Bonner Basketballer bangen um ZukunftTelekom zieht sich als Baskets-Sponsor zurück
Lesezeit 4 Minuten
Bonn – Ausgerechnet jetzt, da die Telekom Baskets ihre Fans als aktueller Tabellendritter von der Rückkehr zu alter Stärke träumen lassen, wird sie eine Nachricht wie der Blitz aus heiterem Himmel treffen: Die Telekom hat am Dienstag angekündigt, sich als Haupt- und Namenssponsor zurückzuziehen. Nicht abrupt und überstürzt, sondern schrittweise ab der nächsten Saison. Das Namensrecht wird schon ab dem 1. Juli 2022 freigegeben.
Sponsoring verringert sich im Sommer um 40 Prozent
Finanzielle Details der Entscheidung, die die Telekom in einer Pressemitteilung mit dem Satz überschreibt „Telekom verlängert Partnerschaft bis 2025“, wurden nicht offiziell bekanntgegeben. Aber nach Rundschau-Informationen verringert sich das Telekom-Sponsoring gegenüber der laufenden Spielzeit für 2022/23 um zunächst 40 Prozent, für 2023/24 um weitere 20 Prozent und 2024/25 um weitere 10 Prozent – schon im ersten Jahr eine Summe, bei der die Bundesligamannschaft existenziell gefährdet ist.
So beurteilt es auch Wolfgang Wiedlich, der Geschäftsführer der BonBas GmbH, der wirtschaftlichen Trägerin aller Bundesliga-Aktivitäten der Baskets. „Wie und ob der BBL-Standort Bonn das wirtschaftlich kompensieren kann, kann ich heute noch nicht beurteilen.“
Um den Stellenwert des Telekom-Engagements einzuordnen: Der Dax-Konzern trägt etwa 45 Prozent des Gesamt-Etats, der auf etwa 6 Millionen Euro taxiert wird – also jährlich um die 2,5 Millionen Euro. Der Rest verteilt sich auf mehr als 70 mittlere und kleine Sponsoren (siehe Info-Text). Eine Sonderrolle nimmt in der gesamten Konstruktion der 2008 eingeweihte Telekom Dome ein, dessen Namensrechte sich die Telekom bis 2030 gesichert hat – und nach aktuellem Stand auch behält.
Das lässt sich das Unternehmen jährlich etwa 100.000 Euro kosten, was von Anfang an ein Baustein der Finanzierung dieser einzigen vereinseigenen Halle in der Liga war. Von den Baukosten von 16,8 Millionen Euro finanzierten die Baskets 6,5 Millionen über einen Baukredit, der aber mittlerweile bis auf 2,7 Millionen abgetragen ist. Immerhin trägt die Halle durch außersportliche Veranstaltungen (Tagungen, Versammlungen, Konzerte) zu den Einnahmen der Baskets bei.
Standortsponsoring war im Vorstand immer umstritten
Durch ihr Engagement, das schon 1993 beim Baskets-Vorgängerverein Post SV Telekom begann, hat die Telekom mehr als 25 Jahre für eine stabile finanzielle Basis des Vereins gesorgt. Dieses Engagement firmierte unter dem Etikett „Standortsponsoring“. Das bedeutet, dass die Unterstützung auch das Ziel hatte, ein Projekt am Sitz der Konzernzentrale zu fördern, das die Identifikation der Telekom-Mitarbeiter mit dem Unternehmen erhöhen soll.Telekom-Vorstandschef Timotheus Höttges sagte dazu 2015 aus Anlass des 20-jährigen Bestehens der Baskets: „Es geht auch um die Verantwortung, die wir für den Standort Bonn übernehmen wollen. Wir haben uns vor 20 Jahren vorgenommen, mit diesem Verein etwas Großes aufzubauen. Dafür muss man verlässlich sein und darf nicht kurzfristig denken.“
Dieses Bekenntnis gilt nun künftig nicht mehr. „Wir haben in den vergangenen fast 30 Jahren deutlich mehr als 80 Millionen Euro in den Auf- und Ausbau des Basketballstandortes Bonn investiert. Jetzt glauben wir, ist es an der Zeit, frische Impulse von außen zuzulassen und das Sponsoring der Baskets auf breitere Füße zu stellen. Deshalb machen wir den Platz als Haupt- und Namenssponsor ab der nächsten Spielzeit frei“, sagt Michael Hagspihl, Leiter Globale Projekte und Marketing Partnerschaften bei der Telekom. Bei den Baskets werde sich der Konzern noch mehr auf das Thema Nachwuchs konzentrieren.
Telekom ist im Fußball in Köln und München groß engagiert
Unumstritten war das Baskets-Engagement im Telekom-Vorstand nie, aber ernsthaft in Frage gestellt wurde es auch nicht. Jetzt haben sich aber diejenigen durchgesetzt, die diese Finanzmittel anderweitig einsetzen wollen: „Die Ersparnis fließt direkt in das größte Infrastrukturprogramm in der Geschichte der Telekom, die flächendeckende Versorgung aller Haushalte und Unternehmensstandorte mit einem direkten Glasfaseranschluss“, teilt das Unternehmen mit.
Und: Die Telekom, die mit dem Radteam um Jan Ullrich und Erik Zabel schon in den 1990er Jahren als großer Sportsponsor auftrat, wird sich weiter im Sport engagieren, sich aber umorientieren – zu Lasten des Standortsponsorings und zugunsten des Fußballs: Das Engagement von 35 Millionen Euro jährlich beim Dauer-Meister FC Bayern München wurde bis 2023 verlängert, zusätzlich ist die Telekom im Sommer 2021 beim 1. FC Köln eingestiegen: Für die zunächst auf drei Jahre angelegte Kooperation kassieren die Kölner jährlich sieben Millionen Euro.
Deshalb zeigten im Telekom-Vorstand beim Thema Baskets die Daumen wohl nach unten, auch wenn die Telekom gerade am vergangenen Freitag einen Anstieg des Quartalsumsatzes auf 26,88 Milliarden Euro und des Nettogewinns auf 889 Millionen Euro verkündete und eine Erhöhung der Dividende für die Aktionäre ankündigte.
Wie geht es weiter? Die Baskets werden die Lage analysieren, müssen entscheiden, ob sie eine Agentur in die Sponsorensuche einschalten – und versuchen, den sportlichen Aufschwung fortsetzen: Erfolge in der Bundesliga, ein guter Tabellenplatz, im Mai möglichst die Teilnahme an den Play-offs der besten Acht sind immer noch der beste Weg, bei potenziellen Sponsoren Aufmerksamkeit zu erregen.