Die traditionelle Ramersdorfer Eierkrone wurde restauriert und ist ab dem 21. Juni wieder im Freilichtmuseum Kommern zu bewundern.
Frage der Eier-EhreKrone aus 4000 Eiern ist wieder im Kommerner Freilichtmuseum zu sehen

Stolz und Erleichterung: Die Ramersdorfer an ihrer wieder vollständigen Eierkrone.
Copyright: Stefan Lieser
Eine der größten traditionellen Eierkronen im Rheinland hängt im LVR-Freilichtmuseum in Kommern. Jahrelang war das zerbrechliche Kunstwerk aus 4000 Eiern, das vor rund 45 Jahren aus Bonn-Ramersdorf nach Kommern kam, nicht zu sehen. Jetzt wurde es ausgebessert, beschädigte Eier entfernt und die dünnen Stahlblechbänderketten aufgefüllt. Ab dem 21. Juni wird die Eierkrone in der „Baugruppe Eifel“ des Freilichtmuseums zu sehen sein.
„Bei uns kütt nix öm!“ Michaela aus Ramersdorf sitzt mit Inge auf der Bierzeltbank: Vor sich hat sie bunte Stofffetzen liegen, von Inge klein geschnitten wie für das Kostüm eines Lappenclowns, und jetzt fädelt Michaela ein: ein Fitzelchen nach dem anderen auf einen dünnen Drahtfaden. Hunderte werden es am Ende sein. Stofffetzen für eine Eierkrone. Und der Vergleich mit dem Karnevalskostüm komme nicht von ungefähr, meint die Textilverwerterin bei dieser offenbar besonderen Art des Upcyclings.
Kommern: Ehemalige Maikönigin hilft beim Upcycling
Schließlich seien das Reste der Kostüme, die für die letzte Session der „Dilldöppchen“, der Showtanzgruppe in Bonn-Ramersdorf, genäht worden seien. Michaela hat sie mitgebracht, denn Resteverwertung ist an diesem frühsommerlichen Samstagnachmittag vor einer alten Scheune in der „Baugruppe Eifel“ des LVR-Museums in Kommern gerade das große Thema.
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Michaela, ihres Zeichens Maikönigin in Ramersdorf 1984, ist Aktive im Verein der ehemaligen Mai-Tollitäten des Dorfes. Sie und andere der einst gekrönten Frühlingsbotschafter und Frühlingsbotschafterinnen haben an diesem Tag einen besonderen Auftrag: Sie unterstützen die Junggesellen ihres Dorfes bei der Restauration der großen Eierkrone, die in der Scheune von einem Eichenbalken hängt.
Kopie der Eier-Krone kam Anfang der 80er Jahre ins Museum
Und deshalb sieht man überall vor allem das: Kartons voller Eier, weiße und braune. Alle sind leer geblasen. Die Kopie der Ramersdorfer Dorf-Eierkrone wurde Anfang der 1980er Jahre ins Museum gebracht. Nun muss das Kunstwerk aus Stahldrahtuntergestell und Drahtbändern ausgebessert werden. 1000 neue Eier sollen kaputte, halb zerbrochene oder fehlende Eier ersetzen.
„Na ja, das ist eine hybride Lösung“. Warum er und drei Kumpels bei dem Traumwetter am vergangenen Samstagnachmittag nicht im Biergarten sitzen, sondern hier an der Wand eines alten Bauernhofes lehnen, beantwortet Christoph vom Ramersdorfer Junggesellenverein mit einem kurzen Blick auf den Bier-Stubbi neben ihm. Die Brauchtumspflege gehört eben dazu. Und deshalb muss auch das Junggesellenquartett gerade wie Christa und Inge neben ihnen sehr genau sein.

Der Junggesellenverein Ramersdorf hilft bei der Restaurierung der Kopie ihrer Dorfkrone. Die Helfer durchstechen die Eier mit Fahrradspeichen.
Copyright: Stefan Lieser

