Bonn – In den früheren Sitz der Landwirtschaftskammer in Bonn-Roleber ziehen in diesen Tagen geflüchtete Menschen aus der Ukraine ein. Nach Angaben der Stadt Bonn sollen bis zu 200 Menschen in den leerstehenden Gebäudekomplex an der Siebengebirgsstraße einziehen. Die Stadt Bonn hat darüber mit dem Eigentümer der Immobilie, dem im münsterländischen Greven beheimateten Wohnungsbauunternehme Sahle Wohnen GmbH, eine Vereinbarung abgeschlossen.
Sahle Wohnen, seit 2017 im Besitz des Gebäudekomplexes und des umgebenden Geländes, stellt der Stadt das Areal laut einer Mitteilung für anderthalb Jahre mietfrei zur Verfügung. Die Stadt muss nur die laufenden Kosten für Strom, Wasser und Heizung tragen. Falls nötig könne die Belegung des Gebäudes auf bis zu 400 Personen erhöht werden, so die Stadt weiter. Betreut werden sollen die Menschen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern städtischer Ämter, dem Deutschen Roten Kreuz (DRK) und ehrenamtlichen Helfern. Die Mitarbeitenden vom DRK stehen den neuen Bewohnern des Gebäudekomplexes gemeinsam mit Dolmetschern als Ansprechpartner zur Verfügung etwa, wenn es um Behördengänge geht. Das Jugendamt will den Kindern und Jugendlichen Angebote machen. Unterstützt wird die Stadt voraussichtlich auch von Ehrenamtlern der Initiative „Holzlar hilft“.
Oberbürgermeisterin Katja Dörner wird in der Mitteilung mit den Worten zitiert, die Menschen aus der Ukraine würden in Roleber „sehr gut aufgehoben sein“. Für Sahle-Unternehmenschef Albert Sahle ist es demnach „eine Selbstverständlichkeit, das Gebäude mietfrei zur Unterbringung der Kriegsflüchtlinge anzubieten“.
Die Zimmer in dem Bürogebäudekomplex sind von der Stadt mit Wasser- und Stromanschlüssen ausgestattet sowie möbliert worden. Den geflüchteten Ukrainern stehen außerdem Gemeinschaftsküchen zur Verfügung, wo sie sich selbst etwas zu essen zubereiten können. Auch Gemeinschaftswaschküchen hat die Stadtverwaltung eingerichtet.
Auf Gelände soll eigentlich neues Wohnviertel entstehen
Während der Kommunalwahl im September 2020 war das Thema Bebauung des Geländes der ehemaligen Landwirtschaftskammer ein heißes Thema. In dem Viertel im Stadtbezirk Beuel, das an Sankt Augustin angrenzt, sollten auf mehreren Hektar Fläche bis zu 500 neue Wohnungen entstehen. SPD, CDU und FDP waren für die Pläne, die Grünen dagegen. Die Grünen hatten sich nicht grundsätzlich gegen eine Umwandlung des Areals in ein Wohngebiet gestellt, sind jedoch für eine Variante mit einer wesentlich geringeren Zahl an Wohneinheiten.
Seitdem mit Katja Dörner die Bonner Oberbürgermeisterin erstmals von den Grünen gestellt wird und der Stadtrat in der von Grünen geführten Viererkoalition mit SPD, Volt und Linken ein neues Mehrheitsbündnis hat, ist von dem neuen Wohnviertel nichts mehr zu hören. Im September 2020 war der Bonner Projektentwickler Ulrich Hartung GmbH als Sieger aus dem städtebaulichen Wettbewerb für das Gelände hervorgegangen.
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Derzeit stimme sich die Stadt im fortlaufenden Bebauungsplanverfahren mit der Sahle Wohnen hinsichtlich der Empfehlungen aus dem Wettbewerb ab, heißt es dazu aus der Stadtverwaltung recht unkonkret. Die von dem Grevener Unternehmen vorgelegte Planung lasse „noch einige Fragen offen“, so die Verwaltung weiter. Desweiteren müsse noch eine Planungsvereinbarung abgeschlossen werden. Offen bleibt bei all dem weiterhin, wie viele Wohneinheiten letztlich auf dem Areal entstehen. Klar ist nur eines: Der Gebäudekomplex der früheren Landwirtschaftskammer, in dem nun Ukrainerinnen und Ukrainer einziehen, wird für die Neubebauung als Wohnviertel abgerissen.