Berlin – Ursula von der Leyen hat einen Tag vor der Entscheidung über ihre Zukunft an der Spitze der Europäischen Union ihren Rücktritt als Verteidigungsministerin angekündigt. Am Mittwoch werde sie ihr Amt zur Verfügung stellen, schrieb die CDU-Politikerin am Montag in einem Tagesbefehl an die Angehörigen der Bundeswehr, der der Deutschen Presse-Agentur in Berlin vorliegt. „Die Bundeskanzlerin ist über diesen Schritt informiert und wird die notwendigen Schritte für einen verantwortungsvollen Übergang im Sinne der Bundeswehr und der Sicherheit Deutschlands einleiten“, heißt es darin.
Niedersachsens CDU-Chef Bernd Althusmann hat bereits Ansprüche seines Landesverbandes für das Bundeskabinett angemeldet. „Die CDU Niedersachsen als drittgrößter Landesverband muss in der Bundesregierung angemessen vertreten sein. Wir haben gute Frauen und Männer in Berlin, die aus dem Stand heraus ein Ministerium führen können. Die Entscheidung liegt bei der Kanzlerin“, sagte Althusmann der Düsseldorfer „Rheinischen Post“ (Dienstag).
Mehrere Kandidaten für die Nachfolge
Er rechnet mit einer schnellen Entscheidung: „Die Frage der Nachfolge wird in den darauffolgenden Tagen geklärt.“ Er zeigte sich überzeugt, dass von der Leyen, die selbst aus Niedersachsen stammt, an diesem Dienstag in Brüssel gewählt wird. „Sie ist strategisch klug, erfahren und bringt alles mit, was man in politisch schwierigen Zeiten braucht.“
Wer das Amt der Verteidigungsministerin übernimmt, war zunächst noch unklar. In Berlin sind mehrere Politiker im Gespräch, darunter Gesundheitsminister Jens Spahn sowie die Verteidigungsexperten Johann Wadephul und Henning Otte (alle CDU) und auch Ex-CDU-Generalsekretär und Verteidigungsstaatssekretär Peter Tauber.
Mehrheit für von der Leyen im Europaparlament steht noch nicht
Unklar schien allerdings auch, ob nur das Verteidigungsministerium neu besetzt wird, oder ob ein größere Karussell in Gang gesetzt wird. Allerdings hatte CSU-Chef Markus Söder eine Kabinettsumbildung mit Beteiligung der CSU-geführten Ministerien abgelehnt.
Mit von der Leyen könnte erstmals seit mehr als 60 Jahren wieder jemand aus Deutschland das mächtige Brüsseler Amt erobern, das in etwa einem Regierungschef entspricht. Allerdings ist ungewiss, ob von der Leyen die nötige Mehrheit im Europaparlament bekommt.
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Zu den schärfsten Kritikern der Politikerin gehören die deutschen Sozialdemokraten. Die SPD ist aufgebracht, weil von der Leyens Nominierung dem Wunsch des Parlaments widerspricht, nur einen Spitzenkandidaten zur Europawahl zum Kommissionschef zu machen. Dagegen warnen Politiker aus der Union vor einer Handlungsunfähigkeit der EU für den Fall eines Scheiterns der Kandidatin.
Im Falle ihrer Niederlage auch durch Nein-Stimmen deutscher SPD-Abgeordneter sieht Althusmann die große Koalition in Berlin in Gefahr. Diese käme in „schwieriges Fahrwasser“, sagte Althusmann. „Ohnehin ist die Lage dieser Koalition fragil. Welches Kandidaten-Pärchen für den SPD-Vorsitz soll denn beim SPD-Parteitag im Dezember mit dem Slogan 'Zurück in die Groko' zur neuen Doppelspitze gewählt werden, wenn sich die Sozialdemokraten schon derart unsolidarisch verhalten wie in der jetzigen historischen Situation, dass eine deutsche Politikerin EU-Kommissionspräsidentin werden könnte.“ (dpa)