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Rundschau-Debatte des TagesWie kann die Triage verhindert werden?

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Intensivstation (1)

Ein Pfleger auf der Intensivstation 

Frankfurt – Schon jetzt würden Intensiv-Patienten früher „als medizinisch vertretbar“ auf Normalstationen verlegt, sagte der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Krankenhausgesellschaft, Gerald Gaß, im Deutschlandfunk. „Man weiß: Wir können nicht mehr allen Patienten die bestmögliche Behandlung ermöglichen (...), die wir im Regelfall zur Verfügung haben.“ Das sei schon eine Art von Triage.

Was genau ist eigentlich mit Triage gemeint?

Der Begriff stammt aus der Katastrophenmedizin. Dort bedeutet er, dass Patienten etwa bei einem großen Unglücksfall nach Dringlichkeit ihrer Behandlung eingereiht werden. Zuerst wurde das Wort laut Medizinhistorikern im französischen Militär verwendet: für die Reihenfolge, in der verwundete Soldaten behandelt werden.

In der Pandemie meint Triage eher, dass ausgewählt wird, wer Zugang zu intensivmedizinischer Behandlung bekommt, oder dass ein Patient mit schlechter Prognose sein Bett räumen muss für einen Erkrankten, dem bessere Chancen eingeräumt werden. „Wenn wir von Triage sprechen, ist das ein schleichender Prozess, der nach und nach immer härter Realität wird“, sagt Gaß. So müssten sich Patienten und Kliniken darauf einstellen, dass „medizinisch kompliziertere Fälle“ beispielsweise mit einer Verschiebung ihrer Operationen rechnen müssten.

Nach welche Kriterien wird entschieden, wer behandelt wird?

„In Ermangelung entsprechender staatlicher Vorgaben“ haben acht medizinische Fachgesellschaften im März 2020 Vorschläge ausgearbeitet, wie bei knappen Ressourcen möglichst viele Menschen gerettet werden können. „Dies stellt eine enorme emotionale und moralische Herausforderung für das Behandlungsteam dar“, betonen die Autoren. Die Priorisierung von Patienten solle sich am Kriterium der klinischen Erfolgsaussicht orientieren. „Dabei werden – wenn nicht anders vermeidbar – diejenigen Patienten nicht intensivmedizinisch behandelt, bei denen nur eine sehr geringe Aussicht besteht zu überleben. Vorrangig werden demgegenüber diejenigen Patienten intensivmedizinisch behandelt, die durch diese Maßnahmen eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit haben.“

Hohe Sterblichkeit

Auch unter den Patienten, die eine intensivmedizinische Behandlung bekommen, liegt die Sterblichkeit laut dem Hamburger Intensivmediziner Stefan Kluge bei 30 bis 50 Prozent. Von den Schwerkranken, die an eine künstliche Lunge angeschlossen werden müssen, schaffe es mehr als jeder Zweite nicht.

Was heißt das genau für die Arbeit in den Kliniken?

In die zu treffende Auswahl müssen alle Patienten einbezogen werden, egal auf welcher Station sie liegen. Nicht vertretbar wäre eine Auswahl nur unter Covid-19-Patienten. Nicht zulässig wäre auch eine Auswahl allein aufgrund des Alters, sozialer Merkmale oder bestimmter Grunderkrankungen. In einer aktualisierten Fassung der Empfehlung betonen die Experten im November dieses Jahres, dass auch der Impfstatus eines Patienten keine Rolle spielen dürfe für die Entscheidung über die weitere Behandlung.

Gibt es schon heute eine Triage in den Kliniken?

Manche Mediziner sprechen bei der derzeitigen Lage in manchen Regionen bereits von latenter oder weicher Triage: wenn etwa für einen Schlaganfallpatienten im näheren Umkreis kein Bett in einem spezialisierten Haus mehr frei ist. Oder wenn eine für den nächsten Tag geplante OP mangels Kapazitäten um eine Woche verschoben werden muss, was negative Folgen für den Erkrankten haben kann. „Das ist ein Zwang, in den wir gestoßen werden, der so nicht sein müsste, wenn die Pandemie unter Kontrolle wäre“, sagt Direktor der Klinik I für Innere Medizin der Uniklinik Köln, Michael Hallek.

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Bundesweit sind nach Angaben der Deutschen Krankenhausgesellschaft bereits drei Viertel aller Kliniken nicht mehr im Normalbetrieb und müssen OPs aufschieben, meist handelt es sich demnach um orthopädische. Die derzeitige halbherzige Corona-Politik gehe zulasten Tausender notwendiger Krankenhausbehandlungen, kritisierte der Verein Medizinrechtsanwälte gestern. Schon seit Wochen würden notwendige Behandlungen in Krankenhäusern verschoben. Kritisch wird es demnach etwa, wenn Chemotherapien bei Krebskranken in niedrigerer Stärke vorgenommen werden, um eine Intensivpflichtigkeit zu verhindern, oder wenn Tumoroperationen verschoben werden, auch auf die Gefahr hin, dass es zu Metastasierungen kommt. (dpa)