Fluten damalsMeckenheim 1984 – „Auf der Adendorfer Straße konnte man Kahn fahren“
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Meckenheim – 1984 erfuhr Meckenheim, soweit sich die Stadtväter erinnern, zum ersten Mal in der eigenen Stadt, was Hochwasser bedeutet. Es war der 30. Mai. Der heute 88 Jahre alte Peter Kohlhaas, als CDU-Politiker einst Beigeordneter der Stadt, erinnert sich lebhaft an diese Flut. „Wir waren damals auf einem Betriebsausflug an der Ahr, und an dem haben natürlich auch wir Führungskräfte gerne teilgenommen, zumal ein solcher Ausflug die Gemeinschaft festigt.“
Benefizveranstaltung für Flutopfer
Den Betroffenen der Flutkatastrophe soll der Erlös einer Benefizveranstaltung zugute kommen, zu der das längst designierte Damendreigestirn „us Al-Ersch“ für den 12. September einlädt. Ab 11 Uhr soll in der Mehrzweckhalle Altendorf-Ersdorf gefeiert werden. Die Band Schmitz Marie, das Hirschbach-Duo aus Ahrbrück, Martin Fischer (Piper der Bläck Fööss), die Karnevalsagentur Swist Event, und die Karnevalsfründe Al-Ersch wirken zusammen
Die Planung für eine Session 2020/2021 war bereits von der Pandemie durchkreuzt worden, „Nun ereilte unsere Heimat die nächste Katastrophe: Starkregen, Überflutungen, Hochwasser. Wir alle sind auf unterschiedlichste Weise betroffen – es fällt schwer, in Anbetracht dieses schrecklichen Ereignisses zum gewohnten Alltag zurückzukehren“, schrieben Elisabeth, Claudia und Uschi (Foto). (mfr)
Wie stets für solche Ausflüge, hatten die Meckenheimer mit der Nachbarstadt Rheinbach eine „Notwehr“, wie Kohlhaas es formuliert, abgesprochen, also, dass gemeinsam mit den in Meckenheim verbliebenen Kräften der Feuerwehr und des Bauhofs der Brandschutz sichergestellt war. Letztlich war es aber die Meckenheimer Feuerwehr, die per Festnetz im Hotel an der Ahr anrief, Handys gab es noch nicht.
„Auf der Adendorfer Straße konnte man Kahn fahren“
Bürgermeister Johannes Vennebusch teilte sofort zwei Gruppen ein, denn die lustige Reisegruppe war mit zwei Bussen an die Ahr gefahren: „Alle, die mit Feuerwehr und Bauhof zu tun hatten, oder sonst wie helfen mussten, nahmen einen Bus, die anderen konnten bleiben“, berichtet Peter Kohlhaas 37 Jahre später der Rundschau.
Was er damals zu Hause vorfand, hat ihn bis heute beeindruckt: „Auf der Adendorfer Straße konnte man Kahn fahren. Ich habe nahe an der Swistbachaue gewohnt, Ecke Adolf-Kolping-Straße, und da stand der Keller schon unter Wasser.“ Seine Frau freute sich, weil sie seine Hilfe brauchte, doch Kohlhaas ist vom alten Schlag: „Um das Wasser aus dem Keller zu schaffen, musst Du unsere Freunde anrufen. Ich muss mich um die Stadt kümmern“, sagte er ihr. Für Zeitgenossen in Amtsfunktion, die sich selbst zuerst retten, hat Kohlhaas nach wie vor kein Verständnis.
„Wasserwerk, Tiefbauamt – alle waren sie eingespannt und bemüht, zu tun, was möglich war. An der gesamten Mühlenstraße sind die Keller vollgelaufen. In Merl kamen die Gullys hoch“, erinnert sich Kohlhaas. Vorrangig die Feuerwehr sei dafür eingesetzt worden, die Verstopfungen in den Abwasserleitungen zu beseitigen. „Es war ein Glück, dass zu dieser Zeit der Abwasserzweckverband bereits einen riesigen Kanal verlegt hatte. Der hat einiges geschluckt.“
In der Verwaltung verkürzten derweil viele Mitarbeiter bürokratische Wege. Kohlhaas: „Es gab Anträge, die beim Finanzamt gestellt werden konnten, um wenigstens den Schaden geltend machen zu können. Doch dafür bedurfte es einer Bescheinigung. Wir hatten aber gar kein Amt, das dafür zuständig gewesen wäre. Darum haben wir einfach selbst die Bescheinigungen ausgestellt für die Leute, bei denen klar war, dass sie vom Hochwasser betroffen gewesen sein mussten.“
Auch damals wurden schon, wie nun auch bei der aktuellen Flut („Auch wenn das Hochwasser von Meckenheim in keiner Weise mit dem vergleichbar war, was nun an der Ahr passiert ist“, so Kohlhaas), Öltanks aufgeschwemmt. „Das war eben auch damals bereits ein Dilemma.“
Den Metusalem-Bagger konnte nur einer bedienen
1984 gab es zudem noch lange nicht die Möglichkeiten wie heute. „Feuerwehr und Bauhof hatten nicht das Equipment wie jetzt. Es gab einen ,Metusalem-Bagger‘, den nur der Herr Fleischhauer bedienen konnte, und wenn mehr Gerät benötigt wurde, dann mussten Fremdfirmen angeheuert werden“, erklärt der 88-Jährige.
Die Flut von 1984 hatte in Meckenheim Konsequenzen. Dienstanweisungen stellten danach sicher, dass die Gullys und die Bachläufe regelmäßig gereinigt würden. „Das war zwar nicht der Hauptgrund für die Überschwemmung, aber ein Problem. Vor allem gab es an den Bachläufen vor der Stadt Reinigungsrechen, die sich schnell mit Astwerk und Laub zusetzten“, erklärt der einstige Beigeordnete.
Seit 1960 hat er in Meckenheim gelebt, also auch schon, als Anfang der 60er Jahre die Nachbarorte von Hochwasser betroffen waren. Kohlhaas: „Nur Meckenheim hat damals nichts abbekommen. Es war damals auch noch viel kleiner. Doch bis 1984 waren schon einige Hektar bebaut.“
Rundschau-Reporter erinnert sich: Polizist rettet Kind aus den Fluten
Der damalige Rundschau-Reporter Ulrich Lissek erinnert sich, wie bedrohlich das Wasser war, das längst nicht nur die Swistbachaue überspülte. Er sah damals, wie ein Polizist von einer Brücke in die Flut sprang und tollkühn ein Kind aus dem Wasser zog.
Betroffene erinnern sich nicht gerne an die Flut und heben deshalb auch nur selten Bilder davon auf, wie eine Ruheständlerin der Stadt berichtete: „Wir haben 1984 in der Merler Straße in einer Teil-Souterrain-Wohnung gewohnt. Das Wasser stand bis 1,15 Meter im Keller. Die Erinnerung daran kam mit der jetzigen Hochwasserkatastrophe natürlich wieder hoch, was wir eigentlich nicht mehr wollten. Deshalb besitzen wir von damals auch keine Fotos.“