Vor Umwandlung in NaturwaldRheinbacher Stadtwald ist in schlechtem Zustand
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Rheinbach – Ein gutes Dutzend Rheinbacher Bürger besuchte die jüngste Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses, bei der auch der Forstwirtschaftsplan für 2022 zur Diskussion stand. Extra für diese Besucher wurde der Punkt vom Ende der Tagesordnung ganz an den Anfang gestellt, doch die Debatte verlief ganz anders, als es sich die Bürger wohl vorgestellt hatten.
Denn die von CDU und Grünen durchgesetzte Umwandlung eines Fünftels des Rheinbacher Stadtwaldes in einen Naturwald wurde überhaupt nicht behandelt. Vielmehr erteilte das Gremium dem Forstwirtschaftsplan 2022 einhellig seine Zustimmung. Die Umwandlung trifft bei einem Teil der Rheinbacher Bevölkerung nach wie vor auf völliges Unverständnis und starken Widerstand.
Stadtförster Sebastian Tölle hat in seinem Zahlenwerk den Naturwald noch nicht berücksichtigt. Dazu bedürfe es erst eines Konzepts, aus dem ersichtlich werde, wie viel Wald bereits jetzt durch Bewirtschaftungsverzicht unter diese Regel falle und welche Flächen konkret zusätzlich nicht mehr bewirtschaftet werden sollten.
Tölle hatte insgesamt schlechte Nachrichten im Gepäck: „Dem Rheinbacher Stadtwald geht es weiterhin nicht gut!“ Das nasse Jahr 2021 habe jedoch nach einer dreijährigen Trockenperiode vielen Bäume etwas Entspannung gebracht. Das Hochwasser sei für die Bäume nicht schädlich gewesen. Bei der Fichte sei der Borkenkäferbefall deutlich zurückgegangen. „Dies hat jedoch auch damit zu tun, dass schlichtweg nicht mehr viele Fichten im Stadtwald zu finden sind“, sagte der Förster.
Der Zustand der Douglasie habe sich nicht weiter verschlechtert, sei aber nach wie vor nicht gut. Tölle: „Bei den Buchen ist vermutlich das Schlimmste überstanden. Sie beginnen sich langsam zu erholen.“ Mit weiteren Ausfällen, insbesondere in den höchsten Altersklassen, sei jedoch noch zu rechnen. Der Hauptbaumart Eiche gehe es nach wie vor am besten. Nur Einzelbäume stürben ab.
Der Nadelholzpreis hat sich laut Tölle deutlich erholt und in etwa das Vorkrisenniveau erreicht. So sei der Preis in fünf Monaten um 300 Prozent gestiegen. Anderes Holz sei im Preis mindestens stabil geblieben.
Dennoch habe sich der Forstwirtschaftsbetrieb mit Holzverkauf alleine 2021 nicht getragen. Da ausschließlich tote und absterbende Bäume gefällt worden seien, hätten bloß 140.000 Euro erlöst werden können. Dazu wurden 2300 Kubikmeter Schadholz verkauft. Im Jahr zuvor waren es 8000 Kubikmeter. „Dies entspricht weniger als der Hälfte des jährlichen nachhaltigen Hiebssatzes“, so Tölle. Die fehlenden Einnahmen habe er jedoch teilweise durch Förderprogramme kompensieren können.
So wurde im Frühjahr eine Nachhaltigkeitsprämie in Höhe von 82.400 Euro ausbezahlt, zudem gab es vom Land 22.000 Euro für Aufforstung. Saatgut habe sich nicht verkaufen lassen. Das Hochwasser habe die Kirschenernte aus den Netzen gespült. Bei Eiche und Buche habe es nach zwei guten Jahren erstmalig keine Mast gegeben. Die Jagdpacht brachte 23.000 Euro ein.
