Das umstrittene Polizeimittel Taser hat nach einem medizinischen Gutachten des Rhythmologen Daniel Steven eine hohe Sicherheit für Anwender und ein geringes Risiko für schwere Verletzungen.
Polizei in NRWGutachter sieht bei Taser „verhältnismäßig geringes Risiko“
In der koalitionsinternen Diskussion zwischen CDU und Grünen über den umstrittenen Polizei-Taser hat NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) wissenschaftliche Rückendeckung erhalten.
Das Distanzelektroimpulsgerät (DEIG) sei „in bestimmten Situationen eine sinnvolle Ergänzung zu den vorhandenen Polizeimitteln, welches mit einem verhältnismäßig geringen Risiko für schwere Verletzungen einhergeht und welches eine verhältnismäßig hohe Sicherheit für die Anwender bietet“, heißt es in einem medizinischen Gutachten von Prof. Dr. Daniel Steven, Leiter der Abteilung für Rhythmologie an der Uniklinik Köln.
Reul wird die 40-seitige Studie an diesem Donnerstag dem Innenausschuss des Landtags vorstellen. Sie ist Teil einer Verabredung zwischen CDU und Grünen bei der Regierungsbildung im Sommer 2022. Reul erreichte damals, dass die bereits unter der schwarz-gelben Vorgängerregierung gekauften rund 1500 Taser noch testweise an den Wachdienst von 18 Polizeibehörden verteilt werden durften. Zugleich musste der Minister den Grünen, die das Einsatzmittel ablehnen, bis Ende 2024 eine unabhängige Evaluation zusagen. Die medizinische Einschätzung ist nun das erste von drei in Auftrag gegebenen Gutachten.
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Taser-Einsätze in NRW: Gutachter äußert sich
Mehrere missglückte Taser-Einsätze hatten die Vorbehalte gegenüber dem Gerät seither noch gesteigert. So hatte im August 2022 der Dortmunder Fall eines durch Schüsse aus einer Polizei-Maschinenpistole getöteten 16-jährigen Afrikaners bundesweite Schlagzeilen gemacht. Nach dem Einsatz von Pfefferspray und missglückten Taser-Treffern war damals die Situation dramatisch außer Kontrolle geraten. Anfang dieses Jahres setzte die Polizei auch in einem Flüchtlingsheim in Mülheim zweimal erfolglos den Taser gegen einen 26-jährigen Guineer ein, der später im Krankenhaus verstarb.
Gutachter Steven kommt dennoch zum Schluss, dass die Einsatzeffektivität des Geräts insgesamt gut sei, aber von den „situativen Bedingungen“ abhänge und durch eine „suboptimale Sondenposition oder dicke Kleidung limitiert“ sein könne. Gesundheitliche Folgeschäden seien selten und meist weniger schwer als zum Beispiel nach dem Einsatz von Schusswaffen.
Mit einem Distanzelektroimpulsgerät feuert die Polizei zwei Sonden ab, die durch ummantelte Drähte mit dem Taser verbunden bleiben. Mit Stromimpulsen kommt es danach beim Getroffenen zu einer kurzzeitigen neuromuskulären Lähmung, die ihn außer Gefecht setzt. Gutachter Steven lässt durchblicken, dass die richtige Nutzung für den Polizeibeamten keineswegs einfach ist. Mit der Entfernung der Sonden voneinander oder dem Körperbau des Getroffenen änderten sich mitunter Spannungsfeld und Effektivität.
Verletzungsgefahren verschweigt das Gutachten keineswegs. Hierzu gehörten Sturzfolgen „und bei Treffen vulnerabler Körperregionen auch andere bleibende Schäden“. Die befürchteten Herz- und Kreislaufprobleme schienen hingegen „sehr selten, aber nicht völlig auszuschließen“. Der Stromstoß mit dem Taser müsse möglichst kurz gehalten bleiben. Zudem sei zu bedenken, dass es bei bestimmten Gruppen wie psychisch Erkrankten, Drogenkonsumenten, Minderjährigen oder Herzschrittmacher- Trägern zusätzliche Risiken gebe.