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Weihnachtspredigten in Köln„Die Würde jedes Menschen achten“

Lesezeit 4 Minuten
Kardinal Rainer Maria Woelki beim Gottesdienst am ersten Weihnachtstag im Kölner Dom.

Kardinal Rainer Maria Woelki beim Gottesdienst am ersten Weihnachtstag im Kölner Dom.

Die Würde des Menschen in allen Lebensphasen stand im Zentrum der Weihnachtspredigt von Kardinal Woelki. Stadtsuperintendent Seiger thematisierte den Anschlag von Magdeburg.

In seiner Predigt am ersten Weihnachtstag hat der Kölner Erzbischof Rainer Maria Kardinal Woelki die Würde des Menschen in den Mittelpunkt gestellt und sich gegen Abtreibung und Sterbehilfe ausgesprochen. „Das Fest der Menschwerdung Gottes ist das herausragende Fest der Würde eines jeden Menschen“, sagte der Kardinal beim Pontifikalamt im Kölner Dom. Gottes Sohn sei „ein Mensch wie wir“ geworden, so Woelki. „Gottes Sohn liegt als Mensch in einer Krippe: ganz Gott und ganz Mensch. Das ist unser Glaube. Ohne diesen Glauben hätte Weihnachten keinen Sinn.“

Weihnachtspredigt: Kölner Erzbischof kritisiert Abtreibung und Sterbehilfe

Gott habe sich nicht nur irgendeinen Teil des Menschseins herausgepickt, sagte Woelki. „Er hat sich das ganze menschliche Leben von der Empfängnis bis zum Tod zu eigen gemacht und hat so allen Lebensphasen ihre eigene Würde geschenkt.“ Gott sei Mensch geworden für alle. „Wehren wir uns deshalb gegen jedwede Entwürdigung und Erniedrigung und Herabsetzung des Menschen, überall dort, wo ihr in unserer Gesellschaft das Wort geredet wird.“ Woelki betonte: „Mit der Befruchtung der menschlichen Eizelle kommt ein Mensch in diese Welt. Von diesem Augenblick an muss er geachtet und geschützt werde. Wer diese seine Würde verletzt, verletzt auch seine eigene Würde.“

Kein Mensch hat das Recht, menschlichem Leben ein Ende zu setzen.
Rainer Maria Kardinal Woelki, Kölner Erzbischof

Als Christ müsse man sich „dort zur Wehr setzen, wo gesetzliche Regelungen die große Freiheit suggerieren, in Wahrheit aber das Leben alter und kranker Menschen gefährden. Kein Mensch hat das Recht, menschlichem Leben ein Ende zu setzen.“ Der Erzbischof forderte die Gläubigen auf: „Kämpfen wir für die Würde, die der Mensch vom ersten bis zum letzten Augenblick seines Lebens hat.“ Er erinnerte auch an das Schicksal der vielen Millionen Menschen, „die aufgrund ungerechter Verhältnisse ihre Heimat verlassen mussten und weiterhin verlassen müssen, die unter Krieg, Terror und Folter, die unter den Folgen von Flucht und Armut zu leiden haben“.

„Wer sich heute für Geflüchtete und deren Rechte und Würde einsetzt, steht in der Gefahr, gesellschaftlich stigmatisiert zu werden“, sagte der Kardinal. Nicht vergessen dürfe man auch die vielen Frauen und Kinder, die aufgrund mangelnder oder ihnen bewusst verwehrter Bildungsmöglichkeiten ihrer Lebensperspektive beraubt würden. „Mit das Wichtigste, was wir als Kirche heute tun können, ist, den Armen mit Respekt und Würde zu begegnen“, sagte Woelki

Anschlag von Magdeburg Thema in Kölner Weihnachtspredigt

Der Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region, Bernhard Seiger, sprach in seiner Predigt am Heiligabend in der Reformationskirche in Bayenthal darüber, dass viele Menschen „in den letzten Wochen Stress und Anstrengung erlebt“ hätten und sich in der Adventszeit keine Besinnlichkeit einstelle. „Die Geschehnisse der Welt und im Land treiben uns um. Verstört sind wir von dem sinnlosen und brutalen Anschlag auf dem Weihnachtsmarkt von Magdeburg mit so vielen Toten und Verletzten“, erklärte Seiger.

Gott ist auch dort, wo Gewalt brutal Menschen aus dem Leben reißt.
Bernhard Seiger, Stadtsuperintendent des Evangelischen Kirchenverbandes Köln und Region

Neben der „erschreckenden Gewalt in unserer Nähe und den anhaltenden Weltkonflikten“ gebe es aber auch Positives: „Wir haben den Sturz des brutalen Assad-Regimes erlebt und dass tatsächlich Tyrannei zu Ende gehen kann.“ Und jeder habe auch seine privaten Geschichten, „bei denen es schwierig war, aber auch Fragen geklärt wurden“.

Seiger sprach auch über den ARD-Film „Bach – ein Weihnachtswunder“ von Florian Baxmeyer, in dem es um die Entstehungsgeschichte des Weihnachtsoratoriums 1734 in Leipzig geht. Man habe dem Komponisten Johann Sebastian Bach damals vorgeworfen, seine Musik sei viel zu modern und opernhaft. Sie sei „eitel und sündig“, die Menschen würden durch sie zu starken Gefühlen hingerissen. „Jeder, der heute Bachs Musik hört, kann nur denken: Wie gut, dass die Gefühle zum Klingen kommen“, betonte Seiger.

Bach habe seinerzeit entgegnet: „Sie haben Angst vor der Wucht der Musik, weil sie sich nicht beherrschen lässt. Es muss klingen, dann erst spüren sie Weihnachten.“ Diese Wucht beschreibe auch die Bibel, so Seiger. Dass Gott ein zartes, verletzliches Kind geworden sei, bedeute, es gebe keine Situation, „auf die Gott sich nicht einlassen würde“. Er sei auch dort, „wo Gewalt brutal Menschen aus dem Leben reißt und Menschen verzweifeln“.