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Nur der Wetterhahn bleibt übrigDas historische Haus Höckling in Alfter ist Geschichte

Lesezeit 4 Minuten
Das historische Haus Höckling in der Kronenstraße wird derzeit abgerissen.

Das historische Haus Höckling in der Kronenstraße wird derzeit abgerissen.

Mit dem Abriss des Fachwerkgebäudes Haus Höckling verschwindet ein Stück Alfterer Geschichte. Der Wetterhahn vom Dach wird ausgestellt. 

Am Ende bleiben nur der Wetterhahn und vielleicht ein paar Mauerreste übrig. Das markante Fachwerkgebäude Haus Höckling an der Kronenstraße 16 in Alfter ist so gut wie dem Erdboden gleich gemacht. Damit verschwindet ein wichtiges Stück Alfterer Dorfgeschichte.

Immerhin: Dem Förderverein „Haus der Alfterer Geschichte“ (HdAG) gelang es, besagen Wetterhahn vom Dach des Hauses zu sichern und somit für die Nachwelt zu erhalten, schilderte Robin Huth, stellvertretender Vorsitzender des HdAG, der Rundschau.

Der Wetterhahn konnte vom Förderverein ‚Haus der Alfterer Geschichte‘ gerettet werden und ist demnächst in der Sonderausstellung zum Thema Fachwerkhäuser zu sehen

Der Wetterhahn konnte vom Förderverein 'Haus der Alfterer Geschichte' gerettet werden und ist demnächst in der Sonderausstellung zum Thema Fachwerkhäuser zu sehen.

Zu sehen ist das Relikt anlässlich der Sonderausstellung „Geschichte in Holz und Lehm – Die alten Fachwerkhäuser“ in Alfter, die am 4. Mai eröffnet wird. Auch dem historischen Haus Höckling ist ein Teil der Ausstellung gewidmet.

Die weitere Nutzung des Geländes ist noch unklar

Doch was passiert nach dem Abriss? Im Ort kursieren einige Gerüchte. So schilderte Ralph Emmerich, Schriftführer beim HdAG, in einem Gespräch mit dieser Zeitung, dass die Gemeinde 40 Quadratmeter des Grundstückes gekauft haben soll, um den Bürgersteig zu verbreitern und dadurch sicherer für die Fußgänger zu machen. Auf der restlichen Fläche sollen Parkplätze entstehen.

Georg Melchior, der Vorsitzende des Alfterer Heimatvereins, sagte, dass Teile der Backsteinmauer vor dem Haus erhalten bleiben sollen, damit bliebe aber auch die gefährliche 90-Grad-Kurve erhalten. Ellen Unkelbach vom gegenüberliegenden Gasthaus „Zur Krone“ würde es begrüßen, wenn das Grundstück, auf dem das Haus Höckling stand, weiterhin in die Kronenstraße hineinragen würde.

Seit März laufen die Arbeiten an dem historischen Gebäude an der Alfterer Kronenstraße.

Seit März laufen die Arbeiten an dem historischen Gebäude an der Alfterer Kronenstraße.

Würde diese Stelle hingegen „entschärft“, dann befürchten sie und auch andere Anwohner, dass möglicherweise Autofahrer die Kronenstraße als „Rennpiste“ missbrauchen könnten.

Nach Rundschau-Informationen soll es sich um eine Eigentümergemeinschaft handeln, der auf dem angrenzenden Grundstück auch mehrere moderne Mehrfamilienhäuser gehören.

Von Seiten der Gemeinde Alfter waren keine Auskünfte zu bekommen, was künftig auf dem Grundstück passiert: „Soweit Anfragen Grundstückskaufverträge und informelle Planungen nicht öffentlicher Eigentümer betreffen, darf die Gemeindeverwaltung hierüber keine Auskünfte erteilen. Insofern können die aufgeführten Aussagen zum jetzigen Zeitpunkt nicht bestätigt werden“, erklärte Gemeindesprecherin Maryla Günther auf Anfrage.

Das Haus Höckling kurz vor Ende der Abrissarbeiten.

Das Haus Höckling kurz vor Ende der Abrissarbeiten.

