Rund 1500 Teilnehmer kamen am Sonntag zur Kundgebung „Zusammen für Demokratie“auf den Dorfplatz nach Bornheim-Kardorf.
Demo in Bornheim„Rassismus und Hass sind keine Meinung“
„Hass ist krass, Liebe ist krasser“ stand auf dem Plakat, das Mathilde Nolte gestern stolz gemeinsam mit ihren Eltern und ihrem Bruder auf den Kardorfer Dorfplatz trug. Dazu hatte die Familie aus Alfter noch kleine Regenbogenfahnen mitgebracht: „So kann es nicht weitergehen und wir freuen uns, dass es heute auch in Bornheim so eine Demonstration gibt“, schilderte die Zehnjährige. Es ist bereits die zweite Kundgebung, an der sie teilgenommen hat. Sie und ihre Familie waren schon in Bonn, als rund 30 000 Menschen für die Demokratie ein Zeichen setzten.
Stolze 1500 Menschen waren es nach Schätzungen der Polizei, die gestern Nachmittag zur Kundgebung „Zusammen für Demokratie“ auf den Dorfplatz nach Kardorf kamen, um für Toleranz, Vielfalt und gegen Fremdenfeindlichkeit einzustehen. Ideengeber war Philipp Münch von der katholischen Pfarrgemeinde in Kardorf. Schnell hatte er mit Thomas Geupel von der Evangelischen Kirche im Vorgebirge, Dr. Christiane Horn und Gerhard Thusek weitere Mitstreiter überzeugt, auch in Bornheim zu demonstrieren: „Meinungsvielfalt ist die Grundlage unserer Demokratie. Wir sind aufgeschreckt, denn wieder beginnen Menschen in unserem Land, die Meinung anderer verächtlich zu machen. Hass und Hetze gegen Andersdenkende und Fremdenfeindlichkeit greifen immer mehr um sich, werden immer lauter und aggressiver“, so die vier engagierten Christen in einer gemeinsamen Erklärung.
Schrage: „So sieht Vielfalt aus!“
Moderator Bruno Schrage von der Katholischen Pfarrgemeinde St. Evergislus Brenig zeigte sich beeindruckt angesichts der vielen Menschen, die Regenbogen- und Europaflaggen oder Transparente mitgebracht hatten: „So sieht Vielfalt aus! Danke für dieses deutliche Zeichen, dass ihr alle mitmacht.“ Eine flammende Rede hielt Bornheims Bürgermeister Christoph Becker (parteilos), der sich bei den Organisatoren bedankte und bei den Hunderten Bürgern, darunter auch zahlreiche aus Alfter, Swisttal oder Bonn sowie Vertreter aller demokratischen Ratsparteien. Als Bürgermeister sei er zu parteipolitischer Neutralität verpflichtet, doch jetzt sei es Zeit für klare Worte: „Weil Fremdenhass, Rassismus und Hass keine Meinungen sind, sondern der Nährboden für Verbrechen, und dem dürfen wir nicht neutral begegnen. Meinungsfreiheit und Toleranz sind hohe Güter. Aber es kann keine Toleranz für Bestrebungen geben, die unsere Demokratie abschaffen wollen. Es kann keine Toleranz für völkische, nationalsozialistische Propaganda und Parteien geben, in denen so ein ideologischer Wahnsinn verbreitet wird.“
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Vertreter der AfD würden die „Grenzen des Sagbaren“ in unserem Land verschieben: „Es geht schon lange nicht mehr nur darum, den Anfängen zu wehren. Die Anfänge haben die Feinde unserer Demokratie schon gemacht. Jetzt geht es darum, die Ausbreitung dieser Bewegung zu verhindern. Dafür stehen wir heute hier.“ Becker forderte, mehr Zivilcourage zu wagen und zu den Wahlen zu gehen, etwa im Juni zu den Europawahlen: „Viele Millionen Menschen in anderen Ländern träumen davon, wie wir an gleichen, freien und geheimen Wahlen teilnehmen zu dürfen. Verhindern wir gemeinsam, dass die Rechtsextremen Sitze bekommen und stärken wir Meinungsvielfalt und Demokratie.“
Auch Christa Dross vom ökumenischen Gesprächskreis Sechtem war aus diesem Grund nach Kardorf gekommen: „Wir als Christen müssen uns offen für die Demokratie einsetzen. Es wurde zu oft geschwiegen. Die Gottesliebe gilt allen Menschen ohne Einschränkungen.“ Peter Simon aus Alfter-Gielsdorf erklärte, dass ihm dieses Thema sehr am Herzen liege. Er hätte in seiner Jugend nicht gedacht, dass er noch einmal eine Zeit erleben werde, in der Menschen in Deutschland für Recht, Demokratie, Freiheit und Toleranz gegen Rechts auf die Straße gehen würden.
Begleitet wurde die Kundgebung von einem bunten Bühnenprogramm. Zum Einstig interpretierten Kathrin Zolper, der Gitarrist Achim Straußberg und Christof Theisen (Kachon) bekannte Friedenslieder wie „In unserem Veedel“ von den Bläck Fööss, „Hymn“ von Barclay James Harvest oder John Lennons „Imagine“. Der Kardorfer Musiker Christian Hartmann hatte eigens ein Lied für die Kundgebung geschrieben, in einer Talkrunde äußerten sich Vertreter aus der Unternehmerschaft und des Stadtjugendrings zum Thema. Für den Schlussakkord sorgten der Waldorfer Musiker Michael Kuhl und der neunjährige Trompeter Amon Deeb.
Eigentlich wollte auch Comedian Bernd Stelter aus Hersel dabei sein, er musste allerdings kurzfristig absagen, weil er sich bei seinem letzten Auftritt einen Bänderriss zugezogen hatte. Grüße entbot auch Sabrina Erbakan von der muslimischen Gemeinde Bornheim. Das Plakat für die Veranstaltung hatte der Bornheimer Künstler Michael Wiewiorra entworfen. Es zeigt ein „buntes Völkchen an Menschen“ vor der Brandmauer gegen rechts, erläuterte Gerhard Thusek.
Mehr als zufrieden
Zufrieden zeigten sich ám Ende die Organisatoren. Die Erwartungen hatten sich mehr als erfüllt, mit 300 Teilnehmern hatten sie gerechnet. Sollten es 1000 werden, wäre das ein schöner Erfolg, hatte Gerhard Thusek noch gesagt, doch am Ende kamen mit 1500 deutlich mehr. Dass die Kundgebung in Kardorf stattfand und nicht etwa auf dem Peter-Fryns-Platz in Bornheim hatte übrigens mehrere Gründe. Zum einen wohnen fast alle Organisatoren im Ort, zum anderen aber auch, weil der Dorfplatz (hinter dem Lidl-Markt) mit rund 4000 Quadratmetern der größte öffentliche Platz in ganz Bornheim ist, ausreichend Parkplätze vorhanden sind sowie ein Bahnanschluss. Es mussten auch keine Straßen gesperrt werden, so Thusek.