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Im SchockzustandKönigswinters Bürgermeister Peter Wirtz über seine Niederlage

Lesezeit 4 Minuten

Muss seinen Schreibtisch im Haus Bachem in der Altstadt Anfang November räumen: Königswinters Bürgermeister Peter Wirtz, der bei der Kommunalwahl am 13. September abgewählt wurde – für ihn ein Schock, wie er einräumt.

Königswinter – Als Peter Wirtz dieser Tage noch einmal die Sitzung des Königswinterer Stadtrates leitete, da wirkte der amtierende Bürgermeister entspannt und mit sich und der Welt im Reinen. Doch das war am Abend des 13. September ganz anders. „Da war ich schockiert“, räumt das Stadtoberhaupt ein. Die Wahlniederlage „kam aus so heiterem Himmel, das war wirklich Schockzustand“, erinnert sich der 60-Jährige. Ist der Schock überwunden? „Es hat eine Woche gedauert, ich habe nicht gut geschlafen und hatte Alpträume, aber nach einer Woche ist das zum großen Teil verarbeitet.“

Faustdicke Überraschung

Es war schon eine faustdicke Überraschung, als Lutz Wagner, Wirtz’ Herausforderer von der Königswinterer Wählerinitiative (KöWI) und gemeinsamer Kandidat auch von SPD und Grünen, den Christdemokraten schon im ersten Wahlgang schlug. Der ist immerhin seit 21 Jahren im Amt und hatte zuvor vier Direktwahlen auf Anhieb gewonnen. Doch jetzt bekam Wagner 10 429 Stimmen (50,8 Prozent) und Wirtz 9202 Stimmen (44,8 Prozent). Am 1. November tritt der 56-jährige Herausforderer sein neues Amt an. Peter Wirtz traf sich – mit etwas emotionalem Abstand zum Wahlabend – mit der Rundschau zur Analyse und zu einer Rückschau.

War die Niederlage wirklich nicht absehbar? „Sie müssen sich vorstellen, Sie machen Wahlkampf, führen Bürgergespräche klingeln an Haustüren, und überall haben Sie nur freundliche Menschen die Ihnen sagen: Wunderbar, klasse, weiter so.“ Von Hunderten Kontakten seien vielleicht drei oder vier negativ gewesen. „Dann bekommt man kein Gefühl dafür, dass das im ersten Wahlgang schiefgeht.“ Niemand habe einen derartigen Erdrutsch prognostiziert.

Eine Wechselstimmung in der Region

„So richtig begriffen, was in der Region los ist, habe ich erst nach den Stichwahlen in Hennef, Siegburg und Bonn, wo man sehen konnte, dass es bei mir nicht nur hausgemacht war, sondern tatsächlich eine Wechselstimmung herrschte.“ In der Analyse verweist Peter Wirtz zudem auf den derzeitigen Boom bei den Grünen (Zeitungsschlagzeile: „Grüne Welle“), räumt „Amtsmüdigkeitserscheinungen bei den Wählern“ ein und verweist dabei auch auf Klaus Pipke in Hennef, der nach 16 Jahren abgewählt wurde. Man könne es dem Wähler nicht vorwerfen, sagt Peter Wirtz, aber es werde nicht mehr auf das geguckt, was fünf oder sechs Jahre gelungen und gut gewesen sei, sondern eher darauf, wo es klemmt oder hakt.

In seinem Fall seien es der Sumpfweg-Süd (der heftig umstrittene Bebauungsplan für die Niederdollendorfer Rheinaue) und die Altstadtsanierung gewesen. Letztere habe er nicht persönlich zu verantworten (Wirtz hatte über die Jahre stets wegen Befangenheit an den Beratungen und Entscheidungen nicht teilgenommen), sie „wurde aber an mir persönlich festgemacht, auch mit einer Kampagne“, so der gebürtige Altstädter mit Blick auf die Sanierungskritiker mit dem in der Tat fragwürdigen Slogan „Palermo am Rhein“.

Wehmut beim Gedanken an Altstadtsanierung

Bei der Frage nach dem Negativem, das aus seiner Sicht bleibe, verweist Wirtz spontan ebenfalls auf die Altstadtsanierung, die nicht geklappt habe: „Rückblickend hätte ich dafür sorgen müssen, dass mein Grundstück nicht im Sanierungsgebiet liegt. Dann hätte ich als Bürgermeister den Prozess begleiten können.“ Aber er stellt mit Blick auf die Kritiker auch klar: „Ich habe mich immer korrekt verhalten.“

Über mangelnde Unterstützung auch nach der Niederlage kann der 60-Jährige nach eigenem Bekunden nicht klagen. Viele Menschen hätten sich bei ihm gemeldet. Dass er neben seinem Bürgermeister-Account bei Facebook, den er komplett vom Netz genommen hat, für zwei Wochen auch sein privates Facebook-Konto abgeschaltet hatte, habe nichts mit Frust zu tun. „Ich wollte mir in der Bewältigungsphase nicht die Kommentarflut und hämischen Nachrichten oder auch Schulterklopfen antun.“

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Wie ist die Stimmung in der Stadtverwaltung, die nach 21 Jahren einen neuen Chef bekommt? „Das müssen Sie die Mitarbeiter fragen.“ So viel bekomme man als Chef nicht mit, sagt Wirtz. Spricht dann aber doch von einer „großen Verunsicherung, wie es weitergeht und was passiert“, von der man ihm berichte. Der neue Bürgermeister könne ja beispielsweise Dezernate neu zuschneiden oder einzelne Positionen umbesetzen.

Positiv in seiner Lebensrückschau sei für ihn, dass er 1999 den richtigen Schritt gemacht habe: „Das Bürgermeisteramt war für mich das Richtige. Ich hatte die Gelegenheit, viele Menschen zu sehen, ich konnte Gruppen moderieren, ich konnte repräsentieren, ich konnte die Verwaltung leiten. Das war das, was meinem Naturell entgegenkommt. Die gesamte Tätigkeit hat mich über die 21 Jahre in Anführungszeichen ,glücklich’ gemacht, wenn auch nicht jeden Tag.“

Und nach der Amtsübergabe? „Ich strebe kein weiteres politisches Amt an“, zitiert er den Bonner Oberbürgermeister Ashok Sridharan, der (schon nach fünf Jahren) ebenfalls abgewählt worden ist. Und ergänzt: „Auf gar keinen Fall. Das ist abgeschlossen.“ Aber Ruhestand ist auch kein Thema: „Ich werde sicherlich nichts ins Pensionärsleben gleiten, sondern mir eine berufliche Beschäftigung suchen, weil ich auch mit bald 61 Jahren noch viel zu hibbelig und arbeitslustig bin, um die Hände in den Schoß zu legen.“