Leverkusen – Der Bundestagswahlkampf befindet sich zweieinhalb Wochen vor dem Tag der Wahrheit für die Parteien in der Hochphase. Dass möglichst viele Interessengruppen, Verbände und sonstige Organisationen noch ein Stückchen vom Informationskuchen abbekommen und prominenten Politikerinnen und Politikern beim Planen und Versprechen lauschen wollen, ist verständlich.
Und es ist sinnvoll vor allem dann, wenn es vor Seniorinnen und Senioren geschieht – und somit vor Menschen, die vielleicht nicht tagtäglich durch die sozialen Medien surfen und nach Informationen graben. Ins Kurt-Schumacher-Haus in Wiesdorf luden die Mitglieder der Gewerkschaft Verdi nun zu einer eben solchen Runde ein.
Dringliches und Problematisches
Während die CDU niemanden aus ihren Reihen geschickt hatte, waren Karl Lauterbach (SPD), Nyke Slawik (Grüne), Beate Hane-Knoll (Die Linke) und Carlo Hörmandinger (FDP) gekommen. Es ging um das, was am dringlichsten und somit naturgemäß am problematischsten ist: die Klimakrise, die Bewältigung der Pandemie sowie den Ausbau und Erhalt des Sozialstaates, der für viele schon länger kein solcher mehr ist.
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Das, was die Politikerinnen und Politiker zu sagen hatten, war letztlich – erwartbar. Nichts Neues. Die Linke will sich etwa für eine abschlagsfreie Rente spätestens ab 65, eine Vollpflegeversicherung, den schnellen Ausstieg aus der Kohleenergie sowie eine gesetzliche Personalbesetzung in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen einsetzen. Bei der FDP geht es um „einen kompletten Neustart und eine Modernisierung“ im Land nach der Corona-Krise.
Lauterbach warnt
Karl Lauterbach warnte vor einem demografisch bedingten Wegfall zahlreicher Jobs im Pflegesektor, geißelte den viel zu niedrigen Mindestlohn – und betonte in Sachen Klimaschutz: „Es geht nicht um die Frage, welche erneuerbaren Energien wir nutzen, sondern: Wie bekommen wir sie?“ Und Nyke Slawik brachte Lokalkolorit in die Debatte, indem sie – stellvertretend für sämtliche vergleichbare Pläne im ganzen Land – auf den in Leverkusen geplanten Autobahnausbau als Absurdität und die nahen Braunkohletagebaugebiete am Niederrhein verwies.
Indes: Über diese wohlbekannten inhaltlichen Standpunkte der Politikerinnen und Politiker hinaus war in dieser Runde eine Sache doch höchst interessant: nämlich die Art und Weise, wie diese sich vor den anwesenden Seniorinnen und Senioren –allesamt Verdi-Mitglieder – präsentierten. Hane-Knoll gab die Kämpferische aus einer Partei, die es bis heute fuchst, noch nie an einer Regierung teilgehabt zu haben. Lauterbach war der gewohnt souveräne und fair über alle Parteigrenzen hinweg Probleme ansprechende Routinier, dem man die Wucht seiner Erfahrung jederzeit anmerkt.
Eloquente Nyke Slawik
Hörmandinger schlug sich – als angehender Student – tapfer und nur mit wenigen Wacklern vor Menschen, die einer gänzlich anderen Generation angehören und war ehrlich, wenn er zugab, bei einem Thema wie der Massentierhaltung den Standpunkt seiner Partei nicht zu kennen. Zudem ritt nicht so ermüdend wie manche anderes Mitglied seiner Partei auf dem nicht zu leugnenden Faible auch für Besserverdienende und Unternehmen herum. Und Nyke Slawik schließlich bestätigte mit Eloquenz, Professionalität und vielen persönlichen Noten bezüglich der Probleme und Fragen der Anwesenden, dass sie ihren Plan, nach Berlin zu kommen, vollkommen zu Recht und absolut konsequent verfolgt.