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Entsetzen über Segnungsverbot Homosexueller„Gottes Segen gilt allen Menschen“

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Regenbogenfahne St. Agatha

Die Regenbogenfahne gehisst haben eine Gemeinden in Köln wie hier vor St. Agatha. Damit protestieren sie gegen das ausgesprochene Verbot von Segnungen für homosexuelle Paare.

Köln – Es tut einfach nur weh. Da ist einerseits der Glauben, an einen Gott der Liebe. Andererseits ist da eine Kirche, die einer Gruppe liebender Menschen Gottes Segen vorenthalten will. Und dazwischen steht Mario (Name geändert). Er lebt in Köln. Er ist katholisch. Er ist schwul. Und er ist engagiert: In dem Verein Homosexuelle und Kirche (HuK e.V.). Ja, dass die Glaubenskongregation – die römisch-katholische Zentralbehörde für Glaubensfragen – kürzlich nochmals in aller Deutlichkeit die Segnung homosexueller Paare abgelehnt hat, das verletzte ihn tief.

In Deutschland geht eine Welle von Austritten über die katholische Kirche hinweg. Aus Protest gegen ihre Sexualmoral, den Klerikalismus, die Missbrauchsskandale und das Frauenbild. „Dass ausgerechnet jetzt in dieser Deutlichkeit nochmals gesagt wird, homosexuelle Paare dürften nicht gesegnet werden, das finde ich ähnlich absurd wie die 40-Jahrfeier kurz vor dem Ende der DDR“, sagt Mario.

Freude über die kleinen Gesten

Im weltlichen Leben ist er Lehrer. Dass die Gesellschaft weiter ist als die Kirche: unbestritten. Aber sie scheint immer noch nicht weit genug zu sein. Seinem Arbeitgeber hat er gesagt, dass er schwul ist. Etwas, was einem Heterosexuellen wohl nie in den Sinn käme. Doch er fürchtete Gerüchte, Denunziationen, Vorwürfe. Darum möchte er auch lieber nicht mit seinem richtigen Namen in der Zeitung stehen. Das Segnen homosexueller Paare war für konservative katholische Geistliche von jeher ein Tabu. Doch es gab subversive Wege. Mario kann aus eigenen Erfahrungen berichten. „Da gab es Gottesdienste, in denen wussten beide, welche Stelle in der Predigt des Priesters ihnen galt. In diesem Moment reichte man sich heimlich den Ring.“ Er kann aber auch von kleinen Segensfeiern berichten. „Danach haben Gäste gesagt: Schön, dass das möglich ist.“

Zwischen diesen zart blühenden Pflänzchen fährt nun die scharfe Axt der Glaubenskongregation. War es das für Andachten mit Fingerzeig und kleinen Segensfeiern? „Ich hoffe, immer mehr Priester werden ihrer segnenden Berufung treu bleiben und selbstverständlich alle Liebenden segnen.“ Dennoch, Worte können ein scharfes Schwert sein, wie eben die der Glaubenskongregation: „Schlimm, dass wir nach jahrzehntelangen Demütigungen Theologen in Leitungsämtern immer noch davon überzeugen müssen: Gottes Segen gilt allen Menschen, besonders den Liebenden, unabhängig der von Gott geschenkten Begabung, Frauen oder Männer zu lieben“, sagt Mario.

Die Kirche nicht den ewig Gestrigen überlassen

Schmerz, Enttäuschung, Verletzung: Warum hat Mario nicht schon längst den Weg gewählt, den nicht wenige bereits gegangen sind? Warum tritt er nicht aus? Er weiß: „Ganz viele haben sich schon abgewandt. Für die bin ich einfach nur bekloppt, weil ich bleibe. Aber, einige von uns wollen die Kirche nicht mit den ewig Gestrigen alleine lassen.“ Doch er mahnt: „Die katholisch Kirche ist gerade dabei, ihre letzte Chance zu verspielen.“ Versage sie erneut, in dem sie weiterhin wissenschaftliche Erkenntnisse zur Homosexualität nicht anerkenne, werde sie sich selbst sehr nachhaltig schädigen. „Dann hat die Kirche ethisch den Anschluss verloren“, ist sich Mario sicher.

