Weihnachtsevent in BayArena„Die Leute haben unfassbaren Bock gemeinsam zu singen“
Lesezeit 6 Minuten
Björn Heuser ist mit „Loss mer Weihnachtsleeder singe“ am 21. Dezember in der BayArena zu Gast.
Leverkusen – Herr Heuser, bislang kennt man das Konzept „Loss mer Weihnachtsleeder singe“, bei dem Sie als Sohn der Domstadt federführend beteiligt sind, nur aus Köln. Jetzt geht es für Sie am 21. Dezember erstmals nach Leverkusen. Ins fremde Stadion. Was ist das für ein Gefühl?
Natürlich denkt man: „Oh, das Leverkusener Stadion kenne ich ja nur von FC-Spielen.“ Aber ich werde den FC-Schal auf der Bühne nicht tragen. (lacht) Ich bin aus diesem Rivalitäten-Ding ohnehin völlig raus – und ich finde das Stadion in Leverkusen wirklich schön. Kleiner und gemütlicher sogar als in Köln. Ich bin schon sehr gespannt auf die Leute und die Antwort auf die Fragen: Singen die Kölner lauter? Singen die Leverkusener lauter? Gibt es eine Schnittmenge?
Ich sage es mal so: Ich war erst vor ein paar Tagen mit meiner eigenen Weihnachtsshow im Scala in Opladen. Das war wundervoll! Und ich weiß jetzt: Die Leverkusener können absolut singen!
Das, salopp gesagt, Rudelsingen hat Hochkonjunktur. Warum funktioniert das im Zeitalter des Aufs-Handy-Starrens und des Daddelns am Computer und des Musikhörens als Download so gut?
Es funktioniert, weil die Leute einfach unfassbaren Bock haben, gemeinsam zu singen! Da entsteht ganz schnell ein Gänsehautgefühl – weil das Singen eben nur gemeinsam funktioniert. Wenn man das alleine unter der Dusche macht, ist das ja eine ganz andere Sache. Hinzu kommt, dass wirklich jeder die Weihnachtslieder kennt und damit besondere Erinnerungen verbindet. Das macht diese Konzerte auch zu einer generationenübergreifenden Sache: Wir haben Gäste von acht bis 80. Diese Konzerte sind wie ein großes Lagerfeuer: Ich stehe alleine auf dem Rasen, auf dem sonst nichts ist. Das Publikum sitzt drumherum. Und alles ist noch mal emotionaler als sonst.
Stichwort „emotional“: Es gibt tatsächlich nicht wenige Leute, die bei „Stille Nacht, heilige Nacht“ weinen müssen.
Gerade dieser Song ist ja auch unheimlich ergreifend. Der kommt bei den Weihnachtskonzerten nicht umsonst immer beim Finale. Das ist jedes Mal ein Gefühl, als ob die Welt mal für drei Minuten stehen bleibt. Und solche Gefühle zu transportieren, ist gerade heutzutage unheimlich wichtig. Zudem nach der hektischen Adventszeit: Man kommt an. Man ist bei sich. Man kommt runter. Man kommt nach Hause. Und das zelebriert man mit vielen anderen. Das ist auch für mich unfassbar schön.
Welche persönlichen Gänsehautmomente haben Sie über „Stille Nacht“ noch bei diesen Weihnachtskonzerten?
Es gibt viele Gänsehautmomente. Etwa wenn es an Leonard Cohens „Hallelujah“ geht. Oder an den „Stammbaum“ von den Bläck Fööss. Das ist ja eine Hymne! Und letztlich nichts anderes als ein Weihnachtslied, weil es darin um Zusammenhalt geht. Um Menschlichkeit. Um weihnachtliche Botschaften eben: „Mir sprechen hück all dieselve Sproch.“ Das ist doch genial! Das ist doch das, was wir gerade in der heutigen Zeit brauchen! Und das singen die Leute auch jedes Mal voller Inbrunst mit. Und den Kindern wiederum geht bei „In der Weihnachtsbäckerei“ das Herz auf. All das gehört dazu. All das macht etwas mit denen, die dabei sind.
