnsüchtig nach draußen blickt in eine Welt, die mit zwar ungewisser, aber hoffentlich guter Zukunft aufwartet. „Dabei habe ich sofort an Menschen im Seniorenheim gedacht, die ja gerade besonders alleine sind“, sagt Henning Krautmacher und verspricht dem weiteren Liedtext entsprechend: „Alles weed joot! Wenn mir alles jevve!“
„Quo Vadis?"
Ein weiterer Song, der ihm wieder in den Sinn gekommen sei: „Bist Du dann bei mir?“ Den sangen die Höhner gemeinsam mit Helene Fischer. Oder „Quo Vadis?“ – auf Deutsch: „Wohin gehst Du?“
Diese Lied-Recherche in Zeiten, in denen es keine Konzerte gibt, sei auch wichtig, um sich selber nicht allzu sehr gehen zu lassen in der Heim-Isolation. „Wir müssen das auch als Herausforderung annehmen. Dürfen ruhig auch ein wenig eitel sein. Gerade wir Künstler müssen den Menschen trotz allem Verlässlichkeit bieten“, sagt Henning Krautmacher. Und lacht. Und erklärt: „Wir sollten nicht den ganzen Tag in Asiletten an den Füßen und mit Lockenwicklern in den Haaren rumlaufen.“ Es ist ein Anti-Krisen-Lachen. Und das lässt er auch erklingen, wenn er vom Lied „Zeit für Menschlichkeit“ spricht, den seine Band mit anderen Musikern kürzlich aufnahm und ins Netz stellte: „Der hatte nach einem Tag auf unserer Homepage schon über eine halbe Million Klicks.“
Henning Krautmachers Anti-Krisen-Musik neben der eigenen ist wiederum vor allem die von Reinhard Mey. „Für den hatte ich bislang nie so richtig Zeit. Seine Texte sind ja unendlich lang und ausgiebig.“ Ihnen könne er sich nun gemeinsam mit seiner Frau widmen. Reinhard Mey passe überhaupt sehr gut zur derzeitigen Situation: „Bei ihm schwingt immer so eine Melancholie mit. Die empfinde ich auch.“
Ultimative Hymne: „Veedel"
Als Musik, die Hoffnung auf bessere Zeiten macht, nennt der Höhner-Frontmann „alles von den Beatles“. Und einen Evergreen der Konkurrenz: „En unserm Veedel“ von den Bläck Fööss. „Und das sage ich vollkommen ohne Neid oder dergleichen: Dieses Lied verbindet die Leute wie kein zweites.“ Es stehe für gegenseitige Hilfe. Für Solidarität. Für Nachbarschaft und Zusammenhalt.
Kurzum: „Veedel“ hat das Zeug zur kölschen Corona-Hymne. Zur Nummer eins des Soundtracks zur Krise. Empfohlen von einem, der es wissen muss.