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Aus Stroh von Kornbrennerei Papier gemacht

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Als Heinrich (Xaver) Sieger vor 130 Jahren zusammen mit Verwandten die „Zülpicher Papier-Fabrik Actiengesellschaft“ aus der Taufe hob, ahnte wohl niemand, dass daraus ein Unternehmen mit weltweit anerkanntem Know-how werden würde.

ZÜLPICH. Papier aus Lumpen oder „Hadern“ herzustellen, war in Deutschland seit etwa dem 14. Jahrhundert bekannt. Der Rohstoff Leinen wurde von einem Stampfwerk unter starkem Wasserzusatz zu einem Papierbrei verarbeitet, der in Handarbeit geschöpft, verfilzt, gepresst und getrocknet wurde. Den Motor für die mechanischen Stampfwerke bildete die Wasserkraft, die Mühlräder antrieb.

Zur Zeit der Frühindustrialisierung im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts nahmen auch im Kreis Euskirchen kleine Mühlenbetriebe zwischen Erft-, Neffel- und Erftmühlenbach die Herstellung von Papieren einfachster Qualität und Pappen auf.

Frühe Betriebsverzeichnisse vermerken unter anderem die Papiermühlen Erven in Stotzheim, Fingerhut in Kuchenheim, Stolz in Wachendorf sowie eine Mühle in Rheder. Für den Zülpicher Raum wird eine Papiermühle in Füssenich erwähnt.

Der Preis für Lumpen stieg bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts stetig. Deshalb wandten sich die Betriebe dem Stroh und dem Holz als Ersatz-Rohstoff zu.

Das Strohpapier war gelb bis braun, tintenfest und verhältnismäßig wasserdicht und wurde zunächst vornehmlich als Packpapier oder Karton gebraucht, später auch als Druckpapier. Moderne Papiermaschinen lösten die Handarbeit ab, erforderten aber auch einen leistungsfähigen und stetigen Antrieb, den zu dieser Zeit die Dampfmaschine bot.

Die steten Entwicklungen auf diesem Gebiet erregten die Aufmerksamkeit des Landwirts und Fabrikanten Heinrich (Xaver) Sieger (1812 bis 1901). Bereits dessen Vater hatte das ursprünglich erzbischöfliche Hofgut Füssenich gepachtet, mit dem dort angebauten Roggen wurde eine familieneigene Kornbrennerei mit versorgt. 1833 übernahm der Sohn den Betrieb. Die Brennerei verlegte Heinrich (Xaver) Sieger 1847 auf das Gelände der Zülpicher Burg, wo mehr Spirituosen hergestellt werden konnten.

Der Strohanfall stieg daher beständig und gab Sieger so im Jahre 1873 den Anstoß zu Gründung der „Zülpicher Papierfabrik AG“, gemeinsam mit den Brüdern seiner Frau Margarete, einer geborenen Wachendorff. Die Fabrik wurde am Bessenicher Mühlenweg gebaut. 1878 kaufte Sieger auch die benachbarte Hertenicher Mühle bei Bessenich, die zur „Holzschleiferei und Pappenfabrik Bessenicher Mühle“ ausgebaut und 1901 mit der „Zülpicher Papierfabrik“ zusammengelegt wurde. So ist es auch in einer Chronik nachzulesen, die anlässlich des 130-jährigen Jubiläums in der Hauptsache von Franz-Josef Schulte, der von 1951 bis 1992 bei der Firma Sieger beschäftigt war und in Zülpich wohnt, erarbeitet worden ist.

Rasch stieg die Zahl der Arbeiter von 40 im Jahre 1880 auf das Doppelte in 1900 an. Und auch in Zülpich wurde als Rohstoff statt Holz und Stroh immer mehr Altpapier verwendet. So bezog die Fabrik im Jahre 1920 Dreiviertel ihres Altpapiers aus London. Zu dieser Internationalisierung hat auch viel der Eisenbahnanschluss beigetragen, der zu dieser Zeit eingerichtet wurde. So konnte Altpapier und Braunkohle zur Befeuerung der Dampfmaschine kostengünstig angeliefert, aber auch die fertige Ware billig transportiert werden.

Mit den Jahrzehnten wuchs das Unternehmen Sieger. Zu den beiden ursprünglichen Betrieben kam 1910 die „Cöln-Rodenkirchener Wellpappenfabrik“ hinzu, 1922 in Hanau ein Zweigwerk.

Nach dem Aufbau zweier weiterer Wellpappenwerke in Sarstedt bei Hannover und Feucht bei Nürnberg in den 60er Jahren stammte jeden zehnte bundesdeutsche Wellpappenkiste aus einem Siegerschen Werk. 1972 erwarb das Unternehmen Beteiligungen an den Wellpappenfabriken Kayser und Hoesch in Düren. 1989 gingen alle Gesellschafteranteile an zwei niederländische Unternehmen. Nach verschiedenen Übernahmen heißt das Zülpicher Werk seit 1998 „Kappa Zülpich Papier“, ist Teil des international tätigen niederländischen Kappa Packaging Konzerns.

Bis 1978 lag die Leitung der Fabrik immer in den Händen eines Familienmitgliedes. Karl Diedrich war dann der erste, der als Nicht-Familienangehöriger die Geschicke des Unternehmens leitete. Unter ihm wurde die millionenschwere Investition für die Papiermaschine (PM) 6 getätigt. Sie, die damals weltweit schnellste Maschine für Wellpappenrohpapierherstellung, wurde Ende 1997 unter seinem Nachfolger Udo Uyting in Betrieb genommen. Seit dem 1. Januar 2001 ist Dr. Peter Kramp Geschäftsführer. Heute werden bei „Kappa Zülpich Papier“ auf zwei Maschinen jährlich 403 000 Tonnen Papier hergestellt, die Zahl der Mitarbeiter beträgt 198.