Wie feiert denn Familie Heuser Weihnachten daheim? Mit Ihnen an der Gitarre?
Nein. Bei der Familie Heuser ist das so: Meine Frau ist ein Christkindchen, das am 24. Dezember Geburtstag hat. Insofern wird die Nacht nach dem letzten Stadionkonzert – das in Köln findet ja immer am 23. Dezember statt – recht kurz, weil wir morgens schon früh zum Feiern aufstehen, ehe dann am Abend auch Jesus Geburtstag hat (lacht). Zudem ist unser Sohn mit drei Jahren in einem Alter, in dem Kinder nicht zu bändigen sind an Weihnachten. Insofern geht es bei uns immer recht lebhaft zu. Und am Abend werden dann das Weihnachtsalbum von Bob Dylan, das „Rote Rosen“-Weihnachtsalbum der Toten Hosen und vor allem alte Bläck-Fööss-Platten aufgelegt!
Und was ist Ihre früheste Kindheitserinnerung in Sachen Musik zu Weihnachten?
Ich habe mit vier Jahren mein erstes Akkordeon bekommen. Da spielt heute mein Sohn drauf. Und ich kann mich erinnern, dass mir mein Vater damals die ersten Töne von „Oh, Tannenbaum“ gezeigt hat – und die habe ich dann wochenlang immer und immer wieder geübt. Immer und immer wieder die ersten drei Takte. Das muss unheimlich genervt haben. (lacht)
Welche der zahlreichen Leverkusener Musiker kennen Sie denn bislang?
Wolly Düse von Rausch und den Cowboys On Dope…
Der Sohn des Leverkusener Künstlers Lutz Diese…
Genau. Er hat sich auf Tour mal um meine Backline gekümmert. Dann – ihn kenne ich zwar nicht persönlich, bewundere ihn aber – Pit Hupperten. Ein hervorragender Musiker, mit dem die Fööss einen Glücksgriff gelandet haben. Henning Krautmacher von den Höhnern ist auch ein unheimlich netter Kerl, den ich schon häufig hinter der Bühne getroffen habe.
Und Klaus „Major“ Heuser, Ihr Namensvetter und ehemaliger Gitarrist des kölschen Urgesteins Bap?
Den kenne ich auch, weil ich mitunter von Bap sozialisiert worden bin. Zu Beginn meiner Karriere als kölscher Singer-Songwriter war die am häufigsten gestellte Frage denn auch, ob er mein Vater sei. (lacht) Eine nette Anekdote: In Bergisch Gladbach hatten wir beide mal einen Auftritt zeitgleich in zwei Läden, die nah beieinander liegen. Im „Bergischen Löwen“ und im „Bocker Saal“. Und er hatte eine Gruppe von mittelalten Damen in rot-weißen Ringelhemden vor der Bühne stehen. Ich wiederum hatte da eine Gruppe aus der Lederkuttenfraktion vor mir. Die haben alle die „Heuser“-Nachnamen verwechselt. War aber okay: Sie sind in der Pause rübergegangen. Und ich habe die Kuttenträger sogar als Fans gewonnen. (lacht)
Wie ist das eigentlich für Sie, wenn Sie im November in den Karneval reinfallen, dann wieder raus und in der Weihnachtszeit sind, nur um dann direkt wieder auf den Fastelovend zuzugehen? Wird es da manchmal verwirrend mit dem Singen?
Eigentlich macht es gerade diese Vielfalt so attraktiv, das Singen. Wobei es schon krasse Momente gibt. Ende November. Da überschneidet es sich dann nämlich schon extrem: Da habe ich dann an einem Tag durchaus mal zwei Karnevalssitzungen und zwei Weihnachtsfeiern, was für den Kopf manchmal schon kurios ist: Gerade hat man einen Auftritt mit „Hallelujah“ beendet – da fängt man den nächsten Auftritt mit „Drenk doch eine met“ an. Aber okay: Selbst das ist ja eigentlich ein Weihnachtslied. Oder zumindest ein St.-Martins-Lied: Eine Kerl ist allein und hat kein Geld. Und ein anderer nimmt ihn mit und gibt ihm ein Bier aus. Wundervoll!