Förster plant für 2023 Holzeinschlag auf 2021er Niveau
Nächstes Jahr soll so viel Holz wie 2021 eingeschlagen werden. „Mit Ausnahme von dünneren Laubholzbeständen, in denen eine Durchforstung nötig ist, werden nur stark geschädigte Bäume geerntet“, kündigte Tölle an. Einzelne starke Laubbäume blieben wegen ihres ökonomischen Nutzens im Bestand. Tölle rechnet daher mit einem Ertrag von 200.000 Euro.
Parallel müssten neue Pflanzen gekauft, gesetzt und geschützt werden. In den nächsten Jahren spiele die Pflege und der Schutz der neu angelegten Forstkulturen eine immer größere Rolle. Tölle: „Die gepflanzten Jungbäume müssen insbesondere von Brombeerranken und Gras- sowie Farnaufwuchs befreit werden, da sie ansonsten von diesen niedergedrückt und ausgedunkelt werden.“
Aufgrund des Hochwassers seien viele Schäden an den Waldwegen noch nicht behoben. Zudem habe sich ein Stau insbesondere bei Freischneidearbeiten entlang der Wander- und Reitwege gebildet, da diese Tätigkeiten im Sommer 2021 nicht mehr durchgeführt hätten werden können.
Doch Tölle geht davon aus, dass im Laufe dieses Jahres im Stadtwald alle nennenswerten Schäden aus der Hochwasserkatastrophe beseitigt werden könnten. Wegen der intensiven Nutzung des Stadtwaldes als Naherholungsgebiet müssten zusätzlich viele kleinere Wege freigeschnitten werden, befand Tölle.
FSC-Zertifikat für 5000 Euro
Allgemeine Zustimmung gab es auch für den gemeinsamen Antrag von CDU und Grünen, der mit Blick auf die beabsichtigten Änderungen im Stadtwald schon jetzt 5000 Euro an Ausgaben für die FSC-Zertifizierung, die eine nachhaltige Waldwirtschaft dokumentiert, fordert. Zugleich wird mit 20.000 Euro an Einnahmen aus dem künftigen Verkauf von Klimaschutz-Zertifikaten an einheimische Unternehmen kalkuliert.
Axel Nagel (Grüne) bestätigte, es gebe bereits zwei Unternehmen aus der Region, die sich für den Erwerb solcher Zertifikate interessierten, darunter ein gemeinnütziger Betrieb des bundesweit bekannten Eifel-Försters Peter Wohlleben. Es gebe die Idee, eine bestimmte Fläche spendenfinanziert von der Stadt zu pachten mit dem Ziel, daraus Naturwald entstehen zu lassen.
Verkauf von Zertifikaten soll florieren
Die eingeplanten 20.000 Euro entsprächen in etwa einem Hektar naturbelassenem Wald, so Nagel. Nach Ansicht von CDU und Grünen lässt sich der nicht mehr bewirtschaftete Wald über den Verkauf von Öko-Zertifikaten zu einer sprudelnden Einnahmequelle für die Stadt machen und dabei noch Klima und Artenvielfalt fördern.
Bürgermeister Ludger Banken (parteilos) wies zwar darauf hin, dass es bislang lediglich einen Prüfauftrag gebe, ob es für die Stadt möglich und sinnvoll sei, eine FSC-Zertifizierung zu beantragen. Doch wenn dies bejaht werde, brauche man natürlich Geld, um die Zertifizierung zu beantragen, räumte er ein.
Auch der Einwand von Martina Koch (SPD), man müsse jetzt nicht in Hektik verfallen, zumal es noch gar kein Konzept gebe, welche Flächen künftig nicht mehr bewirtschaftet werden sollen, verfing bei den Antragstellern nicht. Joachim Schneider (CDU) machte deutlich: „Wir beschließen jetzt den Forsthaushalt für das Jahr 2022. Bis Ende des Jahres sollte die Verwaltung durchaus in der Lage sein, dieses Konzept fertigzustellen.“