„Das ist nicht die Zusage Gottes“

Der Diözesanrat bezieht Stellung: „Wer sind wir als katholische Kirche, dass wir Menschen, die sich lieben und Verantwortung füreinander übernehmen, die ihre Liebe unter die Gnade Gottes stellen möchten, dass wir diesen Menschen den Segen verweigern?“, so der Vorsitzende Tim Kurzbach zu der lehramtlichen Note der Glaubenskongregation, die es untersagt, gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften zu segnen.

Seine Forderung: Kurzbach macht deutlich und fordert: „Die Kirche hat im letzten Jahr noch das Gitter um den Kölner Dom gesegnet, sagt aber die Liebe von zwei gleichgeschlechtlichen Menschen kann man nicht segnen. Das ist nicht die Zusage Gottes an die Menschen, wie wir sie verstehen. Wir unterstützen ganz selbstverständlich Katholikinnen und Katholiken, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften leben und möchten Sie in Ihrer Liebe zueinander bestärken. Sie sind genauso in der Kirche zuhause wie alle anderen Menschen auch.“

Der Hoffnung Marios, die Priester werden ihrer „segnenden Berufung“ auch bei homosexuellen Paaren nachkommen, muss Kölns Stadtdechant Robert Kleine enttäuschen. Zu der Klarstellung der Glaubenskongregation sagt er: „Das ist nun die geltende Regelung. Ein Stoppschild.“ Soweit steht Kleine an der Seite seines Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki. Der hat die Klarstellung der Glaubenskongregation begrüßt. Die Absage an die Segnung homosexueller Paare stärke das katholische Ehe- und Familienbild. Doch Kleine sieht noch nicht das Ende der Diskussion erreicht: „Wir müssen jetzt darüber reden und es weiterentwickeln, auch unter Einbeziehung wissenschaftlicher Erkenntnisse.“

Den Platz für eine solche Diskussion sieht er im „Synodalen Weg“, ein Diskussionsforum der Deutschen Bischofskonferenz, in dem um strukturelle Veränderungen in der Kirche gerungen wird. „Dort gibt es eine Arbeitsgruppe zu dem Thema“, sagt Kleine. Die Sichtweise von Mario will er also nicht vom Tisch wischen. Aber: „Es gibt dazu unterschiedliche Meinungen bei den Gläubigen.“ Soweit kommt er Mario dennoch entgegen: „Gott segnet alle Menschen.“

Gott segnet alle, aber seine Priester tun es nicht? Franz Meurer, Pfarrer aus Vingst, ist bekannt für klare Positionen und findet sie auch in diesem Fall: „Natürlich segne ich auch homosexuelle Paare.“ Für ihn gebe es beim Segen nicht den Unterschied zwischen Homo- und Heterosexuell. „Ich schaue nur darauf, ob es denen ernst ist mit der Liebe, oder ob die nur eine Show wollen.“ Wobei: „Wenn die Show wollen, dann kriegen die halt ein bisschen Show.“ Doch Meurer will da nichts ins Spaßige ziehen: „Die Frage des Umgangs mit Homosexuellen ist der Lackmustest für die katholische Kirche.“ Gott nehme am Leben teil. „Und auch wir Priester müssen die Realitäten wahrnehmen. Das hat die Kirche oft genug nicht getan.“

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Er jedenfalls habe sich der Realität mit den Jahren gestellt. „Ich hatte hier früher mal einen Kaplan, der war schwul. Da bin ich zum Feldhoff (Norbert Feldhoff; 1975 bis 2004, Generalvikar um Erzbistum Köln) geradelt und habe den gefragt, wie habt ihr den denn weihen können.“ Und heute? „Heute sage ich, wie ihr mit Homosexuellen umgeht, das geht nicht mehr.“