Im TV-Duell zwischen den Spitzenkandidaten in Thüringen zeigte CDU-Politiker Mario Voigt Licht und Schatten gegen AfD-Gegenspieler Björn Höcke.
Höcke gegen VoigtUmstrittenes TV-Duell zeigt die Grenzen des AfD-Rechtsaußen auf
Der CDU-Spitzenkandidat in Thüringen Mario Voigt wollte AfD-Spitzenkandidat Björn Höcke im TV-Duell demaskieren. Das ist ihm nur teilweise gelungen. Trotzdem brachte der Schlagabtausch der beiden Politiker einige wichtige Ergebnisse.
So wirkten Höcke und Voigt
AfD-Mann Höcke war anfangs zurückhaltend, hielt lange nachdenklich die Hand am Kinn. Mario Voigts Auftritt wirkte zunächst einstudiert, was Höcke zur Bemerkung veranlasste, Voigt höre sich an wie ein Vortragsredner der Konrad-Adenauer-Stiftung. Erst allmählich nahmen beide Fahrt auf. Höcke vermied oft Blickkontakt, Voigt wirkte offener. Später wurde ausgeteilt. „Wohlstands-Vernichtungspartei“ nannte Höcke die CDU. Voigt wurde persönlich und nannte Höcke einmal indirekt einen Faschisten, einmal „Reichskanzler“, der Höcke laut Voigt wohl gerne wäre. Voigt, der angekündigt hatte, Höcke vor allem inhaltlich stellen zu wollen, geriet hier aufs Glatteis. Die Nazi-Keule hätte er besser steckenlassen. Blieb er bei der Sache, war er überzeugender.
Punktsieg für Höcke
Beim Thema Europa wirkten beide nicht trittsicher. Die EU? Laut Höcke ein Bürokratiemonster von Ursula von der Leyen, das mit seinen Verboten und Deals zum Klimaschutz die deutsche Industrie ruiniere. Großbritannien gehe es nach dem Brexit nicht schlecht. Voigt verteidigte die EU als Wohlstands- und Sicherheitsgarant gerade für Deutschland, blieb aber phrasenhaft. EU-Skepsis ist unter seinen potenziellen Thüringer Wählern verbreitet. Da wollte auch er sich für seine Parteifreundin Ursula von der Leyen nicht allzu sehr in die Bresche werfen. Höcke warf Voigt die CDU-Politik der letzten Jahre vor. Das konnte Voigt nur leidlich parieren. Dafür zeigte er sich beim Thema Migration gut vorbereitet. Der einzige AfD-Landrat in Thüringen habe bisher die Bezahlkarte für Flüchtlinge nicht einmal eingeführt. Höcke fiel dazu nichts ein.
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Der überraschendste Moment
Als es um das Thema Migration ging, machte Björn Höcke zu aller Überraschung eine bemerkenswerte Umdrehung. Das Konzept der Remigration, mit der er an anderer Stelle stets die Ausweisung von Asylbewerbern und nicht-assimilierten Menschen meint, erklärte er im Duell zur großen Rückholaktion für in den letzten 30 Jahren ausgewanderte, hoch qualifizierte Deutsche. Das war wirklich mal etwas Neues.
Das Problem an der Sache
Es ist ein hehres Anliegen, AfD-Politiker mit ihrem Parteiprogramm und seinen Konsequenzen konfrontieren zu wollen. Ganz gelungen ist das Mario Voigt allerdings nicht. Höcke gab sich erwartbar weniger radikal. Die Kritik an seiner Bezeichnung des Holocaus-Mahnmals als „Denkmal der Schande“? Ein Missverständnis seiner Rede. SA-Sprüche aus der Nazi-Zeit verwenden? Höcke windet sich heraus: Er dachte, es handle sich um einen „Allerweltsatz“. Von einem früheren Geschichtslehrer darf man annehmen, dass das nicht der Wahrheit entspricht.
Lob an die Moderation
Das Moderationsduo von Welt TV mit Chefmoderatorin Tatjana Ohm und Chefredakteur Jan Philipp Burgard hat einen guten Job gemacht. Sie stellten hartnäckige Fragen und waren trotz der hohen Erwartungen an das Duell und der Kritik vorab, es überhaupt durchzuführen, erstaunlich locker. So locker, dass sie Höcke und Voigt über weite Strecken auch miteinander streiten ließen, ohne sich selbst in den Vordergrund zu spielen.
Burgard sorgte auch für den einzigen Moment, indem Höcke tatsächlich demaskiert wurde. Auf die mehrfach gestellte klare Frage, ob er tatsächlich der Meinung sei, die Bundestagsvizepräsidentin Aydan Özuguz müsse Deutschland verlassen, wie er es in seinem Buch geschrieben hat, konnte Höcke keine Antwort finden. Er müsse den Kontext in seinem Buch selbst nochmal nachlesen, um die Frage zu beantworten. Das konnte glauben, wer wollte. Es wirkte vorgeschoben.
Das Fazit zum Duell
Langweilig anzusehen war der Schlagabtausch jedenfalls nicht. Und in einer Hinsicht wurde Höcke durchaus entzaubert. Weil er selten im direkten Schlagabtausch mit politischen Konkurrenten zu sehen ist, wird er als Person überhöht wie eine Art Voldemort in den Harry-Potter-Romanen, dem keiner gewachsen zu sein scheint. Aber er ist auch nur ein Politiker, der Schwächen hat und Fehler macht. Mario Voigt hat mindestens eines erreicht: Dass ihn nun jeder im Land kennt.