Ex-Maikönigin Michaela (l.) und Inge bereiten kleine Stofffetzen für Bänder zum Kronenschmuck vor.
Copyright: Stefan Lieser
In der Hand hat Christoph eine Fahrradspeiche – „gestiftet von einem Sponsor aus dem Dorf“, also aus einem alten Fahrrad herausgenommen – und jetzt gilt es die zuvor über eine Öffnung in der Schale abgepumpten leeren Eier mit dem Draht sauber zu durchbohren, damit sie zur Kette aufgefädelt werden können. Das Ganze an die tausendmal. Kein Job für Grobmotoriker.
Die, denen das Ganze im Prinzip zu verdanken ist – erst war die Henne, dann das Ei – staksen derweil in demonstrativem Desinteresse zwischen Christoph, seinen Kumpeln und Michaela und Inge herum. Freilaufende Hühner sind im Freilichtmuseum Teil des Konzepts. Wenige Meter weiter ist auch das Auffädelteam bei der Arbeit.
Die Leute vom Museum kamen erst ins Nachbardorf, nach Küdinghoven, und wollten deren Eierkrone in Kopie haben. Das haben die aber nicht gewollt. Dann haben sie uns gefragt.
Robert und Peter stehen vor der Scheune und entnehmen aus den Kartons behutsam ein vorgebohrtes Ei nach dem anderen. Sie ziehen braune und weiße Eier auf dünne Stahlfäden auf und hängen die fertigen, wenige Gramm schweren Ketten über eine Holzstange. Thomas, Vorsitzender der Ex-Mai-Majestäten-Vereinigung, selber mit Michaela 1984 Maikönig gewesen, schaut prüfend zu. Natürlich hat er wie einige andere „ältere Semester“ Eierkronenbauerfahrung.
Er erinnert sich an die damalige Kronenübergabe ans Museum: „Die Leute vom Museum kamen erst ins Nachbardorf, nach Küdinghoven, und wollten deren Eierkrone in Kopie haben. Das haben die aber nicht gewollt. Dann haben sie uns gefragt.“
Größte Eierkrone besteht aus mehr als 12.000 Eiern
Dem Großmut der Ramersdorfer ist es so zu verdanken, dass im LVR-Museum eine der wenigen nach historischem Vorbild handgebauten Eierkronen aus dem Rheinland zu sehen ist. Die größte soll es nach wie vor in Bendorf am Rhein geben, mit mehr als 12.000 Eiern, dreimal so viel wie die Ramersdorfer Variante.
„Über die Zeit bleichen die braunen Eier aus, das ergibt für uns jetzt mit den neuen braunen schöne Farbkontraste, die wir für die Konturen der Krone gebrauchen können“, weiß Thomas aus Erfahrung und steigt eine der beiden Klappleitern in der Scheune hinauf, die vor und hinter einem runden, doppelt gewölbten Ungetüm aus Stahlrohr, Verbindungsdrähten und dicht übereinander gehängten Ketten aus Eiern stehen. Vorsichtig reicht ihm Robert eine neue Kette an. Michaela kommt hinzu, in den Händen eine Kette bunter Stofffetzen, die ins Innere der Krone gehören. Thomas sieht mit einem Blick und dem Gefühl für die Wirkung im Ganzen, wo was seinen Platz finden soll.

Eier-Himmel: Blick ins Innere der Ramersdorfer Krone. Das Kunstwerk wird Mitte Juni im LVR-Museum der Öffentlichkeit präsentiert.
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Einzelne, teils nur noch am dünnen Faden hängende Eierschalenreste, und ihre Kette holen er und die Helfer immer wieder aus der Krone heraus und ersetzen sie: „Wenn wir das bei jedem einzelnen Ei machen würden, dann könnten wir die Eierkrone auch gleich ganz neu bauen“, meint Thomas. Es ist auch hier eine leise, konzentrierte Arbeit. Fingerspitzengefühl ist beim Herausheben und Einhängen der zerbrechlichen Ketten gefragt. Ab und an fällt dennoch ein Ei aus der Krone heraus und zerplatzt kaum hörbar im feinen Sand, der auf dem Scheunenboden verstreut ist.
Die ganze Krone wieder aufbauen? Das tun sie nur in ihrem Heimatdorf. Alle Jahre wieder, denn die Eier des Vorjahres werden zerstört, so will es der Brauch, die Krone soll immer wieder eine neue sein. Für das Original in Ramersdorf beginnen die Arbeiten eine Woche vor Pfingsten mit dem Einsammeln der Eier in den Haushalten. Auch Ex-Maikönigin Michaela sammelt das ganze Jahr über die leeren Schalen: „Da wird kein einziges Ei weggeschmissen. Ob für Frikadellen, Pfannkuchen, süße Kuchen, Rührei – die werden abgesaugt und die Schalen gelagert“.
Florian vom Junggesellenverein erklärt: „Bei uns haben wir natürlich alle Eier selbst ausgeblasen, fürs Museum wurden sie ausgepumpt.“ Zwischen Pfingsten und Oktober hängt das Prachtstück dann am Dorfplatz. Die Landwirte aus Ramersdorf fahren von der ersten bis zur letzten Fahrt auf ihre Felder mit den Trekkern drunter durch. Das soll ihnen Glück bei der Ernte bringen. Unterdessen erreicht die Eierkrone in der Museumsscheune langsam das angestrebte Volumen aus 4000 Eiern. Erste Museumsbesucher staunen und verschätzen sich völlig, wenn es um die Frage geht, wie viele Eier die Krone bilden. 500? 1000?
Die Junggesellen könnten es ja auch einfacher haben: Kunststoffeier! Kommt nicht infrage, heißt es entschieden. Wenn's ums Ei geht, ist das in Ramersdorf eine Frage der Ehre.
Langlebige Eierkrone
Anfang der 1980er Jahre kam die Kopie der Ramersdorfer Eierkrone ins LVR-Museum. Seither wurde sie viele Male gezeigt, und zuletzt 2012 anlässlich des 100-jährigen Bestehens des Ramersdorfer Junggesellenvereins erneuert. Mehrere Jahre lang war sie eines der meist bestaunten Exponate der Dauerausstellung „Kindheit – Spielzeit“, und auch 1985 in der großen Themenausstellung „Die Braut“ im Kölner Rautenstrauch-Joest-Museum zu sehen. Nach längerer Pause wird die Krone nun in diesem Jahr wieder in der Öffentlichkeit präsentiert. Geplant ist die Aufhängung in der „Baugruppe Eifel“ am 21. Juni.