HÜRTH – Eine große Aufgabe hatte sich der frühere Bedburger Stadtdirektor Arnold Biciste vorgenommen, als er vor 20 Jahren an die Spitze des Kreiscaritasverbands wechselte. Der katholische Wohlfahrtsverband war damals, so drückte es der ehemalige Domprobst Norbert Feldhoff jetzt aus, ein „Sorgenkind“ des Erzbistums Köln. Zum Monatsende geht Biciste mit 65 Jahren in den Ruhestand, und er verlässt einen, wie er betont, wirtschaftlich gesunden Verband, der mit 70 Einrichtungen und rund 1550 Mitarbeitern zu den größten Caritasverbänden gehört.
„Ich hab mir das 1991 reiflich überlegt“, sagt Biciste, der gern in der Verwaltung geblieben wäre, aber als CDU-Mann vor dem Hintergrund neuer politischer Mehrheiten im Bedburger Rat keine Chance auf eine Wiederwahl als Stadtdirektor hatte. Weil aber auch seine Frau ihn gebeten habe, nicht wieder ins politische Rampenlicht zu treten, habe er nach zweimonatiger Bedenkzeit schließlich zugesagt.
Zuerst habe der Verband damals wirtschaftlich konsolidiert werden müssen. Doch dabei wollte es Biciste nicht belassen. Als erster Wohlfahrtsverband gab sich die Caritas im Kreis ein Leitbild. „Mir war die Ausrichtung als katholischer Wohlfahrtsverband wichtig“, betont er. So rückte er auch die religiöse und spirituelle Betreuung der Mitarbeiter ins Blickfeld. Mit den Jahren sei es auch gelungen, aus einem „Nebeneinander der Einrichtungen“ einen einheitlichen Verband zu schaffen.
Vor allem wuchs der Caritasverband in den zwei Jahrzehnten. Anfang der 1990er Jahre gab es vier Altenzentren, heute sind es neun. Auch die Zahl der Sozialstationen wuchs von vier auf neun. 30 neue Einrichtungen nahmen ihren Betrieb auf, 800 zusätzliche Mitarbeiter wurden eingestellt. Die Caritas steht Hilfsbedürftigen in allen Altersgruppen und vielen Lebenslagen zur Seite - „von der Wiege bis zur Bahre“, wie Biciste schmunzelnd sagt.
Nachdenklich stimmt den scheidenden Caritasdirektor, dass der Bedarf an Unterstützung mit den Jahren immer weiter gestiegen sei - und dieser traurige Trend werde sich wohl fortsetzen. Vor allen in den Familien nähmen die Probleme zu. Immer mehr Familien seien schon bei der Führung ihres Haushalts überfordert. Biciste weiß von Fällen zu berichten, in denen die Eltern morgens nicht mehr aufstehen, um ihren Kindern ein Frühstück zu bereiten und sie zur Schule zu schicken. Die Caritas reagiert mit Hilfsangeboten wie einem Haushaltsorganisationstraining, notfalls schickt der Verband auch selbst Familienhelfer, die die Kinder wecken. Früh anzusetzen, sei sehr wichtig. Biciste: „Es geht schließlich um die Lebenschancen der Kinder.“
Zwar nimmt auch Arnold Biciste wahr, dass das soziale Klima im Laufe der Jahre rauer geworden sei. Doch nicht immer seien soziale Notlagen allein entscheidend. „Das ist auch eine Frage von Werten“, glaubt der Caritasdirektor, „und die sind unabhängig vom Einkommen.“ Dennoch: Missioniert werde bei der Caritas nicht, und die Hilfsangebote gelten unabhängig von der Konfession.
Vor allem ihre Angebote für ältere Menschen werde die Caritas ausbauen müssen. Das sei schon dem demographischen Wandel geschuldet.
Doch die Caritas leistet nicht nur direkte Hilfestellung. Kreiscaritasdirektor Arnold Biciste sah seine Aufgabe auch darin, den Belangen der Schwachen und Hilfsbedürftigen Gehör zu verschaffen - als eine Art „Anwalt der Armen“. Immer wieder stieß Biciste auf Kreisebene Debatten an, etwa zur Frage der Integration. Ein Erfolg sei es gewesen, dass der Sozialverband mit dem Kreis langfristige Verträge habe abschließen können und die Frage der Finanzierung nicht mehr jährlich von der Haushaltslage abhänge. „Das schafft auch Sicherheit für unsere Mitarbeiter“, betont Biciste. Dennoch: Angesichts wachsenden Hilfebedarfs, aber schwindender Mittel in den Kommunen werde die Finanzierung der Aufgaben schwieriger.
Als Pensionär wieder an die Universität
Zunehmend problematisch werde es auch, Personal zu bekommen, warnt Biciste. Das sei nicht nur eine Frage der Finanzen. Durch den Wegfall des Zivildienstes kämen weniger junge Leute mit sozialen Berufen in Berührung. Zu konkreten Engpässen sei es bei der Caritas allerdings noch nicht gekommen, dafür sorge ein großes Interesse am Bundesfreiwilligendienst. Dem drohenden Pflegenotstand kann nach Bicistes Einschätzung auch dadurch begegnet werden, dass der Pflegeberuf „entbürokratisiert“ werde - damit „nicht das Schreiben, sondern das Pflegen im Vordergrund steht“.
Arnold Biciste tritt jetzt in den Ruhestand, doch dass der passionierte Pfeifenraucher seine Hände in den Schoß legt, kann er sich nicht vorstellen. Er liebäugelt damit, ein Seniorenstudium in Köln aufzunehmen. „Vielleicht schreibe ich auch eine Doktorarbeit“, sag der Jurist, als Thema schwebt ihm das kirchliche Arbeitsrecht vor. Auf jeden Fall will er seiner Familie mehr Zeit widmen. Der Caritas bleibt Biciste auch als Mitlied einiger Gremien auf der Ebene des Erzbistums Köln verbunden.