Leverkusen – Eine „krass historische Sache“ wäre das, erklärt Nyke Slawik. Die 27-Jährige aus Opladen wäre die erste transidente Person im Bundestag, wenn sie am 26. September gewählt wird. Slawik wurde als Junge geboren, obwohl ihr klar war, dass sie ein Mädchen ist – mittlerweile lebt sie auch als Frau. Ihr fehlten als Jugendliche die Vorbilder, „ich kannte keine andere Person, die transident ist“, erzählt sie.
Die Leverkusenerin, die als Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Landtag in Düsseldorf arbeitet, benutzt lieber den Begriff „transident“ statt „transsexuell“. „Es geht schließlich um Identität“, erklärt sie, mit Sexualität habe das in erster Linie nichts zu tun. Obwohl die Thematik durchaus „manchmal ein wenig nervt, weil sie bei jedem Gespräch Thema ist“, will sie selber so ein Vorbild für andere sein.
Dhünn als Mahnmal für die Hochwasserkatastrophe
Noch dreieinhalb Wochen bis zur Bundestagswahl: Nyke Slawik spaziert an der Dhünn entlang, an den Ufern zwischen Villa Römer und Klinikum. „Hier bin ich gern unterwegs“, sagt sie. Ihr Vater habe einen Schrebergarten am Flüsschen, „ich habe an der Dhünn viel Zeit verbracht“. Doch dass man hier gut spazierengehen kann, ist nicht der einzige Grund, weswegen sie die Gegend für das Interview ausgesucht hat: „Die Dhünn ist auch ein Mahnmal für die Klimakrise.“ Auch sechs Wochen nach der Flut findet man (nicht nur) hier noch Spuren der Hochwasserkatastrophe.
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Das Klima-Thema hat Nyke Slawik als Jugendliche politisiert und zu den Grünen gebracht. Jetzt sieht sie die Dringlichkeit umso mehr: „Das ist keine abstrakte Zukunftsvision, wir merken jetzt schon die Auswirkungen.“ Dabei hat sich Deutschland, somit die regierende Große Koalition, doch für eine Klimaneutralität bis 2045 ausgesprochen? „Die anderen sind gut darin, Ziele und Überschriften zu setzen“, kritisiert sie – konkrete Maßnahmen fehlten ihr. Gerade die SPD mache sich groß beim Thema Klimaschutz, „Olaf Scholz hält aber am Kohleausstieg bis 2038 fest“. Sie fordert, acht Jahr früher auszusteigen.
Die Debatte um die Förderung von Lastenrädern findet die 27-Jährige absurd: „Wenn ich mir ein Auto kaufe, kostet das doch auch Tausende Euro“. Es gehe auch nicht darum, das Auto zu verbieten oder es wegzudenken, sie will nur weg davon, dass man sich aktuell „einseitig aufs Auto“ fokussiere.Es geht weiter an der Dhünn, beim Fotoshooting stellt sich Nyke Slawik auf eine kleine Sandbank im Wasser, nicht ohne darauf zu achten, dass sie den Riesen-Regenwurm, der ihre Füße kreuzt, nicht zertrampelt.
Slawik wurde auf Platz elf der NRW-Landesliste gewählt und hat somit gute Chancen, sich für ihre Heimatstadt Leverkusens in Berlin einzusetzen. „Leverkusen hat eine immense Verkehrsbelastung“, betont sie, sie will gegen den Ausbau der A3 kämpfen. Auch die Schrebergartenparzelle ihres Vaters würde im Übrigen dem Ausbau zum Opfer fallen, erzählt sie. Slawik will für bezahlbare Mieten und eine „echte Klimapolitik“ kämpfen.
Mittlerweile wohnt die studierte Anglistin und Medienwissenschaftlerin, deren Familie väterlicherseits Ende der 70er Jahre aus Schlesien nach Leverkusen kam, in Wiesdorf. „Leverkusen ist eigentlich eine sehr grüne Stadt“, findet sie. Auch die Nähe zum Rhein und die „offene vielfältige Stadtgesellschaft“ mag Nyke Slawik. In Berlin wünscht sie sich, nicht die einzige Trans-Abgeordnete zu bleiben: „Ich hoffe, dass noch viel mehr Leute wie ich nachkommen.“