Höcke soll auf einer Wahlveranstaltung die Parole „Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland“ gerufen haben.
Wegen Verwendens von NS-ParoleThüringens AfD-Chef Björn Höcke in Halle vor Gericht
Thüringens AfD-Chef Björn Höcke muss sich ab dem kommenden Donnerstag wegen des Vorwurfs der Verwendung von NS-Vokabular vor dem Landgericht Halle verantworten. Die Staatsanwaltschaft klagte den Vorsitzenden des vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften Landesverbands wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen an. In dem Verfahren, das auf großes öffentliches Interesse stößt, sind insgesamt vier Verhandlungstage bis zum 14. Mai angesetzt.
Der Anklage zufolge soll Höcke am 29. Mai 2021 in Merseburg bei einer Wahlkampfveranstaltung der AfD Sachsen-Anhalt am Ende seiner Rede die Parole „Alles für unsere Heimat, alles für Sachsen-Anhalt, alles für Deutschland“ gerufen haben. Nach Überzeugung der Ankläger wusste Höcke, der vor seiner politischen Karriere viele Jahre als Gymnasiallehrer für Geschichte in Hessen unterrichtet hatte, dass „Alles für Deutschland“ eine verbotene Losung der sogenannten Sturmabteilung (SA) der nationalsozialistischen Partei NSDAP war.
Höcke bestreitet Vorwürfe und gibt sich ahnungslos
Im Fall einer Verurteilung droht ihm eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe. Höcke bestritt über seine Verteidigung die strafrechtliche Relevanz seiner Äußerung. Auch in dem Welt-Fernsehduell mit Thüringens CDU-Chef Mario Voigt am Donnerstagabend gab sich Höcke ahnungslos. Er habe nicht gewusst, dass es sich um eine SA-Parole handle, sagte er. „Alles für Deutschland“ sei ein „Allerweltsspruch“.
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In einer weiteren Anklage wirft ihm die Staatsanwaltschaft Halle vor, die Parole „im sicheren Wissen um deren Strafbarkeit“ Mitte Dezember erneut bei einer AfD-Veranstaltung im thüringischen Gera verwendet zu haben. Er selbst soll „Alles für“ gesagt und das Publikum anschließend durch Gesten animiert haben, „Deutschland“ zu rufen. Diese Anklage wird ab Donnerstag mitverhandelt.
Verfahren vor Landtagswahl unter besonderer Beobachtung
Wenige Monate vor der Landtagswahl in Thüringen am 1. September steht das Verfahren gegen den AfD-Landes- und Fraktionschef unter besonderer Beobachtung. Seit Sommer 2022 liegt die AfD in Umfragen vorn - nicht nur in Thüringen, sondern auch in Sachsen und Brandenburg, wo im Herbst ebenfalls neue Landtage gewählt werden. Höcke, der auch Spitzenkandidat seiner Partei ist, verkündete bereits öffentlich, er wolle in die Erfurter Staatskanzlei einziehen.
Doch es fehlt der Thüringer AfD an Koalitionspartnern. 2021 wurde die Partei vom Landesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Thomas Haldenwang, nannte Höcke vor einigen Jahren einen Rechtsextremisten. Zum Prozessauftakt ruft das Bündnis Halle gegen Rechts zu einer Kundgebung unter dem Motto „AfD stoppen“ vor dem Landgericht auf.
Höcke spricht von falscher Verwendung seines Zitats
Höcke selbst setzte vor einigen Tagen im Kurzbotschaftendienst X einen in Englisch verfassten Post zum Prozess ab, in dem er politische Verfolgung und Unterdrückung seiner Meinungsfreiheit beklagt. Ihm werde vorgeworfen, ein „angebliches Zitat“, in dem er seinen Patriotismus zum Ausdruck gebracht habe, „falsch“ verwendet zu haben, schreibt der 52-Jährige. Er lade jeden ein, „nach Halle zu kommen und aus erster Hand zu erfahren, wie es um Bürgerrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in Deutschland bestellt ist“.
Ursprünglich hatte das Landgericht das Hauptverfahren dem Amtsgericht Merseburg zugewiesen. Dies revidierte das Oberlandesgericht Naumburg in Sachsen-Anhalt nach einer Beschwerde der Staatsanwaltschaft und begründete seine Entscheidung mit der besonderen Bedeutung des Falls und dem großen öffentlichen Interesse.
Voraussetzung für den Prozess war die Aufhebung von Höckes Abgeordnetenimmunität durch den Thüringer Landtag. In Thüringen kommt auf den AfD-Politiker ein weiterer Prozess zu. Das Landgericht Mühlhausen ließ Ende Januar eine Anklage gegen ihn wegen des Verdachts der Volksverhetzung zu. Es geht dabei um einen Beitrag im Social-Media-Dienst Telegram aus dem Jahr 2022 nach einem tödlichen Messerangriff eines Somaliers im rheinland-pfälzischen Oggersheim. (afp)