Auch aus dem politischen Umfeld sickerte nichts durch, da private Grundstücksangelegenheiten grundsätzlich in den Fachausschüssen und im Gemeinderat im nicht-öffentlichen Teil beraten werden. Luise Wiechert, Schatzmeisterin beim HdAG und zugleich auch CDU-Ratsfrau, wollte sich daher zu den Gerüchten nicht äußern, erklärte aber, dass es politisch nicht gewollt sei, dass dort eine neue Bebauung entstehe.

Auch sei es den Politikern schwergefallen, dem Abriss am Ende zuzustimmen. Es hätten aber von Seiten der Eigentümergemeinschaft drei Gutachten vorgelegen, aus denen hervorging, dass eine denkmalgerechte Sanierung nicht wirtschaftlich sei. Daraufhin habe auch das Amt für Denkmalpflege des Landschaftsverbands Rheinland zugestimmt, den Denkmalschutz, der seit 1985 bestand, im Jahr 2022 aufzuheben.

Dreistöckiges Gebäude mit rosafarbenen Anstrich und  Krüppelwalmdach

Das dreistöckige Fachwerkgebäude mit seinem markanten rosafarbenen Anstrich wurde um 1810 erbaut und war Luise Wiechert zufolge neben dem Alfterer Schloss eines der höchsten Gebäude in Alfter-Ort. Laut mündlicher Überlieferungen sollen die Steinrahmen und weitere Baumaterialien aus dem ehemaligen kurfürstlichen Jagdschloss „Herzogsfreude“ in Röttgen stammen.

Haus Höckling besaß ein Krüppelwalmdach, eine Dachform, die in früheren Zeiten besonders herrschaftlichen Häusern vorbehalten war. Eine weitere Besonderheit waren die großen Fenster im Obergeschoss. In den 1990er Jahren wurden die Scheiben durch Kunststofffenster ersetzt. Die vorherige Aufteilung in kleine Einzelscheiben wurde beibehalten, stellte jedoch laut Robin Huth optisch in der neuen Form einen „massiven Stilbruch“ dar. Da das Haus verputzt war, kam das Fachwerk erst im Zuge der Abrissarbeiten wieder zum Vorschein.

Erbaut wurde das Haus Höckling mutmaßlich als Teil der Alfterer Schlossanlage und war Wohnsitz des Rentmeisters und Vermögensverwalters der Fürsten von Salm. Mehrfach wechselte das Anwesen seinen Besitzer. Seinen Namen erhielt es ab dem Jahr 1920, als es der Landwirt Hubert Höckling kaufte.

Sanierungskosten von mehr als einer Million Euro

Auf Initiative des damaligen Pfarrers Wilhelm Bergené gründeten rund 70 Bauern in diesem Anwesen die Versteigerungsgenossenschaft Vorgebirge als Vorläuferin zur späteren Gemüseversteigerung in Roisdorf. Letzte Bewohnerin der Familie Höckling war Nelli Büns, 1993 kaufte es der Unternehmer Forst und seit 2020 ist es im Besitz einer Eigentümergemeinschaft.

1995 wurde das Gebäude umfassend saniert. Das Dach inklusive Dachstuhl wurde komplett erneuert, das Haus erhielt innen wie außen einen neuen Anstrich. Dabei seien jedoch laut Robin Huth „ganz offensichtlich“ falsche Farben verwendet worden, die das Holz der Fachwerkkonstruktion angegriffen hätten.

Die Schäden wurden über die Jahre so groß, dass das Haus wirtschaftlich gesehen nicht mehr zu retten war. Vergeblich angeboten wurde das Gebäude auch dem Freilichtmuseum Kommern. Wegen seiner architektonischen und ortshistorischen Bedeutung erwog die Gemeinde Alfter, das Haus zu kaufen, hätte aber die Sanierungskosten von mehr als einer Million Euro nicht tragen können.


Die Schau

Ausstellung „Geschichte in Holz und Lehm – Fachwerkhäuser in Alfter“: Eröffnung: Sonntag, 4. Mai, 10.30 Uhr. Geöffnet bis zum 9. Juni: Donnerstags von 17 bis 19 Uhr und sonntags von 15 bis 18 Uhr.

Haus der Alfterer Geschichte (hinter der katholischen Pfarrkirche St. Matthäus am Hertersplatz). Der Eintritt ist frei.