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Nur 50 Zülpicher erlebten Einmarsch

Lesezeit 4 Minuten

KREIS EUSKIRCHEN. Pausenlos bombardieren amerikanische Luftstreitkräfte Ende Februar, Anfang März 1945 die Tiefebene zwischen Zülpich, Düren und Jülich. Tiefflieger, die alles ins Visier nehmen, was sich bewegt, machten tagsüber einen Aufenthalt im Freien zu einem tödlichen Risiko.

Nach der furchtbaren Schlacht im Hürtgenwald, in der sich Deutsche und Anglo-Amerikaner bei Panzergefechten und Nahkämpfen erbittert bekämpften und die rund 68 000 Soldaten auf beiden Seiten das Leben kostete, sowie dem Scheitern der deutschen Ardennen-Offensive haben die Allierten eine erneuten Vorstoß in Richtung Rhein gestartet. Wie ein Riegel liegt aber die Gegend um Zülpich vor Köln und Bonn, die alte Römerstadt ist, wie auch die Kreisstadt Euskirchen, ein strategisch sehr wichtiges Ziel.

Als sich die amerikanischen Panzerspitzen in den ersten Märztagen Zülpich näherten - am 25. Februar war nach heftigen Kämpfen das fast völlig zerstörte Düren erobert worden, bereits am 21. Oktober 1944 hatten US-Truppen Aachen als erste deutsche Großstadt besetzt -, lebten nur noch wenige Zülpicher innerhalb der alten Mauern. Viele waren vor allem nach Thüringen und Sachsen evakuiert worden. Wiederholte schwere Bombenangriffe hatten große Teile der Innenstadt in Schutt und Asche gelegt und einen hohen Blutzoll gefordert.

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Immer wieder

Fliegerangriffe

So am 24. Dezember 1944, als über 50 Flugzeuge mehr als ein Dutzend Bombenteppiche auf Zülpich abwarfen. Gewaltige Zerstörungen entstanden besonders in der Münsterstraße und Bachstraße, von der Peterskirche stand nur noch eine Ruine. Am nächsten Tag war Bad Münstereifel Ziel der Bomber. Besonders schwer getroffen wurde das dem erzbischöflichen Konvikt angeschlossene Schwesternheim des Cellitinnen-Ordens. Vier Ordensschwestern verloren ihr Leben. Eine Bombe hatte das Konvikt, das als Lazarett diente, vom Dach bis zum Keller durchschlagen. Über 100 verwundete deutsche Soldaten saßen gerade am Mittagstisch, zum Glück war die Luftmine ein Blindgänger.

In Zülpich war es in den folgenden Wochen dann immer wieder zu Fliegerangriffen gekommen. Bomben fielen am 13., 14., 15., 23. und 25. Februar. Wie viele Menschen dabei ums Leben kamen, konnte nicht geklärt werden.

Wie der Zülpicher Helmut Nagelschmitz in seinem Buch „You are now in Zuelpich“ beschreibt, froren die noch übrig gebliebenen deutschen Soldaten im tiefverschneiten Zülpicher Stadtwald und im Marienholz bei Rövenich. Bei Sievernich, wo noch 70 Bewohner ausgeharrten, hatten Soldaten in den Feldern vor Bessenich bis nach Müddersheim Stellungen, Bunker und Laufgräben für die Verteidigung ausgehoben. So der Sievernicher Jochen Hils, der Berichte von Augenzeugen und der amerikanischen Armee gesichtet und ausgewertet hat.

In den Morgenstunden des 1. März griffen die Amerikaner mit 60 Panzern und Infanterie an, um einen Neffelbachübergang zu gewinnen. Neben vielen Häusern und Scheunen wurde auch die Kirche von Panzergranaten getroffen und brannte völlig aus. Da ihnen heftiges Abwehrfeuer entgegen schlug, zogen sich die Amerikaner noch einmal zurück. In einem zweiten Angriff wurde der Ort besetzt, die unzerstörte Neffelbachbrücke erobert. Zwölf deutsche und acht amerikanische Soldaten fielen.

Als die Panzer nachmittags weiter nach Rövenich vorrücken wollten, wurden vier von ihnen durch deutsche Geschütze abgeschossen, die amerikanischen Truppen wurden in die Wälder von Sievernich zurückgedrängt. Der Befehlshaber der Panzertruppen war schon am Morgen verwundet worden, Leutnant Karl. H. Timmermann übernahm das Kommando. Timmermann gelang es später, am 7. März, mit seiner Panzerkompanie die so berühmt gewordene Ludendorff-Brücke bei Remagen im Handstreich zu nehmen. Am 2. März wurde Friesheim besetzt.

Am frühen Morgen des 3. März stießen die Amerikaner nach dreitägiger Belagerung im Schutz von schweren Panzern aus Richtung Füssenich und Juntersdorf zum fast menschenleeren Stadtkern von Zülpich vor. Nur etwa 50 Zülpicher, die trotz Bomben, Granaten und Hunger in der zu 80 Prozent zerstörten Stadt ausgehalten hatten, erlebten den Einmarsch. Volkssturm und eine Handvoll deutscher Soldaten hatten sich am Abend zuvor abgesetzt.

Am 4. März wehte das Sternenbanner dann über Euskirchen, am 7. März über Köln und am 9. März über Bonn.